
Ignaz Holzbauer: Tod der Dido - Singspiel in einem Aufzug - Barockorchester Stuttgart, Frieder Bernius
Schwetzinger Archiv-Fund
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Im Mai 1997 gab es bei den Schwetzinger Festspielen eine Ausgrabung zu bestaunen: Das Singspiel 'Tod der Dido' von Ignaz Holzbauer. Nun, über 20 Jahre später, ist der Mitschnitt auf einer CD beim Label Carus erschienen.
Im Mai 1997 gab es bei den Schwetzinger Festspielen eine Ausgrabung zu bestaunen: Das Singspiel 'Tod der Dido' von Ignaz Holzbauer. Nun, über 20 Jahre später, ist der Mitschnitt auf einer CD beim Label Carus erschienen. Der Dirigent Frieder Bernius hatte die deutschsprachige Fassung dieses Einakters, der 1779 in Mannheim als 'La morte di Didone' uraufgeführt worden war, in den Archiven wiederentdeckt. Dieser Fund macht deutlich, wie sehr Holzbauer eine Reform der Opernkunst verfolgte. Die Gattungsbezeichnung Singspiel darf auch nicht missverstanden werden. Sie zeigt vielmehr eine Zugehörigkeit zu einer Geisteshaltung, als dass sie etwas über den formalen Aufbau des Werkes verrät. Eine Aufführung dieser deutschen 'Dido'-Fassung ist zu Holzbauers Lebzeiten nicht nachweisbar, erst nach seinem Tod 1784, dann aber unter einem anderen Titel. Die Schwetzinger Produktion von 1997 ist eine spannende Wiederaufführung und eine unerwartete Begegnung mit dem Komponisten Holzbauer, der einiges zur Entwicklung einer deutschen Nationaloper beigetragen hat.
Meister der Wortausdeutung
Vor allem in den Orchesterpassagen und in der Instrumentation zeigt sich Holzbauers Kunst. Zugleich gilt er als ein Meister der Wortausdeutung. Dass dies für den Hörer nachvollziehbar ist, liegt unter anderem an den glasklar artikulierenden Solisten Sandrine Piau, Markus Schäfer, Carmen Fuggis und Thomas Mohr. Zudem verstehen sie sich auf die Kunst der Farben, der vokalen Differenzierung. Vor allem Piau und Schäfer überzeugen hier restlos. Der jugendlich brillante Klang von Piaus Sopran mag im ersten Moment für die leidende, lebenserfahrene Dido irritierend wirken, aber es gelingt ihr, die verschiedenen Affekte glaubhaft zu gestalten und ihrer beweglichen Stimme auch tiefschürfende Farben und Emotionen zu entlocken. Markus Schäfer gibt den Osmida mit schlankem, flexiblem Tenor – vielleicht ein wenig zu oratorienhaft, aber in jedem Moment glaubhaft und intensiv.
Dem Jarbas verleiht der höhensichere und prachtvolle Bariton von Thomas Mohr dramatisches Profil, während Carmen Fuggis die perlende Musik der Selene souverän serviert. An die technische Überlegenheit von Sandrine Piau reicht allerdings Fuggis nicht heran. Die Höhen geraten ihr schnell blass und spitz und auch ein glaubhaftes Rollenporträt mag sich über das fehlerfreie Intonieren von Holzbauers Musik nicht so recht einstellen.
Am Pult des Barockorchesters Stuttgart lässt es Frieder Bernius mit viel hörbarer Leidenschaft und Stilkenntnis funkeln. Er betont die dramatische Komponente, sucht nach effektvollen, manchmal auch schroffen Klängen und nach Theatralik. Er will eine Lanze für Holzbauers 'Dido' brechen, ihr neues Leben einhauchen. Das überzeugt als Gesamtpaket, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck. Vielleicht spielt hier auch das Wissen darum mit, dass nach 1997 keine Holzbauer-Renaissance eingesetzt hat. Somit ist diese späte Veröffentlichung eine klangvolle Erinnerung an ein Stück Schwetzinger Festspiel-Geschichte und eine diskografische Wiederbegegnung mit der jungen Sandrine Piau.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Ignaz Holzbauer: Tod der Dido - Singspiel in einem Aufzug: Barockorchester Stuttgart, Frieder Bernius |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Carus 1 08.06.2018 053:12 1997 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4009350832800 Carus 83.280 |
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Holzbauer, Ignaz |
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"In seiner vorletzten Oper Tod der Dido (1779) zeigt sich Ignaz Holzbauer (17111783) nicht nur als Meister der feinen musikalischen Wortausdeutung, sondern auch als einfallsreicher Musikdramatiker. Während die italienische Urfassung seine Position als einer der führenden Opernkomponisten der Zeit unterstreicht, betont die von ihm ein Jahr später vorgenommene deutsche Fassung zusätzlich seine Stellung als Pionier der deutschen Nationaloper. Frieder Bernius entschied sich bei der Produktion im Rahmen der Schwetzinger Festspiele 1997 deshalb für diese Fassung, die nun erstmals auf CD veröffentlicht wird. " |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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