
Bach, Carl Philipp Emanuel - Große Festkantaten
Für den Herrn Pastor
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Festkantaten Carl Philipp Emanuel Bachs sind musikalisch reizvoll, auch wenn sie stilistisch nur schwer in übliche Kategorien einzuteilen sind. Die Umsetzung ist tadellos.
1771 bzw. 1787 wurden Johann Matthias Klefeker und Heinrich Julius Willerding an St. Michael bzw. St. Petri in Hamburg eingeführt. Zu diesen Anlässen schuf Carl Philipp Emanuel Bach Festkantaten. Solche Kantaten, so anspruchsvoll sie in der Zeit gewesen sein mögen, hatten naturgemäß kaum ein Nachleben (selbst im Wotquenne-Verzeichnis fehlen sie noch 1905); nicht selten wurden sie entweder aus anderen Werken gespeist oder für Werke allgemeineren Charakters später weiterverwendet (man spricht ggf. von Pasticci bzw. Parodiekantaten). Die frühere Kantate 'Ich will dem Herrn lobsingen' läuft bislang offenbar nicht als Parodie- oder Pasticcio-Werk wie die zweite 'Wer sich rühmen will'; ein Schattendasein beider Kantate ist angesichts der hohen Qualität der Musik mehr als bedauerlich. Wenn man so will, bietet Bach hier eine Mischung aus spätbarockem Rezitativ, Arien des sogenannten empfindsamen Stils und Haydn‘scher ‚Wiener Klassik’ (was natürlich den Begriff der Wiener Klassik aushebelt) – die Verwendung althergebrachter Etiketten funktioniert aber hörbar nicht mehr wirklich.
Cantus und Capella Thuringia unter Bernhard Klapprott erweisen sich in diesem aufnahmetechnisch rundum überzeugenden Live-Mitschnitt aus der Leipziger Thomaskirche vom 8. März 2014 als bestens aufgelegte Sachwalter der Musik – auch wenn der vierzehnköpfige Chor gelegentlich etwas zu klein besetzt wirken könnte, erweist sich seine Stimmkraft doch als mehr als nur adäquat –, nicht zuletzt auch weil die Solisten im Chor mitwirken. Gerade hierdurch aber ergibt sich eine besondere Homogenität und ein unmittelbarer Ausdruck. Zweien der vier Solisten wünscht man bereits jetzt eine nachhaltige internationale Karriere, allen voran der Sopranistin Monika Mauch, ausgestattet mit jugendlicher Frische und genügenden Farben und Durchsetzungskraft sowie einer sehr guten Registerverblendung. Der Tenor Mirko Ludwig empfiehlt sich als autoritativer Evangelist und erinnert klangfarblich ein wenig an Kurt Equiluz und Claes Hakon Ahnsjö, jedoch in der Höhe gelegentlich etwas nasal-unfrei klingt. Der Bariton Guillaume Olry kann nicht ganz mithalten; er ist leider etwas tiefenschwach und bei Verzierungen nicht ganz frei. Vielleicht lässt sich seine Stimme noch weiterentwickeln, vielleicht ist er auch eher ein Ensemble- als Solosänger. Am wenigsten zu tun hat die Mezzosopranistin Margot Oitzinger, die nur in der späteren Kantate solistisch hervortritt und eine tadellose, hier durchaus angemessen unauffällige Leistung bietet.
Insgesamt aber haben wir hier eine ausgesprochen erfreuliche Veröffentlichung, die uns klar macht, dass das 18. Jahrhundert musikalisch wahrlich aus mehr besteht als Bach und Händel einerseits und Haydn und Mozart andererseits.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Große Festkantaten |
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Label: Anzahl Medien: Spielzeit: |
cpo 1 73:08 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
3767863795821 cpo 777 958-2 |
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Bach, Carl Philipp Emanuel |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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