> > > The Fitzwilliam Virginal Book Vol. 5: Werke von Munday, Richardson u. s.
Montag, 2. Oktober 2023

The Fitzwilliam Virginal Book Vol. 5 - Werke von Munday, Richardson u. s.

Meister und Dilettanten


Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Den fünften Teil seiner Gesamteinspielung des 'Fitzwilliam Virginal Book' bestreitet Pieter-Jan Belder mit qualitativ sehr unterschiedlichen Kompositionen.

Die Handschrift des ‚Fitzwilliam Virginal Book‘, heute aufbewahrt im Fitzwillam Museum in Cambridge und benannt nach ihrem früheren Besitzer Viscount Richard Fitzwilliam, ist eine der bedeutendsten und umfangreichsten britischen Sammlungen von Musik für Tasteninstrumente. Der Folioband versammelt rund 300 Einzelwerke, darunter vor allem zahlreiche zwischen 1562 und 1612 entstandene Stücke von Komponisten wie William Byrd, Orlando Gibbons oder Peter Philips, aber auch anonyme Beiträge und Stücke weniger bekannter Tonsetzer wie William Inglott, John Mundy, Edward Johnson und Martin Peerson. Auf der bislang fünften bei Brilliant Classics erschiene Doppel-CD seiner Gesamteinspielung stellt der Cembalist Pieter-Jan Belder Werke bekannterer britischer Komponisten wie Thomas Tallis (um 1505–1585), Thomas Morley (1557–1602) und Thomas Tomkins (1572–1656) einen umfangreichen Bestand von Stücken anonymer Herkunft sowie jeweils zwei variierte Pavanen und Galliarden des Amateur-Komponisten Ferdinando Richardson (1558–1618) gegenüber.

Die deutlichen musikalischen Qualitätsunterschiede, die sich vor allem zwischen den kompositorisch herausragenden Werken von Tallis, Morley und Tomkins auf der einen und den in ihrer Faktur oft simpel anmutenden und knapp formulierten anonymen Stücken auf der anderen Seite ergeben, bilden wohl – neben der Frage, welche sinnvoll getroffene Auswahl aus dem Gesamtbestand der 297 Werke jede weitere Folge präsentieren soll – das grundlegende Problem einer auf Vollständigkeit zielenden Einspielung. Der Cembalist wirkt ihm dadurch entgegen, dass er die Möglichkeiten der benutzten Cembalo-Nachbauten – verwendet werden wie in Volume 4 der Edition Instrumente von Cornelis Bom (2003, nach Giusti), Gerhard Boogaard (2012, nach Ruckers) und Titus Crijnen (2014, nach Ruckers) – so facettenreich wie möglich einsetzt. Dadurch sorgt er sowohl bei Abfolge der Einzelwerke als auch innerhalb größer dimensionierter, aus mehreren Abschnitten bestehender Kompositionen für ein Höchstmaß an Abwechslung.

Obgleich Richardsons Stücke in ihrer Machart eher einfach sind, zeigt gerade das Paar von 'Pavane' mit 'Variatio' (XXVII und XXVIII) und 'Galiarda' mit 'Variatio' (XXIX und XXX), wie sorgfältig Belder vorgeht, um sowohl die Binnenwiederholungen abwechslungsreich wiederzugeben als auch die von Passagenwerk dominierte variierte Umschreibung klanglich abzuheben. Dagegen dokumentiert der Umgang mit kontrapunktischen Fakturen und ständig veränderten rhythmischen Verläufen in den beiden ausgedehnten Kompositionen von Tallis – 'Felix namque I' (CIX) und 'Felix namque II' (CX) – von der Meisterschaft des Cembalisten, auch ohne einschneidende klangliche Veränderungen weiträumige Entwicklungen überzeugend gestalten zu können. Darüber hinaus bildet der auf der zweiten CD befindliche, in sich abgerundete Block mit acht Stücken Morleys (darin das ganz wunderbar umgesetzte Satzpaar 'Pavan & Galiard', CLIII und CLIV, sowie die agogisch feinfühlig gezeichnete 'Morley Fantasia', CXXIV) samt der drei nachfolgenden Kompositionen Tomkins den Höhepunkt dieser Veröffentlichung.

Dass die Produktion aufs Ganze gesehen nicht ganz so sehr fesselt wie ihre Vorgängerinnen, ist kein Verschulden Belders, sondern hat mit dem Problem der Werkauswahl zu tun. Insofern dürfte es spannend sein, wie der Cembalist bei der Fortsetzung der Einspielung – es müssten noch zwei bis drei Doppel-CDs ausstehen – vorgehen wird. Ganz gleich, für welche Kombinationen er sich entscheidet: Die diskografische Großleistung, dieser historisch einmalige Quelle zu einer klanglichen Umsetzung aus der Hand eines Interpreten zu verhelfen, kann man nicht genug würdigen. Allerdings lässt das Label weiterhin die notwendige Sorgfalt vermissen, dieses Ereignis auch durch eine adäquate Gestaltung des Booklets zu unterstützen. Denn auch diesmal finden sich Fehler in der Trackliste, da bei einigen Stücken die Originalnummern aus dem ‚Fitzwilliam Virginal Book‘ nicht mit angegeben sind.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    The Fitzwilliam Virginal Book Vol. 5: Werke von Munday, Richardson u. s.

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Brilliant classics
1
27.01.2017
Medium:
EAN:

CD
5028421953083


Cover vergössern

Brilliant classics

Brilliant Classics steht für hochwertige Klassik zu günstigen Preisen!

Mit den Veröffentlichungen von komplettierten Gesamtwerks- Editionen und Zyklen berühmter Komponisten, hat sich das Label erfolgreich am Musikmarkt etabliert. Der Klassikmusikchef, Pieter van Winkel, ist Musikwissenschaftler und selbst Pianist. Mit seinem professionellen musikalischen Gespür für den Klassikmarkt, hat er in den letzten Jahren ein umfangreiches Klassikprogramm aufgebaut. Neben hochwertigen Lizenzprodukten fördert er mit Eigenproduktionen den musikalischen Nachwuchs und bietet renommierten Musikern eine ideale Plattform.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...
Titel bei JPC kaufen


Von Prof. Dr. Stefan Drees zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:

Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Brilliant classics:

blättern

Alle Kritiken von Brilliant classics...

Weitere CD-Besprechungen von Prof. Dr. Stefan Drees:

  • Zur Kritik... John Bull und andere: Im sechsten Teil seiner Gesamteinspielung des 'Fitzwilliam Virginal Book' kombiniert der Cembalist Pieter-Jan Belder Stücke von John Bull mit einzelnen Kompositionen unbekannterer Tonsetzer. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
  • Zur Kritik... Arbeit an klanglichen Feinheiten: Die zweite DVD der Reihe 'Lachenmann Perspektiven' widmet sich der Komposition 'Air'. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
  • Zur Kritik... Blick in die Interpretationswerkstatt: Eine neue DVD-Reihe vermittelt unschätzbare Einblicke in die musikalischen und technischen Problemstellungen von Helmut Lachenmanns Musik. Weiter...
    (Prof. Dr. Stefan Drees, )
blättern

Alle Kritiken von Prof. Dr. Stefan Drees...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (4400 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Georg Philipp Telemann: Ouverture Suite in A major TWV 55:A4 - Tempo di Giga

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich