
Beethoven, Ludwig van - Sinfonie Nr. 9
Am zweiten Ort
Label/Verlag: Alpha Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine attraktive neue Lesart, autoritativ und mit großer Liebe dargeboten, aber nicht ganz ausreichend zur Übernahme der Position des absoluten Spitzenreiters.
Beethovens Neunte ist seit dreißig Jahren kein Fremdling in der historisch informierten Aufführungspraxis, und jede Neueinspielung muss von vornherein mit beachtlicher Konkurrenz rechnen. In seiner Reihe ‚Resound Beethoven‘ haben das Orchester Wiener Akademie und sein Leiter Martin Haselböck nun ihren Beitrag beigesteuert, an dem historischen Ort ihrer zweiten Aufführung, dem Redoutensaal der Wiener Hofburg (der Uraufführungsort Kärtnertortheater war schon 1870 abgerissen worden). Das Datum dieser Aufführung (23. Mai 1824) muss man im Booklet suchen (es findet sich nicht etwa im Booklettext, sondern auf der Rückseite des Digipack); auch der (ebenfalls nicht mehr existierende) Ort der englischen Erstaufführung, die Londoner Hannover Square Rooms, finden keine Erwähnung, obschon die Londoner Philharmonic Society für die Entstehung des Werks keine unbeachtliche Rolle spielte.
Wie schon in den vorherigen Folgen von ‚Resound Beethoven‘ ist auch Haselböcks Neunte eine eher Wienerisch-Traditionelle denn Gegen-den-Strich-Bürstende-Ungewohnte à la Norrington, Brüggen oder Gardiner. Sie geht somit einen Weg etwa zwischen den ‚Extremisten‘ der historisch informierten Aufführungspraxis und den Progressiven der ‚nicht historisch informierten‘ Dirigenten (Abbado, Zinman). Viele schöne Momente zeichnen die Interpretation aus, in den Details überzeugt sie am stärksten; auch der langsame Satz ist wunderbar sanglich geraten. Die stärkste Konkurrenz kann er aber in Sachen dramatischer Bogen oder klangliche Raffinesse nicht überbieten, ist im Finale aber ganz weit vorne mit dabei. Auch aufnahmetechnisch sind manche Stimmen nicht immer ganz von jener Präsenz, die Roger Norrington mit den London Classical Players hervorheben konnte – der Redoutensaal zeigt offenbar auch gewisse Einschränkungen, bei aller Klarheit und unüberhörbaren Liebe zum Objekt, die diese Einspielung auszeichnet.
Sehr schön kommen im Schlusssatz sowohl die Orchester- als auch die Gesangsstimmen zur Geltung, allerdings nur in Bereich diesseits des Forte – in der Schlussstretta gehen manche Instrumente fast unter (und manche Klänge scheinen geringfügig später am Mikrofon anzukommen als dies sein sollte). Den Chorus Sine Nomine (Chordirektor Johannes Hiemetberger) kann man fast durchgegehend verstehen. Mit Laura Aikin, Michaela Selinger, Steve Davislim und José Antonio López ist ein sprachlich nicht immer ganz sicheres, klanglich insgesamt attraktives Quartett aufgeboten, das aber aufgrund von etwas fehlender klanglicher Homogenität (die auch aufnahmetechnisch bedingt zu sein scheint) nicht die besten Solistenquartette überbieten kann, sich vielmehr dem Ensemblegeist unterordnet. Eine attraktive neue Lesart, autoritativ und mit großer Liebe dargeboten, aber nicht ganz ausreichend zur Übernahme der Position des absoluten Spitzenreiters.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Beethoven, Ludwig van: Sinfonie Nr. 9 |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Alpha Classics 1 03.03.2017 |
Medium:
EAN: |
CD
3760014194764 |
![]() Cover vergössern |
Alpha Classics "Haute-Couture-Label", "Orchidee im Brachland der Klassikbranche" oder schlicht "Wunder", das sind die Titel mit denen das französische Label ALPHA von der Fachpresse hierzulande bedacht wird. In der Tat ist die Erfolgsgeschichte des Labels ein kleines Wunder. Honoriert wurde hiermit die Pionierlust und Entdeckerfreude des Gründers Jean-Paul Combet und die außerordentliche Qualität seiner Künstler und Ensembles (z.B. Vincent Dumestre, Marco Beasley, Christina Pluhar u.v.a.), aber auch die auffallend schöne, geschmackvolle Präsentation der Serie "ut pictura musica" mit ihren inzwischen mehr als 200 Titeln. Das schwarze Front-Layout und die Grundierung mit venezianischem Papier im Innern sind mittlerweile genauso zum Markenzeichen geworden wie die ausgesprochen stimmungsvollen Fotografien der Aufnahmesitzungen durch den Fotografen Robin Davies. Das Programm umfasst die Zeitspanne von der mittelalterlichen Notre Dame-Schule bis hin zur klassischen Moderne, doch ist nach wie vor ein deutlicher Schwerpunkt auf Alte Musik zu erkennen. Innerhalb des Labels möchte die zweite, auch "Weiße Reihe" genannte, Serie "Les Chants de la terre" die ältesten Quellen musikalischen Ausdrucks erkunden. Mit Virtuosität und Spielfreude widmet man sich hier dem Beziehungsfeld von schriftlich überlieferten und mündlich weitergegebenen Musiktraditionen, um alte Melodien zu neuem Leben zu erwecken. Trotz akribischer musikwissenschaftlicher Recherche geht es hier nicht um eindimensionale, akademisch trockene Werktreue, sondern um lebendigen Umgang mit altem Material. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Alpha Classics:
-
Seele getroffen: Werke von Clara und Robert Schumann auf historischem Bechstein (1860) eingespielt - Pianist Martin Helmchen zeigt sensationelle Klavierkunst. Weiter...
(Manuel Stangorra, )
-
Zwischen Autonomie und Programmatik: Vicor Julien-Laferrière und das Orchestre Nationale de France unter David Robertson beglücken mit Cellokonzerten von Henri Dutilleux und Pascal Dusapin. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Großes Barock-Schauspiel: Véronique Gens beherrscht die Kunst barocker Diven wie kaum eine andere. Auf ihrer CD 'Passion' zieht sie damit den Zuhörenden in den Bann. Im September steht sie mit diesem Programm live auf Bayreuths Barockbühne. Weiter...
(Christiane Franke, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Kein überzeugendes Plädoyer: Dem Constanze Quartett mangelt es an rhetorischer Überzeugungskraft, um drei Streichquartette Emilie Mayers zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Pionierleistungen: Bedeutsame Dokumente der Havergal-Brian-Diskografie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Jugendliche Größe in der Musik: Henry Raudales und das Münchner Rundfunkorchester brillieren mit Mendelssohns sämtlichen Streichersymphonien. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Auf der Suche nach einer verlorenen Zeit: Alexander Glasunows aparte Streichquartette liegen nun endlich in einer Gesamteinspielung vor. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Großes Violinkonzert – großartig interpretiert: Ewelina Nowicka und das Polish National Radio Symphony unter Zygmunt Rychert meistern (unbekannte) Violinwerke von Ludomir Różycki. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Jetzt im klassik.com Radio


Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich