
Braunfels, Walter - Orchesterlieder
Unstet
Label/Verlag: OehmsClassics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die zweite Folge der Orchesterlieder von Walter Braunfels ist ansprechend. Nur Ricarda Merbeths Beitrag ist vokal nicht befriedrigend.
Mit der vorliegenden zweiten Folge komplettiert Hansjörg Albrecht seine Edition der Orchesterlieder Walter Braunfels‘. War die erste Folge mit den Gesängen opp. 26, 27 und 30 Nr. 1 sowie zwei eigentlich nicht zugehörigen Werken eine Art Annäherung an Braunfels‘ Orchesterliedschaffen gewesen, enthält die vorliegende CD insgesamt fünf Orchesterliedopera, neben den frühen 'Drei chinesischen Gesängen' op. 19 (1914) die 'Romantischen Gesänge' op. 58 (1918-42), den Zyklus 'Die Gott minnende Seele' nach Mechthild von Magdeburg op. 53 (1935-6), die Szene 'Der Tod der Kleopatra' nach Shakespeare op. 59 (1944) und die 'Vier Japanischen Gesänge' op. 62 (1944-45). Exotismen umrahmen also Braunfels‘ Orchesterliedschaffen. Exotismen? Nicht wirklich. Hans Bethges Nachdichtungen ostasiatischer Lyrik waren in jener Zeit bestens bekannt, Mahlers 'Lied von der Erde' ist nur eine entsprechende Emanation. Der frühere der beiden Zyklen ('Der Einsame', 'Ein Jüngling denkt an die Geliebte' und 'Die Geliebte des Kriegers', nach Gedichten aus der berühmten 'Chinesischen Flöte') mehr nach Schumann oder Bruch denn nach China klingt.
Camilla Nylund verleiht den Gesängen die große Geste, aber auch die feine Intimität des Moments. In der exponierten Höhe sind gewisse Anstrengungen ebenso deutlich zu hören wie bei gehaltenen Tönen, in denen ihr Vibrato unüberhörbar ist; im Bereich des Forte kommen auch kleinere Intonationstrübungen zum Tragen. Das Konzerthausorchester Berlin unter Hansjörg Albrecht ist bestens aufgelegt und findet den rechten feinen, warmen Ton, der Klang ist fein strukturiert und schattiert. In den fünf 'Romantischen Gesängen' (nach Brentano und Eichendorff) kommt Nylunds blühende Stimme erfreulicher zur Geltung, auch weil sie die Höhen zumeist weicher angehen kann und der gesamte Duktus des Zyklus deutlich zurückhaltender in der emotionalen Ausladung ist; hier stimmt auch das Verhältnis Singstimme/Orchester besser.
Die Klangsprache der 'Vier Japanischen Gesänge' ist jene von Braunfels‘ reifer Schaffensphase. Die vier Gesänge 'Die Wartende', 'Schneller Abschied und Liebesnot', 'Trennung und Klage' (eine Reaktion auf die Vermisstmeldung von Braunfels‘ jüngstem Sohn Stephan im Kriege) und 'Das Mädchen spricht zum Gott der achtmaltausend Speere' sind von starker dramatischer Kraft. Während der Orchesterpart diese Dramatik musikalisch überzeugend ausarbeitet, allerdings aufnahmetechnisch etwas zu leise ausgesteuert ist, steht Ricarda Merbeth derart exponiert im musikalischen Geschehen, dass ihre dramatischen Fähigkeiten bestens zur Geltung kommen, aber leider auch ihre vokalen Unzulänglichkeiten; intonatorische Unsauberkeiten und starkes Vibrato beeinträchtigen den Hörgenuss empfindlich. Gleiches gilt für die Szene der Kleopatra, deren klare majestätische Gesangslinie bei gehaltenen Noten faktisch kaum mehr nachvollziehbar ist. Auch hat sie leider hörbare Schwierigkeiten mit den unangenehm tief gelegenen Tönen der Partie.
Texte der mittelalterlichen Mystikerin Mechthild von Magdeburg inspirierten Braunfels, den Eva Gesine Baur im Booklettext vielleicht etwas verkürzend als sehnsüchtigen Neuromantiker bezeichnet, zu den fünf Liedern 'Die Gott minnende Seele'. Genia Kühmeier erfüllt die auch melodisch nicht einfachen Kompositionen mit passend sensuell-mystischem Ton, ihre Stimme (in der Höhe etwas spitz, in den tieferen Lagen wunderbar warm leuchtend, mit feinen Piano- und Pianissimovaleurs) ist der Komposition kongenial.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Braunfels, Walter: Orchesterlieder |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
OehmsClassics 1 30.09.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
4260330918475 |
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Braunfels, Walter |
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OehmsClassics Ein erfülltes Leben ist ohne Musik kaum denkbar. Musik spiegelt unsere Wahrnehmung der Umwelt und die Realität heutiger wie vergangener Zeiten. Gute Musik ist immer neu, immer frisch, immer wieder entdeckenswert. Deshalb bin ich überzeugt: Es gibt nicht -die- eine, definitive, beste Interpretation der großen Werke der Musikgeschichte. Und genau das macht klassische Musik so spannend: Jede Musikergenerationen experimentiert, entdeckt neue Blickwinkel, setzt unterschiedliche Schwerpunkte - derselbe Notentext wird immer wieder von anderen Strömungen belebt. Deshalb ist ein Musikstück, egal aus welchem Jahrhundert, auch immer Neue Musik. OehmsClassics hat es sich zur Aufgabe gemacht, am Entdecken der neuen Seiten der klassischen Musik mitzuwirken. Unser Respekt vor den künstlerischen Leistungen der legendären Interpreten ist gewiss. Unser Ziel als junges CD-Label sehen wir jedoch darin, den interpretatorischen Stil der Gegenwart zu dokumentieren. Junge Künstler am Anfang einer internationalen Karriere und etablierte Künstler, die neue Blickwinkel in die Interpretationsgeschichte einbringen - sie unterstützen wir ganz besonders und geben ihnen ein Forum, um auf dem Tonträgermarkt präsent zu sein. Sie, liebe Musikhörer, bekommen damit die Gelegenheit, heute die Musikaufführung zu Hause nachzuvollziehen, die Sie gestern erst im Konzertsaal oder Opernhaus gehört haben. Wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns die neuen Seiten der klassischen Musik zu erleben!
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