
Heinrich Schütz: Symphoniae Sacrae II - D. Mields, I. Schicketanz, D. Erler, G. Poplutz, T. Mäthger, F. Schwandtke, F. Rumpf
Famos
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Schütz' 'Symphoniae Sacrae', zweiter Teil: Diese Musik hat in Rademann und seinen versierten Formationen ideale Anwälte gefunden.
Die 18. Folge der Schütz-Gesamteinspielung – wie schnell das Projekt voranschreitet! – ist mit einer üppig gefüllten Doppel-CD dem zweiten Teil der 'Symphoniae Sacrae' gewidmet. Publiziert 1647, ein Jahr vor dem Ende des die Zeit in jeder Hinsicht überformenden Dreißigjährigen Krieges, ist es eine Sammlung, die von höchster Konzentration und farbenreicher Explikation gleichermaßen geprägt ist. Sie greift, wie Oliver Geisler in seinem klugen Text bemerkt, auf zwei der zentralen Traditionslinien im Leben und Schaffen Schütz‘ zurück: Auf die beseelte Inspiration seiner Kopenhagener Zeit und zugleich auf die ästhetische Grundsatzerfahrung seines zweiten Italienaufenthalts. Klingendes Ergebnis sind hochelaborierte Geistliche Konzerte auf deutsche Texte – letzteres offenbar ein dringender Wunsch der Hörerschaft: Die italienische Art enger mit der deutschen Sprache zu verknüpfen und damit fester diesseits der Alpen zu verankern. Es sind oft solistisch, seltener mit zwei oder gar drei Stimmen besetzte Konzerte, die oft bemerkenswerte technische Anforderungen an die Vokalisten stellen. Doch im Grunde, bei aller geforderten Kunstfertigkeit, spricht die Musik sinnfällig zum Hörer. Auch heute tut sie das beeindruckend klar und verständlich. Die von Schütz im Vergleich zu den nochmals konzentrierteren Formen, etwa dem 1639 gedruckten zweiten Teil der Kleinen geistlichen Konzerte, hier aufgebotenen obligaten Instrumente erweisen sich als überaus farbiges Element – das freilich nicht bloße Zutat ist, um klingend Eindruck zu machen, sondern integraler, geradezu konstruktiver Bestandteil des Satzgewebes. Aus den 27 Konzerten einzelne herauszugreifen, verbietet sich: Tatsächlich sind etliche von ihnen vielgesungen und -gespielt, einige gar prominent in der Aufführungspraxis. Und noch etwas spricht dagegen: Im Grunde ist jedes einzelne ein funkelndes Juwel, das aufmerksam gehört zu werden alle Berechtigung hat.
Exzellente Könner
Das Vokalensemble, das Hans-Christoph Rademann im Juli 2017 in der Radeberger Stadtkirche mit der Interpretation dieser Sammlung betraut hat, ist glänzend besetzt: Sopran singen Dorothee Mields und Isabel Schicketanz, Altus singt David Erler, im Tenor sind Georg Poplutz und Tobias Mäthger zu hören, den Bassbereich machen Felix Schwandtke und Felix Rumpf lebendig. Jede Sängerin, jeder Sänger ist ein versierter und frischer Teil der Deutung, meist noch jung an Jahren und doch eminent erfahren. Auf die Gefahr, dass der Rezensent sich in dieser Frage wiederholt: Was die Vokalisten sich durch die intensive Beteiligung an dieser schon jetzt nur herausragend zu nennenden Schütz-Gesamteinspielung einzeln und in der Gruppe für einen stilkundlichen Schatz ersungen haben – das ist beeindruckend und durchaus den großen Einspielungsprojekten auf anderem Feld, etwa bei Bach oder Buxtehude, und den Erfahrungen der daran Beteiligten vergleichbar.
Zu erleben ist hier in den 'Symphoniae Sacrae' wunderbar beredtes Singen, das lyrische Grundierung nicht verleugnet. Alle Protagonisten sind mit einer ebenso klaren wie natürlichen Diktion gesegnet, die das Mitlesen der Texte im sehr überzeugenden Booklet absolut überflüssig macht. Das Instrumentalensemble agiert wunderbar profiliert und ist trotz all des Farbenreichtums – zu hören sind neben den Continuo-Instrumenten Orgel, Violone, Theorbe und gelegentlich Dulzian noch Posaunen, Zinken und natürlich Violinen – sehr viel mehr als nur Kolorit: Es sind obligate Stimme im besten Sinne des Wortes – eben unentbehrlich, entscheidend für das Gelingen des Ganzen. Ergänzend tritt dezent integriertes Schlagwerk hinzu, wo es den Texten gemäß sinnvoll ist: Wenn die Psalmen von Pauken und Zimbeln sprechen, dann erklingen geschlagene Äquivalente.
Hans-Christoph Rademann hat die Ensembles zu frisch bewegten Tempi angeregt, die der Musik ideale Entfaltungsräume schaffen, ohne, dass das Geschehen je gehetzt wirkte. Bei aller Qualität in dynamisch verhaltener Geste wird immer wieder auch beherzt zugepackt, bei souveräner und durchgehend unangefochtener Intonation. Artikulatorisch ist der Befund klar: Ein Ausbund sprachgezeugter musikalischer Energie wird hörbar, verknüpft mit der gleichfalls unentbehrlichen linearen Schönheit. Gerade in dieser Hinsicht ist schwerlich mehr Qualität vorstellbar. Die technische Realisierung zielt auf Transparenz und Plastizität ab, in einer schönen räumlichen Konstellation. Man spürt die Konzentration ebenso wie eine noble Räumlichkeit.
Kann man diese ebenso hinreißende wie tiefgründige Musik noch anspruchsvoller singen und spielen? Anders ja, und das vielleicht auch mit wiederum guten Gründen, aber besser? Der Rezensent meint: Das dürfte kaum möglich sein. Das wache Ohr ist auf alles gerichtet, was vielleicht von anderen Ensembles noch kommen mag. Diese Musik hat in Rademann und seinen versierten Formationen, gerade in der solistischen und in der Konstellation in kleinen Ensembles, ideale Anwälte gefunden. Vieles, was jetzt so beglückend gerät, basiert auf dem fruchtbaren gemeinsamen Weg im Rahmen dieser von Carus hervorragend betreuten Gesamteinspielung.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Heinrich Schütz: Symphoniae Sacrae II: D. Mields, I. Schicketanz, D. Erler, G. Poplutz, T. Mäthger, F. Schwandtke, F. Rumpf |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Carus 2 04.05.2018 133:46 2017 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4009350832749 Carus 83.274 |
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Schütz, Heinrich |
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"Die 27 Konzerte der Symphoniae Sacrae II von Heinrich Schütz sind Meilensteine in der Entwicklung des deutschsprachigen geistlichen Konzerts für virtuose Gesangssolisten, Instrumente und Basso continuo. Die Kompositionen sind hoch entwickelt, komplex, bewegend, musikhistorisch wertvoll und kompositorisch raffiniert, mit einer außerordentlichen Ereignisdichte und Fülle von Ideen. Mit Volume 18 der Schütz-Gesamteinspielung hat Hans-Christoph Rademann, unterstützt durch ausgewählte Instrumentalisten und exzellente Solisten wie Dorothee Mields und Georg Poplutz, erneut eine Einspielung von exemplarischer Qualität geschaffen. Ein würdiges klingendes Denkmal für Heinrich Schütz!" |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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