
à la francaise - Duos der französischen Romantik für Kunstharmonium & Klavier
Aparte Kombination
Label/Verlag: Christophorus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Jan Henning und Ernst Breidenbach gewähren mit unbekannten Werken für Kunstharmonium und Klavier einen höchst reizvollen Einblick in den französischen Salon des 19. Jahrhunderts.
Es sind auf dieser neuen Platte keine großen Meisterwerke zu hören, und doch hat sie ihren Reiz. Der liegt in der ungewöhnlichen Besetzungskombination von Kunstharmonium und Klavier. Das Kunstharmonium war im 19. Jahrhundert geradezu ein Modeinstrument, das auch in kammermusikalischen Besetzungen eingesetzt wurde, wenn auch überwiegend in eher salonhaften Sphären. Bei dem hier verwendeten Exemplar handelt es sich um ein 1901 gebautes Druckluftharmonium aus dem Hause Mustel, das im Gegensatz zum herkömmlichen Saugluftharmonium (und zur Orgel) dynamische Gestaltung erlaubt und über erstaunlich vielfältige Farben verfügt, die hier sogar noch erweitert werden durch eine über das zweite Manual gespielte Celesta.
Die Kombination mit dem Flügel klingt besonders apart, und das um so mehr, da das auf dieser Platte verwendete Exemplar sich schon durch seine ersten Tönen als historisches Instrument zu erkennen gibt, ein klanglich ausgesprochen charmanter Erard-Flügel Baujahr 1858. Ein ‚neutraler‘ Steinway hätte vermutlich nie die herrlich nostalgische Wirkung erzielen können, wie sie ein solches Instrument mit Charakter in Kombination mit dem Harmonium zu entfalten vermag.
Zwei deutsche Interpreten, Jan Henning und Ernst Breidenbach, haben sich auf diesem Instrumentarium französische Werke völlig unbekannter Komponisten vorgenommen. Die beiden einzigen bekannten Namen der Platte sind Charles Gounod und Alexandre Guilmant. Ersterer schrieb eine Fantasie über die russische Zarenhymne, letzterer arrangierte das Werk für diese Besetzung.
Es ist einerseits zu begrüßen, dass auf der neuen Platte mit einer Sonate von Adolphe Blanc auch eine größere, mehrsätzige Komposition zu hören ist. Andererseits ist diese Sonate, die dem Geburtsjahr ihres Komponisten (1828) zum Trotz nach sehr frühem 19. Jahrhundert klingt, kein wirklich überzeugendes Werk, attraktiver sind die meisten anderen Kompositionen, alles mehr oder weniger kleine Formen von maximal zehn Minuten Länge. Das bedeutet nicht zwingend den Verzicht auf einen gewissen Anspruch: Einige im Ton eindeutig ernste Werke sind darunter, etwa das wuchtige 'Lamento' op. 45 von Albert Seitz, vielleicht das beeindruckendste Werk des Programms, und das Schlussstück von Marie Prestat reklamiert ein gehobenes Niveau schon durch die Gattungsbezeichnung 'Prélude et Fugue'. Von der Komponistin Marie Prestat stammt auch das erste Werk der Platte, 'Marche nuptiale' op. 5, und darin werden gleich sämtliche Möglichkeiten der beiden Instrumente präsentiert. Ein ausgesprochen voluminöser Klang mit fast schon orchestralen Wirkungen erwartet den erstaunten Hörer, denn erfreulicher Weise ist die Platte auch klangtechnisch sehr beeindruckend gelungen.
Es ist nicht ganz auszuschließen, dass bei gleichzeitigem Klavier-, Harmonium- und Celestaklang manchmal der Eindruck eines eher zirkushaften, oberflächlichen Vergnügens aufkommt, doch ein Vergnügen ist es letztlich allemal, und das gilt für die meisten der eingespielten Werke.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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à la francaise: Duos der französischen Romantik für Kunstharmonium & Klavier |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Christophorus 1 02.02.2018 |
Medium:
EAN: |
CD
4010072774194 |
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