
Mozart, Wolfgang Amadeus & Rachmaninoff, Serge: Klavierkonzerte - Aldo Ciccolini, London Philharmonic Orchestra, Yannick Nezet-Seguin
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Label/Verlag: LSO Live
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Mit dieser CD gibt Yannick Nézet-Séguin eine frühe Visitenkarte seines Könnens ab.
Zum Zeitpunkt der Aufnahmen dieses beim Label LSO Live erschienenen Albums (2009 bzw. 2011, jeweils in der Southbank Centre‘s Royal Festival Hall, London) war Yannick Nézet-Séguin längst noch nicht so bekannt wie jetzt. Weshalb er es dahin gebracht hat, wo er heute steht, lässt sich aber bereits anhand dieser Mitschnitte erahnen.
Ohne falsches Pathos
Speziell in Mozarts d-Moll-Konzert KV 466 – obwohl er in diesem eigentlich gar nicht als Haupt-Protagonist auftritt. Gleichwohl ist es eindeutig das London Philharmonic Orchestra unter seinem Dirigat, das hier die musikalische Linie vorgibt und dem Werk die prägenden interpretatorischen Charakterzüge verleiht. Von den pulsierenden Anfangstakten des Kopfsatzes an versteht er es, kontinuierliche Spannungen (wohlgemerkt im Orchesterpart) aufzubauen, die jederzeit ebenso in der Lage sind, sich in spontanen emotionalen Ausbrüchen zu entladen wie in melancholische Kantilenen abzutauchen. Was dabei niemals entsteht, ist falsches Pathos, die Partitur bewahrt sich stets einen transparenten, elegant federnden und niemals zu künstlich erzeugter, bleierner Moll-Schwere neigenden Mozart-Klang. So weit, so gut – wäre da nicht noch die solistische Seite. Aldo Ciccolini kann im betagten Alter leider nicht mit dem orchestralen Level mithalten. Zu eindimensional ist sein Anschlag, zu inkohärent sind die Tempi, die Nézet-Séguin fast über die gesamte Distanz hinweg Mühe hat, wieder gerade zu rücken. Virtuose Fähigkeiten, wie sie Ciccolini einst besessen haben mag, sind leider nur noch zu erahnen, fast klebrig wirkt seine Phrasierung streckenweise.
Technisch überfordert
Technisch scheint er in den Ecksätzen regelrecht überfordert, perlende Eleganz in Mozartschen Skalen und Arpeggien zu erzeugen, bleibt ihm verwehrt. Auch die Romanze bleibt pianistisch leider klanglich flach und oberflächlich.Noch eklatanter treten die geschilderten Diskrepanzen in Rachmaninovs Zweitem Klavierkonzert zu Tage: Tat Ciccolini sich schon bei Mozart technisch schwer, bleibt er hier vollends auf der Strecke. Betont moderate, teils wiederum verschleppte Tempi kann auch Nézet-Séguin nicht mehr auffangen. Die Folge: Letzterer ‚resigniert‘ mehr oder weniger und passt sich der behäbigen agogischen Gangart an – sicherlich auch aus ehrfürchtiger Höflichkeit und Rücksicht auf den (zumindest pianistisch) in die Jahre gekommenen Altmeister. Dessen spröde Artikulation und relativ farbloser Ton sind am Ende des Tages aber jedenfalls der Grund, dass das Ganze mit gekonntem Rachmaninov wenig zu tun hat.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Mozart, Wolfgang Amadeus & Rachmaninoff, Serge: Klavierkonzerte: Aldo Ciccolini, London Philharmonic Orchestra, Yannick Nezet-Seguin |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
LSO Live 1 09.03.2018 |
Medium:
EAN: |
CD
5060096760146 |
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