
Krug, Arnold - Streichsextett & Klavierquartett
Hamburger Ambition
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Linos Ensemble hat mal wieder Kostbarkeiten der zweiten Reihe ausgegraben. Von berückender Schönheit und kompositorischer Qualität ist vor allem das besetzungsmäßig interessante Streichsextett.
Das Hamburger Musikleben war in den vergangenen Jahrhunderten nicht auf Telemann oder Carl Philipp Emanuel Bach beschränkt – gerade im 19. Jahrhundert gab es zahlreiche wichtige Persönlichkeiten, die die musikalische Szene nachhaltig prägten. Hierzu gehört auch Arnold Krug (1849–1904), u.a. Leiter eines eigenen Gesangvereins, Kompositionslehrer am Bernuth‘schen Konservatorium und Dirigent der Altonaer Singakademie. Krug hatte bei Carl Reinecke in Leipzig sowie in Rom studiert und war einige Jahre am Stern‘schen Konservatorium tätig, ehe er in seine Heimatstadt Hamburg zurückkehrte. Besonders profiliert ist Krugs Schaffen als Chor- und Liederkomponist sowie als Schöpfer von Klavierstücken. Doch finden sich auch zwei Sinfonien, Opern, Ouvertüren sowie neben den beiden hier vorgelegten Werken ein Klaviertrio und ein Streichquartett.
Das Streichsextett op. 68 reichte Krug 1896 zum Stelzner-Wettbewerb des Dresdner Konservatoriums ein, darum trägt es im Erstdruck den Titel ‚Preis-Sextett‘, das im Wettbewerb den Titel 'Ernst ist die Kunst' trug und in der Tat den Preis zugesprochen bekam (Juryvorsitzender war Felix Draeseke). Die Besonderheit der Komposition ist die Besetzung zwei Violinen, Viola, Violotta (eine Neuschöpfung Alfred Stelzners), Violoncello und Cellone; leider wird diese aparte Besetzung in der vorliegenden Einspielung nicht gewählt, auch nicht die Alternativbesetzung für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli, sondern Kontrabass anstelle des Cellone (durchaus auch schon in früheren Aufführungen nachweisbar). Dadurch wird das anspruchsvolle dreisätzige Werk etwas normiert. Doch wäre das Linos Ensemble nicht das Linos Ensemble, würde nicht eine mitreißende, spannungsvolle Interpretation vorgelegt, die derart akademische Überlegungen nahezu obsolet machte. Das Klang des Ensembles ist insofern ein echter Ensembleklang, als gleichzeitig die individuellen Stimmen erhalten bleiben, aber ein starker Eindruck des Gemeinsamen offenbar wird. Der langsame Satz des Werkes ist überraschenderweise Elgar sehr ähnlich – kannte der Brite vielleicht Krugs Komposition? (Im Finale taucht kurz auch noch Hubert Parry auf.) Auf jeden Fall haben wir hier eine Entdeckung, die der Aufführung im Konzertsaal harrt (gleich in welcher Instrumentenbesetzung).
Im Vergleich zu dem in der Expression durchaus eigenen Sextett ist das Klavierquartett c-Moll op. 16, entstanden 1878/9 kurz nach Krugs Rückkehr aus Italien, konventioneller von Zuschnitt und Erfindung her. Am überzeugendsten ist Krug häufig in eher elegisch-zurückgenommenen Passagen, die das Konventionelle etwas hinter sich lassen. Krug erweist sich als begabter Melodiker, der auch die kontrapunktische Weitergabe des motivischen Materials handwerklich gut beherrscht. Seine Fähigkeiten zur ‚komponierten Steigerung‘ erscheinen jedoch gelegentlich etwas formalistisch; spannender sind das 'Nächtlicher Ritt' überschriebene Scherzo und das karnevalistische Finale. Konstanze Eickhorst tritt zu Winfried Rademacher, Matthias Buchholz und Mario Blaumer, und gemeinsam beweisen die Musiker auch hier ihren Ensemblegeist. Dennoch gelingt es den Musikern nicht, die Komposition zu einem erstrangigen Werk zu machen.
Die Deutschlandfunk-Aufnahmetechnik lässt beide Werke bestens zur Geltung kommen, während der Bookletautor in seinen ersten Zeilen noch knapp in unnötigen Floskeln loslegt, um sich dann aber erfreulich freizuschreiben.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Krug, Arnold: Streichsextett & Klavierquartett |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
cpo 1 22.02.2018 66:57 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
761203503025 cpo 555 030-2 |
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Krug, Arnold |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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