
Music for Strings - Auftragskompositionen des ARD-Musikwettbewerbs
Vier gegen einen
Label/Verlag: BR-Klassik
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese interpretatorisch großartige Zusammenstellung ist voller interessanter Perspektiven auf die Kammermusikkompositionen des ARD-Musikwettbewerbs.
Den Internationalen Musikwettbewerb der ARD kennt man vor allem wegen seiner herausragenden Interpreten. Nach welchen Kriterien die Preisträger ermittelt werden, ist zwar klar kommuniziert, doch im Allgemeinwissen eher wenig verankert. Seit 2002 ist für jedes der vier alljährlich ausgetragenen Fächer ein zeitgenössisches Stück verpflichtend. Für die beste Interpretation eines zu diesem Anlass komponierten Auftragswerke, das zwischen acht und zwölf Minuten lang und ‚in technischer wie musikalischer Hinsicht so anspruchsvoll sein soll, dass es die Fähigkeiten eines Teilnehmers differenziert auf den Prüfstand stellt’, wurde ein separater Sonderpreis ausgeschrieben, da die Interpreten des klassischen Kanons sich keineswegs immer auch in der zeitgenössischen Musik auszeichnen.
Die hier vorgestellten sieben Werke sind entweder für Streichquartett oder für ein Streichinstrument solo geschrieben und entstammen den Jahren 2004 bis 2016. Prominente Namen, soweit das Auge reicht. Das erste Werk der CD ist die Quartettstudie von Wolfgang Rihm (2004), hier in der ausgezeichneten Interpretation durch das Quatuor Ebène dargeboten. Die besonderen klanglichen Anforderungen des Werkes, sowohl bezüglich Fragen der Textur als auch bezüglich der dynamischen Eigenheiten, werden mit großer Lebendigkeit und höchster Virtuosität und Intensität umgesetzt. Rodion Schtschedrins 'Lyrische Szenen' für Streichquartett hören wir in der Interpretation durch das Apollon Musagète Quartett aus dem Jahr 2008, eine beachtliche Komposition, die sich zwar teilweise in eher konservativen Geleisen bewegt, das aber durch große musikalische und interpretatorische Dichte besticht, wenn sie vielleicht auch nicht ganz an die anderen Streichquartettkompositionen der CD heranreicht. Erkki-Sven Tüürs Zweites Streichquartett mit dem Titel 'Lost Prayers' von 2012 hören wir mit dem Armida Quartett, eine Komposition von großer Kraft und lyrischer Intensität, mit klarer formaler Struktur und aparten Klangfarben. Die jüngste Streichquartettkomposition der CD ist Nikolaus Brass‘ 'etchings' von 2016, durch das Quartet Amabile dargeboten – eine interpretatorisch besonders anspruchsvolle Komposition, nicht nur wegen der geforderten musikalischen Effekte oder der dichten Motivik, sondern auch durch die Verwendung von Mikrotonalität und komplexer Rhythmik; sicher gehört auch dieses Werk zu dem Spannendsten der ganzen CD, auch wegen der herausragenden Interpretation.
Diesen vier Streichquartettwerken interpoliert sind drei Kompositionen für Violine bzw. Viola bzw. Violoncello solo. Johannes Maria Stauds 'Toward a Brighter Hue' für Violine von 2005 kommt durch Korbinian Altenberger zu Gehör, ein vor allem durch dissonante Akkordmotivik und hochvirtuoses Passagenwerk gestaltetes, auch emotional packendes Werk. Antoine Tamestit interpretiert 2004 David Sawers 'Parthenope' für Viola solo, eine dreiteilige Komposition mit polyphoner Kraft gegen Schluss. Von 2010 stammt 'knock, breathe, shine' für Violoncello solo von Esa-Pekka Salonen nach dem Sonett ‚Batter my heart’ von John Donne, mit besonderen Pizzicato- und Mehrfachgriff-Anforderungen, die Tristan Cornut kongenial bewältigt.
Nicht ohne Grund wurden alle Interpreten der vorliegenden CD ausgezeichnet – und wenn man sich bei der Produktion über irgendetwas beklagen kann, so nicht über die herausragenden Interpretationen, die spannenden Werke oder die Aufnahmetechnik, sondern allenthalben über die fehlenden Informationen zu den Interpreten im Booklet. Aber das ist nebensächlich – insgesamt eine wichtige Produktion, voller interessanter Perspektiven auf die Kammermusikkomposition im ersten Fünftel des 21. Jahrhunderts.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Music for Strings: Auftragskompositionen des ARD-Musikwettbewerbs |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
BR-Klassik 1 25.08.2017 075:12 |
Medium:
EAN: BestellNr.: Booklet |
CD
4035719007152 900715 |
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Brass, Nikolaus |
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"MUSIC FOR STRINGS Auftragswerke des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD Die CD von BR-Klassik dokumentiert Kompositionen für Streicher, die der Internationale Musikwettbewerb der ARD in München bei zeitgenössischen Komponisten in Auftrag gegeben hat und die zwischen 2004 und 2016 von Preisträgern des renommierten Wettbewerbs interpretiert worden sind, sowohl von Solisten (Violine, Viola und Violoncello solo) als auch von Streichquartetten. Die aufgezeichnete Literatur gibt also den aktuellsten Stand des kompositorischen Repertoires für gerade jene Besetzungen wider. Beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD ist stets ein zeitgenössisches Werk verpflichtend, das von renommierten Komponisten eigens dafür geschaffen wird und im Verlauf des Wettbewerbs etliche verschiedene Interpretationen erlebt (gleichsam eine mehrfache Uraufführung) eine unschätzbare Gelegenheit, neueste Werke in teilweise höchst unterschiedlichen Deutungen zu erleben. Da es nicht immer die ersten Preisträger sind, welche die beste Interpretation des Auftragswerks bieten, wurde für besonders ausgezeichnete Interpretationen ein Sonderpreis ausgelobt. Bemerkenswert ist außerdem, dass die jeweils ausgezeichneten Preisträger seitdem allesamt eine erstaunliche Entwicklung gemacht haben und mittlerweile äußerst erfolgreich auf den internationalen Konzertbühnen vertreten sind. Das abwechslungsreiche Programm der CD bietet Kompositionen von Rodion Schtschedrin, Nikolaus Brass, Wolfgang Rihm, Esa-Pekka Salonen, Erkki-Sven Tüür, David Sawer und Johannes Maria Staud in im Wortsinn ausgezeichneten Interpretationen durch Korbinian Altenberger (Violine), Antoine Tamestit (Viola), Tristan Cornut (Violoncello), das Apollon Musagète Quartett, das Armida Quartett, das Quartet Amabile und das Quatuor Ébène. Ein repräsentativer Querschnitt durch das aktuelle Repertoire der zeitgenössischen Musik für Streicher und ein überzeugender Beweis für die starken interpretatorischen Qualitäten der jungen Musiker. " |
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Pizzicato: "Der Internationale Musikwettbewerb der ARD ist eine der hochangesehenen Möglichkeiten für junge Instrumentalisten, sich durch einen Sieg ein Sprungbrett zu schaffen, um seine Musikerlaufbahn einzuschlagen. So ein Wettbewerb schreibt immer instrumentenbezogen vor, aus welcher Werkauswahl die Prüfungsstücke zu wählen sind. Bei der Violine beispielsweise wird immer ein Mozartkonzert vorgegeben. Eine weitere Vorgabe betrifft ein zeitgenössisches Stück. Seit 2002 hat dieser Wettbewerb die Vorgabe dahingehend vereinheitlicht, dass jedes Jahr für den Wettbewerb Kompositionsaufträge vergeben werden. Das ist vorteilhaft, da zum einen ein in jedem Sinne zeitgenössisches Werk präsentiert wird. Zum anderen müssen sich alle Interpreten mit dem gleichen Stück auseinandersetzen. Dadurch entsteht eine Vergleichbarkeit, die aber auch eine Erhellung für das Auditorium darstellt, da es, üblicherweise im Halbfinale, gleich sechs Versionen eines Stückes zu hören bekommt und damit nicht nur vergleichen kann, sondern auch die Chance bekommt, das bis dahin unbekannte Stück besser zu ergründen. Dass das Streichquartett nach wie vor (oder wieder) eine angesagte Kompositionsform ist, kann man an den regelmäßig stattfindenden Wettbewerbsbeiträgen sehen. Der Wettbewerb wird als Dokumentation schon lange mit einer als CD veröffentlichten Aufnahme dokumentiert, normalerweise pro Jahr. Auf der aktuellen CD werden sieben seit 2004 geschaffene Werke vorgestellt, die das Quartett als Ensemble oder jeweils einzeln die hierin vertretenen drei Streichinstrumente beleuchten. Die mit den Werken vorgestellten Künstler haben inzwischen alle einen erfolgreichen Weg als Musiker beschritten, sei es im Orchester, als Solist oder im Ensemble als Quartett. Insofern muss man zu den Künstlern hier nichts Lobendes mehr hinzufügen an. Spannend ist es, ihren frühen hier aufgezeichneten Interpretationen zu folgen und sie im Vergleich zu heutigen Darbietungen zu hören. Noch erwähnt sei, dass alle Aufnahmen technisch hochwertig sind und die Musik mit angenehm trockener Akustik darbieten und somit keine Wünsche offen lassen Das Begleitheft gibt zu den einzelnen Werken kurze instruktive Erläuterungen. The international ARD Music Competition prescribes for the contemporary piece to be performed a work which is commissioned by the competition itself. This recording reunites such compositions, and the result is a thrilling compendium with musicians who have meanwhile made their way and are today acclaimed artists." |
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BR-Klassik BR-KLASSIK, das Label des Bayerischen Rundfunks (BR), veröffentlicht herausragende Live-Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), des Chors des Bayerischen Rundfunks, des Münchner Rundfunkorchesters sowie der Konzertreihe musica viva. Dabei ist es ein wesentliches Ziel des Senders, über seine Radio- und TV-Programme hinaus auch digital sowie via CD und DVD allen Musikfreunden weltweit Zugang zu besonderen Aufnahmen zu bieten und auf diese Weise auch jenes Publikum zu erreichen, welches keine Möglichkeit hat, die Konzerte der internationalen Tourneen selbst vor Ort live zu erleben. Neben den jeweiligen Chefdirigenten wie beispielsweise Mariss Jansons oder Sir Simon Rattle finden sich großartige Künstlerpersönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Bernard Haitink und viele andere mehr. Die Reihe BR-KLASSIK WISSEN liefert unterhaltsame und kurzweilige Hörbiografien von Jörg Handstein mit vielen Hintergrundinformationen und Musikbeispielen auf jeweils 4 CDs, erzählt von Udo Wachtveitl sowie spannende Werkeinführungen in bedeutende Kompositionen der Musikgeschichte. Durch die Reihe BR-KLASSIK ARCHIVE werden historische Aufnahmen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wieder verfügbar. Beispielsweise die legendäre Aufführung des Verdi-Requiems unter der Leitung Ricardo Mutis mit Jessye Norman, Agnes Baltsa, José Carreras und Jewgenij Nesterenko und dem Chor des BR im Jahr 1981 oder etwa denkwürdige Konzertabende mit der Pianistin Martha Argerich: 1973 unter Leitung von Eugen Jochum mit Mozarts Klavierkonzert KV 456 sowie zehn Jahre später mit Beethovens Klavierkonzert Nr.1 unter Seiji Ozawa. Mittlerweile umfasst der gesamte Katalog über 200 Aufnahmen und hat bereits mehr als 50 renommierte und internationale Auszeichnungen erhalten, darunter den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, den Diapason d’or, den BBC Music Magazine Award und den ICMA. BR-KLASSIK wird weltweit durch NAXOS vertrieben. Selbstverständlich gehören hierzu auch digitale Portale wie Spotify, Apple, amazon u.v.a.. Die Naxos Music Library präsentiert zudem für Universitäten und öffentliche Bibliotheken via Internet einen ständig wachsenden Katalog mit tausenden von Titeln weltweit führender Labels. Studenten, Lehrpersonal und andere Benutzer können sich jederzeit einloggen und in der Bibliothek, im Hörsaal, im Studentenwohnheim, im Büro oder zu Hause das komplette Repertoire abrufen - auch die Aufnahmen von BR-KLASSIK. Mehr Info... |
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