
Heuberger, Richard - Der Opernball
Das Chambre séparée bleibt heute leer
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese Produktion von Heubergers 'Opernball' setzt leider keine Maßstäbe. Sie ist achtbar, wenn auch nicht von besonderem Esprit getragen.
Richard Heuberger (1850–1914) kannte man im Wien der Kaiserzeit vor allem als Leiter der Wiener Singakademie, aber auch des Akademischen Gesangvereins. Aus Graz stammend, ist es schön, endlich seine berühmteste Komposition, die 1898 uraufgeführte Operette 'Ein Opernball' hier in einer Neueinspielung verspätet zum Zentenarium vorgelegt zu sehen. Ein im Grunde Dutzendprodukt, vom Sujet wenig originell (Verwechslungskomödie qua Maskierung via Dominos). Und es bedarf ganz besonderer Verve, um die Qualitäten der Musik vollends zum Vorschein kommen zu lassen.
Leider, das muss sogleich gesagt werden, ist die Interpretation mehr achtbar denn Referenz. Marius Burkerts Dirigat ist schon in der Ouvertüre behäbig, im Gesamtklang eher breit denn fein differenziert. So gehen nicht alle Schönheiten verloren, doch ältere (auch deutlich ältere) Interpretationen der Ouvertüre sind so viel klarer Referenz denn diese Produktion aus der Oper Graz, die das Werk keineswegs in seiner Originalgestalt darbietet, sondern durchaus extreme Eingriffe vornimmt.
Auch vokal lässt die Produktion in keinem Punkt die Vergangenheit vergessen. Die drei Hauptpaare Paul/Angèle, Georges/Marguerite und Hortense/Henri werden mit dramaturgischer Überzeugung und musikalischer Frische dargeboten, doch ohne allzu starke stimmcharakterliche Individualität. Echte Operettenaffinität hört man am ehesten bei der Schauspielerin (!) Lotte Marquardt (Tante Palmira), vielleicht weil sie noch einer Generation angehört, in das Metier der Operette noch selbstverständlicher war als heute.
Der Mangel an vokalem Charakter bedeutet, dass die Musik denkbar wenig mitreißt und anrührt. Im Vergleich zu den klassischen Operettenaufnahmen der 1950er- bis 1980er-Jahre kann man die vorliegende Interpretation nur als deutlich minderwertig bezeichnen; außer im (wie gesagt eher dichten denn brillanten) Orchesterpart wird der Charme der Musik nur in sehr geringem Maße lebendig – keine musikalischen Charaktere werden entwickelt, und selbst die Operetten-Typen bleiben eher egal, weil ohne Distinktion. Für ein Werk, eine Gattung, die von musikalischer Charakter(über)zeichnung lebt, ein denkbar ungünstiges Urteil. Für meinen Teil bleibt heute das berühmte ‚Chambre séparée‘ leer. Da braucht es doch ganz andere Kaliber.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Heuberger, Richard: Der Opernball |
|||
Label: Anzahl Medien: Spielzeit: |
cpo 2 85:46 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
761203507023 cpo 555 070-2 |
![]() Cover vergössern |
Heuberger, Richard |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Großes Violinkonzert – großartig interpretiert: Ewelina Nowicka und das Polish National Radio Symphony unter Zygmunt Rychert meistern (unbekannte) Violinwerke von Ludomir Różycki. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Lohnende Neuauflage: Hochwertige Liszt-Aufnahmen von Michael Korstick, gesammelt in einer neuen Edition. Weiter...
(Oliver Bernhardt, )
-
"Mannheimer goût" mit enormem Eigenwert: David Castro-Balbi und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Kevin Griffiths überzeugen auf ganzer Linie mit Werken von Johann Stamitz. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Kein überzeugendes Plädoyer: Dem Constanze Quartett mangelt es an rhetorischer Überzeugungskraft, um drei Streichquartette Emilie Mayers zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Pionierleistungen: Bedeutsame Dokumente der Havergal-Brian-Diskografie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Jugendliche Größe in der Musik: Henry Raudales und das Münchner Rundfunkorchester brillieren mit Mendelssohns sämtlichen Streichersymphonien. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Auf der Suche nach einer verlorenen Zeit: Alexander Glasunows aparte Streichquartette liegen nun endlich in einer Gesamteinspielung vor. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Großes Violinkonzert – großartig interpretiert: Ewelina Nowicka und das Polish National Radio Symphony unter Zygmunt Rychert meistern (unbekannte) Violinwerke von Ludomir Różycki. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Jetzt im klassik.com Radio


Portrait

"Casals kämpfte für den Frieden."
Roger Morelló über seine neue CD, die dem katalanischen Cellisten Pau Casals gewidmet ist.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich