
Amsterdam Sinfonietta spielt Bartok und Brahms - Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson
Die Alles-Spieler aus dem Niederlanden
Label/Verlag: Channel Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Streicher der Amsterdam Sinfonietta sind wahrlich keine unbekannten in den Konzertsälen der Welt. Ihre stilistische Vielseitigkeit kennt anscheinend keine Grenzen oder doch?
Seit fünfzehn Jahren ist Candida Thompson die künstlerische Leiterin der Amsterdam Sinfonietta. Sie führt das Ensemble als Konzertmeisterin vom 1. Pult aus. Die neue CD erzählt stolz davon, dass inzwischen auch fünfzehn Produktionen veröffentlicht wurden – es sind Aufnahmen mit unterschiedlichsten Werken aus der Romantik und dem 20. Jahrhundert, von Schubert über Tschaikowsky bis Mahler und Piazzolla. Die Konzertprogramme des Ensembles sind vielseitig und verraten keinerlei Berührungsängste mit Künstlern anderer Sparten, auch mit Popmusikern. Es verlangt viel Mut und Fantasie, angesichts eines relativ schmalen Repertoires für ein reines Streicherensemble, immer wieder Neues zu finden, wenn man im harten Musikgeschäft bestehen will. Die neue CD, die bereits vor zwei Jahren aufgenommen wurde, verbindet ein Werk, das original für Streichorchester geschrieben wurde (Bartók) mit dem zweiten Streichquintett von Brahms in einer Orchesterversion.
Getrübter Genuss
Dass die Musiker der Amsterdam Sinfonietta Können und Erfahrung vereinen, steht außer Frage. Und so sind denn auch die Tempi beim 'Divertimento' mitreißend, die so wichtigen Wechsel in der Dynamik werden ausgereizt, was zusätzlich Spannung schafft, die Musik pulsiert, jede noch so rhythmisch-vertrackte Stelle wird souverän gemeistert. Ein Wermutstropfen ist allerdings die Tatsache, dass die Techniker dem Ganzen eine Spur zuviel Hall beigemischt haben. Damit nähert sich der klangliche Umfang des 20-köpfigen Streicherensembles dem eines Sinfonieorchesters, was ja eigentlich kaum im Sinne Bartóks ist. Die Gefahr, dass manches nicht so gestochen scharf und durchsichtig herauskommt, wie es sein sollte, ist nicht gebannt. Etliches verschwimmt regelrecht, so dass man als Hörer nicht sicher ist, ob es präziser nicht geht, weil ein Dirigent fehlt, oder ob es an der klanglichen Abmischung liegt. Insgesamt also ein etwas getrübter Genuss beim Anhören der ansonsten hohen Spielfreude der niederländischen Musiker.
Fataler Hall
Wenn man am 'Divertimento' von Bartók trotz Einschränkung noch Gefallen finden kann, so stellt sich bei Brahms doch die Frage, ob es nicht ein unerlaubter Eingriff in die künstlerische Idee des Streichquintetts ist, alle Stimmen chorisch zu besetzen. Das Werk ist kammermusikalisch konzipiert, es geht um jede einzelne Stimme und ihre Rolle im ganzen Gefüge. Thematische Abspaltungen ziehen sich durch die Stimmen, die rhythmische Struktur ist ziemlich kompliziert. Es sind selten reine Klangflächen zu gestalten, sondern der hohe Reiz dieses großartigen Quintetts liegt gerade darin, dass das Gewebe der fünf Stimmen in seiner Vielgestaltigkeit einen mitreißenden Eindruck auf den Hörer hat. Die ‚aufgeblasene‘ Fassung der Amsterdam Sinfonietta lässt all das zu einem Einheitsbrei verkommen, in dem die einzelnen Stimmen regelrecht untergehen. Und wieder spielt der zugefügte Hall eine fatale Rolle – noch fataler als beim 'Divertimento'.
Dass bei Brahms auch Bezüge zur Volksmusik wie dem Zwiefachen oder dem Csardas auftauchen, ist bei ihm ja keine Seltenheit. Im Beiheft wird besonders eine Parallele zwischen Bartók und Brahms bei der Verwendung der (ungarischen) Volksmusik hervorgehoben. Das kann man natürlich machen, ist aber tatsächlich nur ein Aspekt von vielen möglichen und wird beiden Werken nicht gerecht.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Amsterdam Sinfonietta spielt Bartok und Brahms: Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Channel Classics 1 11.07.2018 |
Medium:
EAN: |
CD
723385375180 |
![]() Cover vergössern |
Bartók, Béla |
![]() Cover vergössern |
Channel Classics Channel Classics Records is a quality record label based in Holland. Director, producer and recording engineer is C. Jared Sacks. Having grown up in Boston Massachusetts, schooled at Oberlin Conservatory and the Amsterdam Conservatory of music with 15 years experience playing French Horn, Jared decided to make his hobby of recording a profession in 1987. The label started in 1990 with the name Channel Classics coming from the street he lived on in Amsterdam. (Kanaalstraat).
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Channel Classics:
-
Leuchtende Intensität der Klangfarben: Gäbe es den Begriff der altersweisen Interpretation, so träfe er das inspirierte Spiel des Hamlet Piano Trio. Weiter...
(Christiane Franke, )
-
Raritäten aus der Zwischenkriegszeit: Das Ebony Quartet widmet sich unbekannten Werken aus der Zwischenkriegszeit, die in ihrer Vielgestaltigkeit sowohl interessant als auch gewöhnungsbedürftig sind. Weiter...
(Lorenz Adamer, )
-
Von der Einheit des differenzierten Zusammenspiels: Drei Kammermusikprofis begeistern mit der dialogisch geführten Emotionalität der Extreme in Schuberts Klaviertrio op. 100. Weiter...
(Christiane Franke, )
Weitere CD-Besprechungen von Elisabeth Deckers:
-
Brasilianischer Krimi: José Antônio de Almeida Prado, Komponist aus Brasilien, ist ein Meister der Klangfarben und Spannung. Die Klavierkonzerte fesseln vom ersten bis zum letzten Ton. Weiter...
(Elisabeth Deckers, )
-
Kammermusik vom : Kammermusik aus der k.u.k.-Provinz Lemberg von Jozef Elsner: ganz und gar nicht provinziell. Weiter...
(Elisabeth Deckers, )
-
Leone Sinigaglia, Alpinist und Musiker: Wieder eine Entdeckung vom Beginn des 20. Jahrhunderts: Die Musik des Turiner Komponisten und begeisterten Bergsteigers ist es wert, wiederentdeckt zu werden. Weiter...
(Elisabeth Deckers, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Späte Orgelromantik eines unbekannten Komponisten: Die vorliegende Aufnahme zeigt, dass Hans Fährmann (1860-1940) der Tonsprache der Spätromantik verhaftet blieb. Weiter...
(Diederich Lüken, )
-
Es muss nicht immer Elgar sein: Plädoyer für zwei mehr oder minder vergessene britische Komponisten. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Große Geigenkunst: Intelligent, sauber, mit Format gegeigt: Herwig Zack überzeugt auf ganzer Linie. Weiter...
(Manuel Stangorra, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich