
Brahms, Johannes - Sinfonie Nr. 2 & Haydn-Variationen
Brillant bewegter Brahms
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Auch bei Brahms gelingt dem eingespielten Team des Schwedischen Kammerorchesters mit Thomas Dausgaard als Ideengeber eine fulminante eigene Lesart: Neben fein abgestimmten Klangmischungen überrascht und begeistert vor allem die Tempi-Regie.
Thomas Dausgaard ist ein Meister der Accelerandi, der genau kalkulierten Tempo-Beschleunigungen. Wie er im Kopfsatz von Johannes Brahms‘ Zweiter Symphonie schon in den Überleitungen der Exposition das Thema sukzessiv anzieht, in lyrischen Themenkomplexen wieder sanft und organisch nachgibt und dann im durchführenden Mittelteil des Satzes mit dem ins Aggressive gesteigerten Tempo eine ungeahnte Gewalt, ja Überwältigung inszeniert, sucht seinesgleichen und würde trotz (oder auch wegen) des schlankeren Gesamtklangs des Schwedischen Kammerorchesters sogar den in solcher Agogik vergleichbarsten ‚Alten‘, nämlich Arturo Toscanini oder Georg Solti, zu höchsten Ehren gereichen. Auch in den irrsinnig ausrastenden Spannungszonen des von Beginn an flüssig und im Lyrischen wiederum berückend einfühlsam inszenierten ‚langsamen‘ Satzes greift dieses ungeheure tempodramaturgische Geschick des Dirigenten. Und die Kontraste im Finale sind – wie die durchgehend feine Phrasierung aller Orchesterstimmen – einfach perfekt getrimmt.
Anders als bei Dausgaards Schumann- oder Beethoven-Zyklen fällt es natürlich schwerer, die bekannte Symphonik durch unbekanntere Nebenwerke zu flankieren, sind doch auch die 'Akademische Festouvertüre', die 'Haydn-Variationen' und 'Ungarischen Tänze' absoluter Repertoirestandard. Thomas Dausgaards eigene Orchestrationen der von Brahms selbst leider unbearbeitet gelassenen 'Ungarischen Tänze' Nr. 5 bis 7 kommen da ebenfalls eher einer rein interpretatorischen Neubelichtung gleich, wobei vor allem der originelle Einsatz und die orchestereigene Virtuosität wirklich aller denkbaren Bläserstimmen überrascht und überzeugt. Zudem trifft Dausgaard mit seiner flexiblen Tempi-Beherrschung überaus einleuchtend eine Art Wiener Idiom dieser klischeegesteuerten Puszta-Mimikry. Und die äußerst flotten, wiederum – auch dank der hervorragenden Klangaufzeichnung der SACD – in ihrer farbenreichen Plastizität mitreißenden Versionen der Haydn-Variationen wie der hier abschließenden statt eröffnenden 'Akademischen Festouvertüre' dürfen wie die Symphonie wirklich aktuellen Referenzstatus beanspruchen.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Brahms, Johannes: Sinfonie Nr. 2 & Haydn-Variationen |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
BIS Records 1 06.12.2017 |
Medium:
EAN: |
SACD
7318599922539 |
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BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
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