
Apkalna, Iveta: Light & Dark - Iveta Apkalna, Orgel
Die Orgel der Elphi
Label/Verlag: Berlin Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ungewöhnliche Werke für ein ungewöhnliches Instrument.
Mittlerweile geht die Anfang 2017 eröffnete Elbphilharmonie in ihre dritte Saison – zählt man die erste Jahreshälfte von 2017 als eine Saison mit. Bislang hält sich die Institution mit der spektakulären Akustik mit Einspielungen noch bedeckt, obwohl bereits zahlreiche renommierte Klangkörper und Interpreten dort zu Gast waren. Umso freudiger darf da die erste CD-Aufnahme mit Orgelwerken aus dem Großen Saal begrüßt werden, ist die Elphi-Orgel doch mit dem Standort auf besondere Weise verbunden, man darf sogar sagen, verschmolzen. Wie schon häufig berichtet, erstreckt sich die riesige Klais-Orgel mit ihren vier Manualen, 69 Registern und 4.765 Pfeifen über vier Etagen, wobei sie teils für die Zuschauer sichtbar ist und sogar angefasst werden kann, teils hinter der sogenannten weißen Haut verbaut wurde. Das aufwendige Booklet mit schickem Schuber enthält dann auch ein Poster mit der Abbildung der Orgel, auf dessen Rückseite zudem die komplette Disposition des Instruments aufgelistet wird.
Trockene Wucht
Für diese CD freilich spielt die eigentliche Rolle der Höreindruck. Da der Rezensent die Orgel mehrmals live im Konzert gehört hat, lässt sich an dieser Stelle bestätigen, dass das trockene Klangbild der Elphi hier angemessen wiedergegeben wird. Von den allerhöchsten, kaum noch wahrnehmbaren Höhen bis zum dumpfen Wummern im Tiefbass sind hier sämtliche Register klar zu vernehmen. Besonders die massive Wuchtigkeit der tieferen Register des Instruments kommt hier häufig zum Tragen. Etwas schade ist, dass der umfangreiche Booklet-Text in deutscher und englischer Sprache nicht auf die Aufnahmetechnik eingeht. Man hört in der Elphi zwar auf jedem Platz gut, aufgrund der vertikalen Anlage des Saals jedoch nicht überall gleich. Ob man in der 12. Etage quasi im Parkett sitzt oder ganz oben in der 16. Etage direkt über der Bühne, macht einen großen Unterschied. Dies zumal sich das Fernwerk der Orgel getrennt vom Hauptinstrumentenkörper, im Reflektor befindet, der in der Höhe des Saals schwebt. Hier hätte eine Aufnahme im Surround-Modus wohl für noch mehr klangbildliche Authentizität gesorgt, wie es bei zahlreichen Orgeleinspielungen von cpo, MDG etc. üblich ist. Doch auch in Stereo kommt der geneigte Hörer genügend auf seine Kosten.
Ungewöhnliche Programmauswahl
Dass die Titularorganistin der Elbphilharmonie Iveta Apkalna für ein Instrument aus dem 21. Jahrhundert auch Werke auswählt, die allesamt aus dem 20. oder 21. Jahrhundert stammen, erscheint einleuchtend. Gleichwohl wird sich nicht unbedingt jeder mit der Stückeauswahl anfreunden. Wer ein ‚Best-of-Orgel‘ mit J. S. Bach oder z. B. Widor erwartet, sollte einen Bogen machen. Die 'Èvocations I-III' von Thierry Escaich etwa werden ihrem Titel als Anrufungen musikalisch zwar gerecht, dürften für Hörer, die an Neuer Musik nicht geschult sind, jedoch schwer zugänglich sein. Ganz im Gegensatz dazu steht Aivars Kalejs 'Gebet', das noch am ehestens an traditionelle Kirchenmusik erinnert. Daneben ist Lucija Garutas 'Meditation' als einziges Stück auf der CD der harmonischen Tonalität verpflichtet. Im Kontrast dazu eignet sich Sofia Gubaidulinas spannend dissonantes 'Hell und Dunkel' vorzüglich, um die klangtechnischen Möglichkeiten der Klais-Orgel in der Höhe wie Tiefe vorzuführen. Ähnlich wie bei Lachenmann ist die instrumentale Beschaffenheit hier Teil der Musik, sodass die Grenze zum Geräusch überschritten wird. Ähnliches gilt abgewandelt für die beiden Orgeletüden von György Ligeti, die das Prinzip der Klangflächenkomposition à la 'Atmosphères' auf die Orgel übertragen. Und mit Janaceks 'Varhany solo' aus der 'Glagolitischen Messe' und Schostakowitschs eigener Orgelbearbeitung der 'Passacaglia' aus 'Lady Macbeth von Mzensk' sind ebenfalls zwei reizvolle Vertreter der Moderne dabei. Auch wenn ein Messiaen oder vielleicht auch Duruflé auf der CD nicht unbedingt geschadet hätten, erhält der für Experimente offene Hörer hier also ein Porträt eines besonderen Instrumentes mit selten zu hörendem Repertoire.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Apkalna, Iveta: Light & Dark: Iveta Apkalna, Orgel |
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Label: Anzahl Medien: |
Berlin Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
885470010748 |
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Escaich, Thierry |
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Berlin Classics Berlin Classics (BC) ist das Klassik-Label der Edel Germany GmbH. Es ist das Forum für zahlreiche bedeutende historische Aufnahmen, wichtige Beiträge der musikalischen Zentren Leipzig, Dresden und Berlin sowie maßgebliche Neuproduktionen mit etablierten und aufstrebenden jungen Klassik-Künstlern. Dazu zählen etablierte Stars, wie z.B. die Klarinettistin Sharon Kam, die Pianisten Ragna Schirmer, Sebastian Knauer, Matthias Kirschnereit, Anna Gourari und Lars Vogt, die Sopranistin Christiane Karg oder auch die Ensembles Concerto Köln, Pera Ensemble, sowie der Dresdner Kreuzchor und das Vocal Concert Dresden. Mehrfach wurden Produktionen mit einem Echo-Preis ausgezeichnet. Im Katalog von Berlin Classics befinden sich Aufnahmen mit Kurt Masur, Herbert Blomstedt, Kurt Sanderling, Franz Konwitschny, Hermann Abendroth, Günther Ramin, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Dietrich Fischer-Dieskau, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Dresdner Philharmonie, die Rundfunkchöre Leipzig und Berlin, der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor Leipzig. Sukzesssive wird dieses historische Repertoire für den interessierten Hörer auf CD wieder zugänglich gemacht, wobei die künstlerisch hochrangigen Analogaufnamen mit größter Sorgfalt unter Anwendung der Sonic Solutions NoNoise-Technik bearbeitet werden, um sie an digitalen Klangstandard anzugleichen. Mehr Info... |
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