
Bach, Carl Philipp Emanuel - Orgelsonaten
Prinzipalchor mit preußischer Empfindsamkeit
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ausgewählte Orgelsonaten C.P.E Bachs in einer Neueinspielung des Organisten Iain Quinn zeichnen ein klares Bild von Form und Ausdruck.
Carl Philipp Emanuel Bachs Orgelsonaten - in den Jahren um 1755 komponiert - vereinen wie keine anderen Werke dieser Gattung zwei Stile der Mitte des 18. Jahrhunderts: die frischen, anmutig grazilen, affektiven, schwungvoll-manierierten Ausbrüche des Empfindsamen Stils und die Klarheit strengerer, traditionellerer Orgelspielweisen Bachscher Familientradition. Neben den meisten Stücken für Tasteninstrumente sind die Sonaten der Serie Wq.70 dediziert für die Orgel komponiert. Dreisätzig nach italienischem Vorbild (schnell - langsam - schnell) konzipiert und schließlich den Spielkünsten der kulturell ambitionierten preußischen Prinzessin Anna Amalia (1723-1787) gewidmet, verkörpern C.P.E. Bachs Sonaten eine Musik, die harmonisch intelligent gearbeitete Phrasen mit melodischem Detailblick und teilweise kühner Klangrhetorik verbindet, wie man es eigentlich vor allem von C.P.E. Bachs Sonaten fürs Clavier kennt.
Im Jahr 2014 nahm sich der walisische Organist, Professor für Orgel an der Florida State University und Spezialist für besonderes Orgelrepertoire Iain Quinn fünf der sechs Sonaten Wq.70 an und schuf damit eine reizvolle, künstlerisch ausbalancierte Aufnahme. Programmatisch schlüssig wurde der Einspielung noch die Sonate in A, Wq.65/32 vorangestellt, obwohl sie an sich nicht zum Orgel-Sonatenset gehört. Quinns sowohl agogisch gefasstes Spiel als auch virtuos verzierte Wiederholungen fangen C.P.E. Bachs musikalischen Ideenreichtum überzeugend ein, öffnen sich aber bisweilen nicht zu einem freieren Umgang mit den Binnen-Tempi. Vergleichbare Einspielungen wie z.B. von Rainer Oster (DHM 2003) nehmen sich da deutlicher ausgeprägte Freiheiten heraus. Quinns umsichtige Artikulation vermehrt den Eindruck von Prägnanz und verleiht den Interpretationen der Sonaten Wq.70,3 – 6 einen schlanken, aber atmenden Charakter.
Eine besondere Erwähnung gebührt dem Instrument selbst. Die aus dem Jahre 2000 (Paul Fritts) stammende, historisch inspirierte Orgel der Miller Chapel des Princeton Theological Seminary (New Jersey) ist ein geschickte Wahl für C.P.E. Bachs, da die Disposition ihrer Register das klanglich zu unterstreichen vermag, was musikalisch den Sonaten inhärent ist. Gestimmt in einer wohltemperierten Stimmung namens ‚Kellner‘, die den Werckmeister-Stimmungen recht nahe ist, sind alle Tonarten spielbar, haben jedoch jeweils eine sehr eigene Farbgebung. So bekommen die manchmal gewagten Ausweichungen und Modulationen C.P.E. Bachs in entferntere Tonarten sehr viel mehr Ausdruck und Überraschungsfähigkeit ohne schief zu tönen.
Mit der vorliegenden Einspielung, erschienen bei Naxos, ist somit einerseits ein abwechslungsreiches Portrait dieser modernen Orgel historischer Maßstäbe, anderseits aber auch eine Interpretation entstanden, die sich dank Iain Quinns Orgelspiel erfreulich an das Instrument anschmiegt und dabei viel Neues über die Phantasie, die Raffinesse und Empfindsamkeit der vergleichsweise seltener eingespielten Orgelsonaten verrät.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Orgelsonaten |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Naxos 1 09.12.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
747313342471 |
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Bach, Carl Philipp Emanuel |
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