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Freitag, 9. Juni 2023

Scarlatti, Domenico - Klaviersonaten

Zur ruhigen Teestunde


Label/Verlag: MDG
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Besonnen und etwas zu unauffällig kommen Domenico Scarlattis Sonaten auf dem Klavier mit der Japanerin Eri Mantani daher. Aber stilsicher und gut aufgenommen.

Jedes Scarlatti-Recital ist für sich ein kleines Kunstwerk der Interpretation: Auswahl und Reihenfolge (auch Tonartenfolge) der Stücke, zudem der Umgang mit den gewählten Eigenheiten des Instruments (Cembalo oder ‚moderner‘ Konzertflügel) und die eigenen Phrasierungsvorlieben machen aus solchen in sich geschlossenen Aufnahmen oft ganz individuelle Entdeckungsreisen. Die Japanerin Eri Mantani, unter anderem in Rostock ausgebildet und lehrend, enttäuscht hier nicht mit einer Mischung aus eher neu Entdeckenswertem – wie der schön ebenmäßig vorgetragenen H-Dur-Sonate Kk. 245 – und sehr Bekanntem wie der virtuosen Presto-Sonate Kk. 492 oder der h-Moll-Sonaten Kk.87, deren eher zurückhaltender Vortrag hier bei weitem nicht die Klangvarianz und Ausdruckstiefe anderer Klavier-Interpreten von Horowitz bis Pogorelich erreicht.

Die ‚unhistorischen‘ Klavierklang-Vorzüge wie etwa das 'Jeu perlé' à la Marcelle Meyer in geläufigen Repetitionsfiguren (Kk. 492 und schon im Einstig mit Kk. 438) mag man vermissen; das in gemäßigten Tempi eher bevorzugte ‚schöne‘ Legato-Spiel stiftet beruhigende Einheit und auch etwas möglicherweise meditative Eintönigkeit bei aller Kontrastivität der gut gewählten Werkfolge. Mein Lieblingstück dieser Auswahl ist die in hohem Tempo sauber gestaltete Repetitionsorgie der Sonate Kk. 455, hier auch mit hinreichend spitzem ‚non legato‘. Der große Steinway klingt exzellent und wohnzimmergerecht, der Booklettext von Maja Hartwig etwas nach Seminararbeit mit groben Etiketten und Verzicht auf konkrete Beispiele aus den dargebotenen Sonaten. Für den japanischen und Rostocker Markt sicher interessanter als mit kritisch vergleichendem Blick auf die doch oft deutlich überragende Konkurrenz.


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Scarlatti, Domenico: Klaviersonaten

Label:
Anzahl Medien:
MDG
1
Medium:
EAN:
SACD
760623198767

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MDG

Die klangrealistische Tonaufnahme

»Den beim Sprechen oder Musizieren entstehenden Schall festzuhalten, um ihn zu konservieren und beliebig reproduzieren zu können, ist eine Idee, die seit langem die Menschen beschäftigte. Waren zunächst eher magische Aspekte im Spiel, die die Phantasie beflügelten wie etwa bei Giovanni deila Porta, der 1598 den Schall in Bleiröhren auffangen wollte, so führte mit fortschreitender Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens ein verhältnismäßig gerader Weg zur Lösung...« (Riemann Musiklexikon)

Seit Beginn der elektrischen Schallaufzeichnung ist der Tonmeister als »Klangregisseur« bei der Aufnahme natürlich dem Komponisten und dem Interpreten, aber auch dem Hörer verpflichtet. Die Mittel zur Tonaufzeichnung sind hinlänglich bekannt. Die Kriterien für ihren Einsatz bestimmt das Ohr. Deshalb für den Hörer hier eine Beschreibung unserer Hörvorstellung.

Lifehaftigkeit

In der Gewißheit, daß der Konzertsaal im Wohnzimmer (leider) nicht realisierbar ist, konzentriert sich unser Bemühen darauf, die Illusion einer Wirklichkeit zu vermitteln. Die Musik soll im Hörraum so wiedererstehen, daß spontan der Eindruck der Unmittelbarkeit entsteht, das lebendige Klanggeschehen mit der ganzen Atmosphäre der »Lifehaftigkeit« erlebt wird. Da wir praktisch ausschließlich menschliche Stimmen und »klassische« Instrumente - auch sie haben ihren Ursprung im Nachahmen der Stimme - aufnehmen, konzentriert sich unsere Klangvorstellung auf natürliche Klangbalance und tonale Ausgeglichenheit im Ganzen, und instrumentenhafte Klangtreue im Einzelnen. Darüber hinaus natürliche, ungebremste Dynamik und genaueste Auflösung auch der feinsten Spannungsbögen. Weitestgehend bestimmend für die Illusion der Lifehaftigkeit ist auch die Ortbarkeit der Klangquellen im Raum: freistehend, dreidimensional, realistisch.

Musik entsteht im Raum

Um diesen »Klangrealismus« einzufangen, ist bei den Aufnahmen von MDG eine natürliche Akustik unbedingte Voraussetzung. Mehr noch, für jede Produktion wird speziell in Hinblick auf die Besetzung und den Kompositionsstil der passende Aufnahmeraum ausgesucht. Anschließend wird »vor Ort« die optimale Plazierung der Musiker und Instrumente im Raum erarbeitet. Dieser ideale »Spielplatz« ermöglicht nun nicht nur die akustisch beste Aufnahme, sondern inspiriert durch seine Rückwirkung die Musiker zu einer lebendigen, anregenden Musizierlust und spannender Interpretation. Können Sie sich die Antwort des Musikers vorstellen auf die Frage, ob er lieber in einem trockenen Studio oder in einem Konzertsaal spielt?

Die Aufnahme

Ist der ideale Raum vorhanden, entscheidet sich der gute Ton an den Mikrofonen - verschiedene Typen mit speziellen klanglichen Eigenheiten stehen zur Auswahl und wollen mit dem Klang der Instrumente im Raum in Harmonie gebracht werden. Ebenso wichtig für eine natürliche Abbildung ist die Anordnung der Mikrofone, damit etwa die richtigen Nuancen in der solistischen Darstellung oder die Kompensation von Verdeckungseffekten realisierbar werden. Das puristische Ideal »nur zwei Mikrofone« kann selten den komplexen Anforderungen einer Aufnahme mit mehreren Instrumenten gerecht werden. Aber egal wie viele Mikrofone verwendet werden: Stellt sich ein natürlicher Klangeindruck ein, ist die Frage nach dem Zustandekommen des »Lifehaftigen« zweitrangig. Entscheidend ist, es klingt so, als wären nur zwei Mikrofone im Spiel.

Ohne irgendwelche »Verschlimmbesserer« wie Filter, Limiter, Equalizer, künstlichen Hall etc. zu benutzen, sammeln wir die Mikro-Wellen übertragerlos in einem puristischen Mischpult und geben das mit elektrostatischem Kopfhörer kontrollierte Stereosignal linear und unbegrenzt an den AD-Wandler und zum digitalen Speicher weiter. Dadurch bleiben auch die feinsten Einschwingvorgänge erhalten. Auf der digitalen Ebene wird dann ohne klangmanipulierende Eingriffe mit dem eigenen Editor in unserem Hause das Band zur Herstellung der Compact Disc für den Hörer erstellt, für Ihr hoffentlich großes Hörvergnügen.


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