
Ferrari, Giacomo Gotifredo - Klavierwerke
Echte Alternative
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Stefania Neonato bricht eine Lanze für Giacomo Gotifredo Ferrari. Sie ist eine denkbar berufene und vor allem stilistisch sattelfeste Anwältin für Ferraris Tastenmusik.
Gleich mehrfach hintereinander widmet Brilliant Classics eine Produktion Giacomo Gotifredo Ferrari (1763–1842), einem aus Rovereto stammenden Musiker, der zunächst in Verona und Rovereto, dann in Chur sowie schließlich in Rom und Neapel studierte. Er ließ sich zunächst in Paris nieder und ging dann 1792 nach London, wo er 1804 die Pianistin Victoire Henry heiratete; seine Memoiren erschienen dort 1830. ‚Sonatas e Balletti‘ ist die CD überschrieben, die Stefania Neonato auf einem Walter-Hammerflügel-Nachbau (Original von etwa 1805) eingespielt hat. Das Caprice (oder Capriccio) c-Moll op. 28 (nicht op. 8, wie im CD-Booklet behauptet) ‚pour le clavecin ou le pianoforte‘ ist wohl auf kurz nach 1800 zu datieren, und wenn man Neonato zunächst zu geringen Pedalgebrauch unterstellen könnte, stellt sich dieser Zugang vielmehr als in sich schlüssig heraus, um im Laufe des Stückes eine stete Steigerung zu ermöglichen. Neonato liebt die Musik hörbar und hat sich sorgfältig auf die Aufnahme vorbereitet, die schon im November 2013 in Ferraris Geburtsort erfolgte, wo sein Schaffen mittlerweile regelmäßig gepflegt wird.
Das Caprice ist im Grunde Prolog zu einem symmetrisch angelegten Programm, mit zwei substanziellen Sonaten als Rahmen die die drei sogenannten Sonaten und sechs Balletti op. 12, die um 1795 in London im Druck erschienen. Zunächst erklingt die C-Dur-Sonate op. 10 Nr. 1 (aus demselben Opus, aus dem auch in der früheren CD eine Sonate gewählt wurde). Die Pauline von Metternich gewidmete Sonate erweist sich Clementi und Pleyel ebenbürtig, und die folgenden Werke bestätigen diese Einschätzung, dass es sich hier um eine echte Alternative zu den etablierten Namen handelt. Die drei Sonaten des Opus 12 (wobei der erst Satz jeweils deutlich länger ist als der zweite) sind in sich ausgesprochen ausgewogen und bieten auch ein beachtliches Spektrum an Stimmungen. Die Balletti (Tanzsätze) sind kurze kraftvolle Studien von Gesellschaftstänzen (Menuette, Walzer, auch zwei 'Inglesine' und ein 'Lambridge joy' – deren Titel unerläutert bleiben). Die CD wird geschlossen durch die Muzio Clementi gewidmete A-Dur-Sonate op. 9 Nr. 3, eine abermals eher elegante, substanzreiche Komposition, mit einem veritablen Sonatenhauptsatz, gefolgt von einem Variationensatz, der fast auf Schubert vorausweist – ungefähr im Jahr von Schuberts Geburt.
Neonato spielt das ganze Spektrum der Musik aus – vom graziösen Andantino bis zum kraftvoll-dramatischen Allegro – und schreckt auch vor vollgriffigen Fortissimi nicht zurück, die aber nicht grob klingen, sondern dem Geist der Musik gemäß. Vor allem findet sie den für die Werke jeweils passenden Puls, phrasiert imaginativ, hat eine weite dynamische Spannweite und weiß die Musik wirkungsvoll zu steigern. Die Aufnahmetechnik unterstützt ihre Interpretation und das klangreiche Instrument auf das Vorzüglichste. Dagegen schwächelt das Booklet – die fehlerhafte Opuszahl ist wohl der ärgste Patzer.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Ferrari, Giacomo Gotifredo: Klavierwerke |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 1 02.03.2018 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421956466 |
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