
Tomásek, Václav Jan Krtitel - Sonaten für Fortepiano
Prag um 1800
Label/Verlag: Supraphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Petra Matejová deutet Klavierwerke von Václav Jan Kritel Tomáek auf einem historischen Instrument. Das ist eine charmante Repertoirebereicherung, hat allerdings nicht die zwingende Überzeugungskraft anderer Repertoireentdeckungen.
‚Musik aus dem Prag des 18. Jahrhunderts’ nennt sich die vorliegende CD im Untertitel – was insofern nicht ganz stimmt, als die eingespielten drei Klaviersonaten allesamt um 1799-1806 entstanden. Auch sonst nimmt es zumindest der eine der beiden Booklettexte (jener, der sich mit Tomášeks Schaffen befasst) mit den rein musikhistorischen Fakten (jenen, die über die Recherche zu Tomášek selbst hinausgehen) nicht so ganz genau.
Václav Jan Krtitel Tomášek (1774–1850) wurde erst 1806 zum Vollzeit-Musiker - zuvor hatte seine Karriere zwischen der Juristerei und der Musik geschwankt. Nicht zuletzt bedingt durch seinen lebenslangen Dienst am Hofe seines ehemaligen Schülers Graf Georg Franz Anton Buguoy konzentriert sich sein Œuvre (darunter 114 Werke mit Opuszahl) vor allem auf Lieder und Klaviermusik; nur ein Viertel seines Schaffens deckt andere Gattungen ab, darunter auch anderthalb Opern. Die drei hier vorgelegten Sonaten Es-Dur op. 13, C-Dur op. 14 und A-Dur op. 26 (später als op. 48 wiederveröffentlicht) sind allesamt Tonträgerpremieren.
Wie jene von Hummel, dem späten Haydn oder dem frühen Beethoven gehören Tomášeks Sonaten jenem Stil zu, der gerne als Wiener Klassik bezeichnet wird, mit einem Hauch Frühromantik in der einen oder anderen harmonischen Wendung. Alle drei Sonaten sind traditionell viersätzig, in den beiden früheren Opera mit je einem Menuett als zweitem Satz, das in der dritten Sonate durch ein Scherzo abgelöst ist. Von wirklich eigenem Charakter sind die Sonaten nicht – da wäre der Blick auf andere Klavierkompositionen Tomášeks vielleicht interessanter gewesen, die seinen Ruf als Meister des lyrischen Klavierstücks besser hätten erklären können. Zwar ist das erwähnte Scherzo bereits ein entsprechender Satz, ebenso wie seine langsamen Sätze (auf denen Robert Schumann hörbar aufbaut), doch atmen gerade die Ecksätze nicht selten eher noch klassischen Geist.
Petra Matejová auf einem Flügel nach Bertsche 1815 (leider erfährt man über den Wiener Klavierbauer Jacob Bertsche und das verwendete Instrument nicht ein Wort) liefert eine solide, jedoch nicht außerordentliche Leistung ab, die das traditionelle Element in Tomášeks Musik eher bestätigt denn das Gegenteil hervorhebt. Ihre agogische Ausführung ist lebendig, doch konterkariert sie an mancher Stelle etwas störend das Metrum, so dass sich die Formgestalt nicht immer mit voller Überzeugungskraft überträgt. Auch kann die Betreuung des Flügels nicht mit den besten Produktionen im Bereich der historisch informierten Aufführungspraxis mithalten, und auch die Aufnahmetechnik nimmt dem Nachbau des historischen Instruments mehr von seinem Charakter, als dass sie ihn unterstützte. So bleibt die CD zwar eine charmante Repertoirebereicherung, doch nicht von jener unmittelbar zwingenden Überzeugungskraft, die andere Produktionen mitunter an den Tag legen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Tomásek, Václav Jan Krtitel: Sonaten für Fortepiano |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Supraphon 1 05.05.2017 |
Medium:
EAN: |
CD
099925422325 |
![]() Cover vergössern |
Supraphon Supraphon Music ist das bedeutendste tschechische Musiklabel und besitzt bereits eine lange Geschichte. Der Name "Supraphon" (der ursprünglich ein elektrisches Grammophon bezeichnete, das zu seiner Zeit als Wunderwerk der Technik galt) wurde erstmals 1932 als Warenzeichen registriert. In den Nachkriegsjahren erschien bei diesem Label ein Großteil der für den Export bestimmten Aufnahmen, und Supraphon machte sich in den dreißiger und vierziger Jahren besonders um die Verbreitung von Schallplatten mit tschechischer klassischer Musik verdient. Die künstlerische Leitung des Labels baute allmählich einen umfangreichen Titelkatalog auf, der das Werk von BedYich Smetana, Antonín Dvorák und Leos Janácek in breiter Dimension erfasst, aber auch andere große Meister der tschechischen und der internationalen Musikszene nicht vernachlässigt. An der Entstehung dieses bemerkenswerten Katalogs, auf den Supraphon heute stolz zurückblickt, waren bedeutende in- und ausländische Solisten, Kammermusikensembles, Orchester und Dirigenten beteiligt. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Supraphon:
-
Prachtvolle orchestrale Spätwerke: Tomáš Netopil und das Radio-Symphonieorchester Prag präsentieren fünf Werke aus der Feder ihres Landsmannes Bohuslav Martinů und können dabei vollauf überzeugen. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
-
Ausflug ins tschechische Viola-Repertoire: Jitka Hosprová engagiert sich leidenschaftlich für drei tschechische Violakonzerte, die allerdings in ihrer Substanz nur teilweise gelungen sind. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
-
Musikstadt Prag: Supraphon bringt eine Zusammenstellung aus verschiedensten Orchesterstücken mit Bezug zu Prag heraus. Weiter...
(Anneke Link, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Deskriptiv: Paul Wranitzky erweist sich als feinsinniger 'Programmsinfoniker'. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Um den jüngsten Sohn: Varvara Manukyan ringt mit historischen Ästhetiken in aufnahmetechnisch problematischer Umgebung. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Differenziert raffiniert: Komplexe Kammermusik aus einem vornehmen österreichischen Haushalt. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Halbfinale: Ein Projekt auf der Zielgeraden: Gregor Meyer steuert mit dem siebten Teil des geistlichen Gesamtwerks von Johann Kuhnau auf das Finale zu. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Abschiedsgabe: Wolfgang Carl Briegel ist sicher einer jener Komponisten, die zu unterschätzen aus heutiger, auf wenige Größen verengter Perspektive, mancher Gefahr laufen könnte. Das Ensemble Polyharmonique setzt dem ein entschiedenes Plädoyer entgegen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Um den jüngsten Sohn: Varvara Manukyan ringt mit historischen Ästhetiken in aufnahmetechnisch problematischer Umgebung. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich