
Svoboda, Karel - Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Kindheitsträume werden wahr
Label/Verlag: Supraphon
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Es soll ja Leute geben, die sich alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit per Festnetz oder SMS die Sendezeiten eines bestimmten Films zukommen lassen, um ihn dieses Mal bestimmt nicht zu verpassen. Dieser Film heißt ‚Drei Nüsse für Aschenbrödel’. Und wer kennt sie nicht, diese Koproduktion des Filmstudios Barrandov und der DEFA-Studios für Spielfilme Potsdam-Babelsberg aus dem Jahr 1973? Der Film ist seit unseren Kindheitstagen Kult geworden und ihn anzusehen gehört für viele seit Jahren zu den unumstößlichen Vorweihnachtsritualen, ohne die der Advent nur halb so schön wäre.
Mitten im Jahr hat ‚Supraphon’ den unzähligen Filmfreunden eine außerordentlich reiche Bescherung zuteil werden lassen: mit satten 42 Minuten ist nun die Filmmusik zu ‚Drei Nüsse für Aschenbrödel’ von Karel Svoboda auf den Silberling gepresst worden. Ein Fest für all jene, die seit Jahren auf eine solche Veröffentlichung gewartet haben. Bislang existierte in Tschechien lediglich eine Hörspielversion des Films in wenig überzeugender Klangqualität und naturgemäßer Unterbelichtung des originalen Soundtracks. Das lange Warten hat ein Ende und es hat sich gelohnt.
Karel Svoboda, Jahrgang 1936, zählt zu den Paradekomponisten der tschechischen Märchenfilme und –serien. Aus seiner Feder stammen die Soundtracks zu ‚Pan Tau’ und vor allem ‚Die Biene Maja’, deren Titelsong von Karel Gott gesungen wurde und eine Art Unsterblichkeitsstatus genießt. Svobodas Markenzeichen sind eingängige Themen, arrangiert in nicht allzu opulenten, dafür aber umso ausgefeilteren Orchestrierungen. Auch die Musik zu ‚Drei Nüsse für Aschenbrödel’ ist mit den Mitteln eines klassischen Symphonieorchesters gearbeitet. Zusätzlich übernehmen Cembalo, Blockflöten und E-Gitarre eine nicht unwesentliche Rolle.
Die Melodien: wer kennt sie nicht? Eigentlich sollte man hier vom Singular reden, denn im Grunde enthält die Filmmusik nur eine einzige Melodie, die dann aber in extenso verarbeitet wird, mal in perlenden Akkordbrechungen durch Klavier und Cembalo, mal in walzerseligem Streicherklang, mal in Dur und mal in Moll. Das Thema der bösen Stiefmutter ist über der verminderten Quint, dem so genannten Tritonus aufgebaut, einem Intervall, das in der traditionellen Harmonielehre seit jeher als verboten galt und stets Dämonisches und Teuflisches suggerierte. Svoboda spielt auf der Klaviatur des musikgeschichtlichen Vokabulars, was zwar keineswegs spektakulär, aber gerade deshalb umso wirkungsvoller ist.
Die Musik wurde vom Prager Film-Sinfonieorchester unter der Leitung von Stepan Konicek eingespielt. Da es sich bei dieser Aufnahme wohl um den original eingespielten Soundtrack handelt, bei dem – dem Filmbusiness entsprechend – wenig Zeit für Proben blieb, muss der Hörer manche Ungenauigkeit in Artikulation und Intonation in Kauf nehmen. Den Klangpuristen sei die Freude vielleicht etwas getrübt durch die Tatsache, dass es sich hier um Mono-Aufnahmen handelt. Offenbar bemühte sich die Tontechnik, den 30 Jahre alten Aufnahmen einen einigermaßen befriedigenden Stereoeffekt zu verleihen, was ihr auch gelungen ist. Dem Alter der Bänder entsprechend klingt die Aufnahme sehr präsent und vordergründig, wobei die Soloinstrumente oftmals sehr prominent in Erscheinung treten. Das Klangbild ist dennoch höhen- und tiefenausgewogen.
Das zuckersüßliche Cover des Booklets zeigt Libuse Safrankova, die Darstellerin des Aschenbrödels sowie Standfotos aus dem Film, enthält darüber hinaus aber lediglich eine Auflistung der einzelnen Tracks. Gerade bezüglich dieses Films und des Komponisten wünschte man sich mehr Informationen.
Eine schöne Bescherung im Hochsommer – im wahrsten Sinne.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Svoboda, Karel: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: Veröffentlichung: |
Supraphon 1 16.06.2003 42:27 1973 2003 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
0099925547424 SU 5474-2 301 |
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Svoboda, Karel |
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Supraphon Supraphon Music ist das bedeutendste tschechische Musiklabel und besitzt bereits eine lange Geschichte. Der Name "Supraphon" (der ursprünglich ein elektrisches Grammophon bezeichnete, das zu seiner Zeit als Wunderwerk der Technik galt) wurde erstmals 1932 als Warenzeichen registriert. In den Nachkriegsjahren erschien bei diesem Label ein Großteil der für den Export bestimmten Aufnahmen, und Supraphon machte sich in den dreißiger und vierziger Jahren besonders um die Verbreitung von Schallplatten mit tschechischer klassischer Musik verdient. Die künstlerische Leitung des Labels baute allmählich einen umfangreichen Titelkatalog auf, der das Werk von BedYich Smetana, Antonín Dvorák und Leos Janácek in breiter Dimension erfasst, aber auch andere große Meister der tschechischen und der internationalen Musikszene nicht vernachlässigt. An der Entstehung dieses bemerkenswerten Katalogs, auf den Supraphon heute stolz zurückblickt, waren bedeutende in- und ausländische Solisten, Kammermusikensembles, Orchester und Dirigenten beteiligt. Mehr Info... |
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