> > > Heuberger, Richard: Der Opernball
Donnerstag, 28. September 2023

Heuberger, Richard - Der Opernball

Das Chambre séparée bleibt heute leer


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Diese Produktion von Heubergers 'Opernball' setzt leider keine Maßstäbe. Sie ist achtbar, wenn auch nicht von besonderem Esprit getragen.

Richard Heuberger (1850–1914) kannte man im Wien der Kaiserzeit vor allem als Leiter der Wiener Singakademie, aber auch des Akademischen Gesangvereins. Aus Graz stammend, ist es schön, endlich seine berühmteste Komposition, die 1898 uraufgeführte Operette 'Ein Opernball' hier in einer Neueinspielung verspätet zum Zentenarium vorgelegt zu sehen. Ein im Grunde Dutzendprodukt, vom Sujet wenig originell (Verwechslungskomödie qua Maskierung via Dominos). Und es bedarf ganz besonderer Verve, um die Qualitäten der Musik vollends zum Vorschein kommen zu lassen.

Leider, das muss sogleich gesagt werden, ist die Interpretation mehr achtbar denn Referenz. Marius Burkerts Dirigat ist schon in der Ouvertüre behäbig, im Gesamtklang eher breit denn fein differenziert. So gehen nicht alle Schönheiten verloren, doch ältere (auch deutlich ältere) Interpretationen der Ouvertüre sind so viel klarer Referenz denn diese Produktion aus der Oper Graz, die das Werk keineswegs in seiner Originalgestalt darbietet, sondern durchaus extreme Eingriffe vornimmt.

Auch vokal lässt die Produktion in keinem Punkt die Vergangenheit vergessen. Die drei Hauptpaare Paul/Angèle, Georges/Marguerite und Hortense/Henri werden mit dramaturgischer Überzeugung und musikalischer Frische dargeboten, doch ohne allzu starke stimmcharakterliche Individualität. Echte Operettenaffinität hört man am ehesten bei der Schauspielerin (!) Lotte Marquardt (Tante Palmira), vielleicht weil sie noch einer Generation angehört, in das Metier der Operette noch selbstverständlicher war als heute.

Der Mangel an vokalem Charakter bedeutet, dass die Musik denkbar wenig mitreißt und anrührt. Im Vergleich zu den klassischen Operettenaufnahmen der 1950er- bis 1980er-Jahre kann man die vorliegende Interpretation nur als deutlich minderwertig bezeichnen; außer im (wie gesagt eher dichten denn brillanten) Orchesterpart wird der Charme der Musik nur in sehr geringem Maße lebendig – keine musikalischen Charaktere werden entwickelt, und selbst die Operetten-Typen bleiben eher egal, weil ohne Distinktion. Für ein Werk, eine Gattung, die von musikalischer Charakter(über)zeichnung lebt, ein denkbar ungünstiges Urteil. Für meinen Teil bleibt heute das berühmte ‚Chambre séparée‘ leer. Da braucht es doch ganz andere Kaliber.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Heuberger, Richard: Der Opernball

Label:
Anzahl Medien:
Spielzeit:
cpo
2
85:46
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
761203507023
cpo 555 070-2


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Heuberger, Richard
 - Der Opernball - Ouvertüre
 - Der Opernball - An einem Tag?
 - Der Opernball - Dialog I
 - Der Opernball - Lieber Onkel! Gute Tante!
 - Der Opernball - Dialog II
 - Der Opernball - Verzweifelt aus Kummer und Herzensweh
 - Der Opernball - Dialog III
 - Der Opernball - Liebe Freunde, ihr habt keine Ahnung
 - Der Opernball - Dialog IV
 - Der Opernball - Mir ist, als wär's nicht recht, was ich beginne
 - Der Opernball - Dialog V
 - Der Opernball - Bereit ist Feder und Papier
 - Der Opernball - Und jetzt zu mir


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Dirigent(en):Burkert, Marius
Orchester/Ensemble:Grazer Philharmonisches Orchester
Interpret(en):Kaimbacher, Alexander
Mchantaf, Nadja
Orescanin, Ivan
Klobucar, Margareta


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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