
Strauss, Johann: Aschenbrödel - ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Ernst Theis
Ende einer Irrfahrt
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das posthume Ballett 'Aschenbrödel' von Johann Strauß zeugt in dieser Interpretation von überschäumendem Erfindungsreichtum.
Johann Strauß‘ Ballett 'Aschenbrödel' ist seit vielen Jahren wieder in der Vergessenheit untergegangen – obschon Richard Bonynge seinerzeit das Werk für die Decca einspielte (wenn auch in einer Einrichtung von Douglas Gamley). 1999 dirigiert Michael Halász das Ballett in der Wiener Staatsoper (die DVD erschien auf EuroArts), mit einer Gesamtdauer von über zwei Stunden. Die vorliegende Neueinspielung des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien unter Ernst Theis dauert knapp unter hundert Minuten – und es handelt sich um die erste Produktion, der der originale Notentext zugrunde liegt. Strauß hatte das Werk 1899 unvollendet hinterlassen, Josef Bayer vervollständigte die Partitur aufgrund von Skizzen und Entwürfen; doch erfuhr diese Fassung eine Aufführung in Wien, und in Berlin wurde eine Überarbeitung der Partitur gefordert. Während die originalen Entwürfe verlorengingen (genauer gestohlen wurden), blieb nur der fertige Wiener Klavierauszug Bayers Beleg der originalen Intentionen; bei der Rekonstruktion der Originalfassung konnte Michael Rot diesen Klavierauszug heranziehen sowie auch die Orchesterstimmen der Berliner Aufführungsfassung. Diese Rekonstruktion wurde 2001 veröffentlicht und seither ist das Diebesgut wieder aufgetaucht.
Interessante Erkundung
Von den ersten Takten an erstaunt Strauß‘ Partitur durch ihre Poesie und ihren instrumentatorischen Reichtum, den man nicht in allen seiner berühmteren Werken gleichermaßen entdecken kann. Gleichzeitig bleibt auch die Frage nach der Authentizität: Was ist Strauß, was ist Bayer? (Und manchmal erinnert die Musik des Balletts doch mehr an den Komponisten der 'Puppenfee' als an den Meister von 'Fledermaus' oder 'An der schönen blauen Donau', und immer wieder darf und muss man nach der Authentizität der Orchestrierung fragen.) Aber gerade darum ist die Erkundung der Partitur von großem Interesse.
Leider ist Dirigent Ernst Theis nicht ‚von Herz aus‘ mit der Tradition der Wiener Walzertradition der ‚goldenen Ära‘ vertraut; obschon Österreicher, sind ihm die Lehren des berühmten Hans Swarowsky offenbar unbekannt: so wenig ‚überzogene‘ Ritardandi wie möglich, keine Fermaten an falscher Stelle (Swarowskys hat diese Lesart in einer Neuausgabe der 'Fledermaus' schon vor Jahren autoritativ dokumentiert); die Tanzgestalten müssen, so die Devise, ‚tanzbar‘ bleiben (auch gerade beim Ballett um 1900 ein wichtiger Aspekt). Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien beherrscht diese Tanzgestalten natürlich blind, und bis auf echten Ballettgeist fehlt der Interpretation nichts. Die Klangfarben, die Stimmungen, die Effekte werden verschwenderisch ausgebreitet.
Dass man sich dennoch als Hörer etwas alleingelassen fühlt, liegt einerseits an dem mangelhaften Booklettext, in dem Informationen von Seiten Rots zur genaueren Gestalt der Ballettmusik fehlen, andererseits auch am simplifizierenden Tracklisting, das nicht rundum dazu angetan ist, die Orientierung zu erleichtern – jede Szene (auch ganze Akte) wird durch jeweils einen Track abgedeckt, statt jedes Pas de deux, Solo etc. separat auszuweisen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Strauss, Johann: Aschenbrödel: ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Ernst Theis |
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Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203795024 |
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Strauß, jun., Johann |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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