
Sibelius, Jean - Sinfonien Nr. 3, 6 und 7
Hohe Reife
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Auch beim zweiten Mal hat Vänskäs Sicht auf Sibelius immer noch viel Neues zu bieten.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Osmo Vänskä und ‚sein‘ Lahti Symphony Orchestra mit dem Zyklus der Sinfonien von Jean Sibelius international Aufsehen erregten und sich so überhaupt erst auf die musikalische Landkarte setzten. Der mittlerweile als Chefdirigent beim Minnesota Orchestra waltende Vänskä war jedoch in Sachen Sibelius nicht untätig. Kaum versieht man sich, schon ist gefühlt im Handumdrehen die nächste Gesamteinspielung der Sinfonien seines Landsmannes fertig. Vorliegende SACD mit den kurzen, gleichwohl dichten Gattungsvertreterinnen Nr. 3, 6 und 7 bringt die aktuelle Schau des Sibelius-Experten aus dem North Star State zum Abschluss. War ich persönlich nach dem Hören der Sinfonien Nr. 1 und 4 aus Minnesota der Ansicht, dass die zweite, ‚amerikanische‘ Version sich nur unwesentlich von der ersten aus Finnland unterscheidet, trifft dies auf dieser SACD jedoch nur noch eingeschränkt zu.
Gleiches neu
Sicher, das eher hallige, leicht zerfaserte Klangbild aus Lahti weicht erneut der objektiveren Trockenheit der Orchestra Hall in Minneapolis. Vänskäs vorbildliche Auffächerung wie Farbmischung der Instrumentengruppen – man lausche nur der Kombination von Streichern und Blechbläsern in der Siebten! – bringt Sibelius‘ Orchestration vorbildlich zum Leuchten. Hier arbeiten Tontechnik und Interpretation perfekt zusammen. Alleine die monolithischen Streichertexturen in der Sechsten gemahnen an Sibelius‘ Ausspruch vom klaren, frischen Quellwasser. Selten klang die monochrome Harmonik der Sechsten so schillernd und das Werk als Ganzes zugleich gestisch so lebendig. Dass diese gesteigerte Relektüre so prächtig klingt, liegt natürlich auch am quasi größeren amerikanischen Orchesterklang, den Vänskä gleichwohl jederzeit funktional zu bändigen weiß. Wirklich laut und monumental wird es nur da, wo es auch wirklich angebracht erscheint: Im Finale der Dritten und der Sechsten sowie gegen Ende der Siebten.
Sich selbst übertroffen
Ansonsten zeigt sich, dass Vänskäs Sicht auf Sibelius in der Zwischenzeit noch klarer, noch zwingender, sprich: noch natürlicher geworden ist. Wer das überdurchschnittlich langsame Tempo im 'Andantino con moto' hört, dem mag es wie Schuppen von den Augen fallen. Überhaupt steht bei Vänskä weniger der Ausdruck im Vordergrund als die Sicht- bzw. Hörbarmachung der stilistischen Eigenarten des Komponierens von Sibelius, darunter vor allem Rhythmus und Syntax. Wo der dritte Satz der Dritten Sinfonie sonst häufig unmotiviert ins Leere mündet, baut er sich bei Vänskä langsam und spannungsvoll auf, sodass der Höhepunkt sich am Ende tatsächlich verdient anfühlt. Durch das durchweg eher zügige Tempo in der Sechsten wirkt zudem die Großform insgesamt schlüssiger. Und die Satzteile der Siebten fließen mit organischer Folgerichtigkeit ineinander. An herausragenden Deutungen der Sinfonien von Sibelius herrscht in der Gegenwart kein Mangel mehr. Umso mehr spricht es für Vänskä, das Minnesota Orchestra, und nicht zuletzt die Werke selbst, dass diese Einspielung immer noch Neues zu bieten hat.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Sibelius, Jean: Sinfonien Nr. 3, 6 und 7 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
BIS Records 1 03.08.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
7318599920061 |
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Sibelius, Jean |
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BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
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