
Bach, Johann Sebastian - Messe in h-Moll BWV 232
Verhalten und vorhersehbar
Label/Verlag: BR-Klassik
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine gesammelte, linear vorwärts gerichtete, fein ausschwingende Live-Aufführung der h-Moll-Messe Bachs legt BR-Klassik auf einer DVD mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks und Concerto Köln vor. Man hört feine Vokalkultur und mitteilsame Rhetorik.
Die großen Vokalwerke Bachs darf beim Bayerischen Rundfunk (BR) der Chordirigent einspielen, seit er Peter Dijkstra heißt. Sie sind nicht mehr Sache des Symphonieorchester-Chefdirigenten, da Dijkstra, der im letzten Jahr in München zugunsten Howard Armans demissionierte, statt des BR-Symphonieorchesters ein barockes ‚Originalklang-Orchester‘ verpflichtet. So ist das Klangbild der in der Nürnberger Lorenz-Kirche live eingespielten DVD mit der h-Moll-Messe licht und offen. Die festlichen Aufschwünge von Bachs Messe auf den katholischen Messtext bleiben mit Dijkstras Chor des Bayerischen Rundfunks und dem der historischen Aufführungsraxis verpflichteten Kammerorchester Concerto Köln locker und transparent. Sie atmen nicht jene spontane Expressivität, wie sie einst in München ein Karl Richter mit seinen dortigen Ensembles, dem Münchner Bachchor sowie dem Münchner Bachorchester, zuwege brachte.
Das soll die jetzige Aufnahme Dijkstras, die mit liebevollen Ausblicken auf Bilder und Skulpturen sowie die Fenster von St. Lorenz optisch dezent garniert ist, nicht schmälern. Reizvolle Bilder aus der Höhe in das lang gestreckte Nürnberger Kirchenschiff stehen für die Überschau, die Dijkstra für das geistliche Essenz-Werk Bachs beweist. Aber wie die im zweisprachigen Textheft (deutsch, englisch, mit einer qualifizierten Werkeinführung Judith Kaufmanns versehen) niedergelegten lichtdramaturgischen Absichten der Aufführungsregie dann doch auf der Strecke bleiben, hätte Dijkstras aufmerksam-freundliche Direktion doch mehr Begeisterung und Spontaneität vertragen. Dijkstras Annäherung an Bachs Hohe Messe blieb da eher temperiert. Er steigerte von langer Hand vorbereitet, nicht aus dem Augenblick heraus ergriffen.
So waren das flutende 'Sanctus' und das ekstatische 'Osanna' transparent und stimmlich virtuos vorgetragen, wirkten aber doch zu sehr rhythmuslastig, straff und in deutlicher Sicherheit durchgezogen. Da mangelte es an expressiver Ergriffenheit. Auch in einigen Nummern des vorangegangenen 'Credo' drang Dikstra aus der Metrumlastigkeit nicht ins Visionäre vor.
Erhebende Momente
Doch es gab bei dieser Aufführung in St. Lorenz auch erhebende Momente. Erwähnenswert ist die hohe Eindringlichkeit, mit der in dichtem Legato die die Messe verklammernden Dankes- und Friedens-Chöre in 'Gloria' und 'Agnus Dei' ('Gratias agimus', 'Dona nobis pacem') machtvoll und ausladend stimmlich zum Strahlen gebracht wurden. Auch die feierliche und andächtige Konzentriertheit, die der BR-Chor für das 'Et incarnatus est' im 'Credo' mit introvertiertem Schönklang aufbrachte, ist ein Lichtpunkt der Nürnberger Aufführung.
Das Barockorchester Concerto Köln spielte als Pendant zum stark besetzten, stimmtechnisch versieren BR-Chor zwar flüssig und verlässlich, wurde vom klangergiebigen Chor aber doch zu stark dominiert. Der im Ergebnis sehr plastischen Klangregie gelang es nicht immer, die Differenzen auszugleichen. Wo es versucht wurde, wie im 'Credo'-Eingangschor, wurde dann aber des Guten zuviel getan und die Trompeten wirkten überzogen ('Patrem omnipotentem'). Feinsinnig brachten die Instrumentalsolisten des Concerto Köln ihre obligaten Begleitungen zu den Gesangssoli im 'Credo' ein.
Hier vertraute Dijkstra der in ihrem Stimmumfang weitreichenden Mezzosopranistin Anke Vondung die normalerweise dem hohen Sopran vorbehaltene Arie 'Laudamus te' an, der die Mezzosopranistin mit vibrierender Stimme einen irisierenden Schimmer verleiht. Dunkel abgedeckt hört man von Vondung am Ende die 'Agnus Dei'-Arie. Mit heller Substanz und lebendiger Wärme gestaltet Christina Landshamer die übrigen Sopranpartien. Gut durchdringend, hochbeweglich und energisch artikulierend singt Maximilian Schmitt die Tenor-Soli. Ebenfalls stimmlich flexibel, aber in der Intonationsgenauigkeit zuweilen eher approximativ agiert der Bass Andreas Wolf.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Johann Sebastian: Messe in h-Moll BWV 232 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
BR-Klassik 1 24.02.2017 106:21 2016 |
Medium:
EAN: BestellNr.: Booklet |
DVD
4035719005165 900516 |
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Bach, Johann Sebastian |
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"JOHANN SEBASTIAN BACH Messe in h-Moll, BWV 232 Mit der Hohen Messe in h-Moll setzte Bach seinem kompositorischen Lebenswerk einen Höhe- und gleichzeitig den Schlusspunkt: diese große katholische Messe, seine einzige Messkomposition, in der er das vollständige Ordinarium des lateinischen Messetextes vertont hat, war sein letztes großes Vokalwerk. Nachdem er 1733 bereits eine Missa aus Kyrie und Gloria geschrieben hatte, stellte er die übrigen Sätze kurz vor dem Ende seines Lebens aus Bearbeitungen früher komponierter Sätze überwiegend aus seinen Kantaten und aus neu geschaffenen Abschnitten zusammen. Diese 1748/49 vollendete Messe ist ein musikalisches Meisterwerk; selbst Bachs originale Partiturhandschrift ist ein eigenes Kunstwerk und wird durch das Weltdokumentenerbe der UNESCO geschützt. Steht auch die barocke musikalische Pracht immer im Vordergrund, so sind doch besinnliche Momente und die innigen Choräle ebenso ganz wesentliche Bestandteile dieser feierlichen, festlichen Missa solemnis, die sich aus achtzehn Chorsätzen und neun Arien zusammensetzt. Das lateinische Ordinarium bildet den Seidenfaden, an dem alle diese musikalischen Perlen aufgereiht sind Die Musik von Bachs Messe h-Moll ist auch nach annähernd dreihundert Jahren immer noch lebendig, frisch und ein wahrer barocker Hochgenuss mag man sie nun im Konzert oder von der Schallplatte erleben. Was den hier veröffentlichten Live-Mitschnitt der konzertanten Aufführung vom Juni 2016 besonders macht, sind die unverbrauchten Stimmen der ebenso jungen wie hervorragenden Vokalsolisten, der immer wieder in höchsten Tönen gelobte glasklare Klang und die ungeheure Plastizität des Chors des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Peter Dijkstra und natürlich das renommierte Originalklang-Ensemble Concerto Köln. Und es ist zusätzlich die lebendige Live-Atmosphäre eines Konzertereignisses, das das Publikum begeisterte und den Münchner Rezensenten sogar das Adjektiv zauberhaft zu entlocken vermochte ein seltenes, in diesem Falle aber hochverdientes Lob! Bachs Messe h-Moll wird nun auch auf DVD veröffentlicht: als Mitschnitt eines Konzerts anlässlich der ION Internationale Orgelwoche Nürnberg in der Nürnberger St. Lorenzkirche. Christina Landshamer, Sopran Anke Vondung, Mezzosopran Maximilian Schmitt, Tenor Andreas Wolf, Bassbariton Chor des Bayerischen Rundfunks Concerto Köln Leitung: Peter Dijkstra " |
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BR-Klassik BR-KLASSIK, das Label des Bayerischen Rundfunks (BR), veröffentlicht herausragende Live-Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), des Chors des Bayerischen Rundfunks, des Münchner Rundfunkorchesters sowie der Konzertreihe musica viva. Dabei ist es ein wesentliches Ziel des Senders, über seine Radio- und TV-Programme hinaus auch digital sowie via CD und DVD allen Musikfreunden weltweit Zugang zu besonderen Aufnahmen zu bieten und auf diese Weise auch jenes Publikum zu erreichen, welches keine Möglichkeit hat, die Konzerte der internationalen Tourneen selbst vor Ort live zu erleben. Neben den jeweiligen Chefdirigenten wie beispielsweise Mariss Jansons oder Sir Simon Rattle finden sich großartige Künstlerpersönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Bernard Haitink und viele andere mehr. Die Reihe BR-KLASSIK WISSEN liefert unterhaltsame und kurzweilige Hörbiografien von Jörg Handstein mit vielen Hintergrundinformationen und Musikbeispielen auf jeweils 4 CDs, erzählt von Udo Wachtveitl sowie spannende Werkeinführungen in bedeutende Kompositionen der Musikgeschichte. Durch die Reihe BR-KLASSIK ARCHIVE werden historische Aufnahmen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wieder verfügbar. Beispielsweise die legendäre Aufführung des Verdi-Requiems unter der Leitung Ricardo Mutis mit Jessye Norman, Agnes Baltsa, José Carreras und Jewgenij Nesterenko und dem Chor des BR im Jahr 1981 oder etwa denkwürdige Konzertabende mit der Pianistin Martha Argerich: 1973 unter Leitung von Eugen Jochum mit Mozarts Klavierkonzert KV 456 sowie zehn Jahre später mit Beethovens Klavierkonzert Nr.1 unter Seiji Ozawa. Mittlerweile umfasst der gesamte Katalog über 200 Aufnahmen und hat bereits mehr als 50 renommierte und internationale Auszeichnungen erhalten, darunter den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, den Diapason d’or, den BBC Music Magazine Award und den ICMA. BR-KLASSIK wird weltweit durch NAXOS vertrieben. Selbstverständlich gehören hierzu auch digitale Portale wie Spotify, Apple, amazon u.v.a.. Die Naxos Music Library präsentiert zudem für Universitäten und öffentliche Bibliotheken via Internet einen ständig wachsenden Katalog mit tausenden von Titeln weltweit führender Labels. Studenten, Lehrpersonal und andere Benutzer können sich jederzeit einloggen und in der Bibliothek, im Hörsaal, im Studentenwohnheim, im Büro oder zu Hause das komplette Repertoire abrufen - auch die Aufnahmen von BR-KLASSIK. Mehr Info... |
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