> > > Rhapsodien: Werke von Chabrier, Ravel, Liszt u.a.
Montag, 20. März 2023

Rhapsodien - Werke von Chabrier, Ravel, Liszt u.a.

Feuerwerk der Klangfarben


Label/Verlag: BR-Klassik
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Unter der Leitung von Mariss Jansons lässt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks die Zuhörer auf künstlerisch beeindruckende Weise spüren, welch enorme klangfarbliche und rhythmische Vielfalt die Gattung der Rhapsodie zu bieten hat.

Die Gattung der Rhapsodie ist auf den ersten Blick ebenso schillernd wie rätselhaft. Aufgrund ihrer vermeintlichen Formlosigkeit erscheint die Musik schwerer greifbar als jene, die formalen Mustern folgt. Der Interpret der Rhapsodie steht nun vor der Herausforderung, eine Verbindung zwischen Komponist bzw. Werk und Publikum herzustellen, indem er einerseits die scheinbar bruchstückhaften Gedanken in einen Zusammenhang bringt und sie dem Zuhörer anschließend auch noch verständlich zu präsentieren versucht. Wie überzeugend das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Mariss Jansons diesem Anspruch gerecht geworden ist, darf derjenige erleben, der in den Genuss dieses bei BR-Klassik veröffentlichten Mitschnitts eines Konzerts vom Oktober 2015 kommt.

Musikalisches Mosaik

Wie schon der Begriff der Rhapsodie ursprünglich das erzählende Moment in sich trug, wie Renate Ulm in ihrem ebenso informativen wie auch spannend geschriebenen Booklet-Text schreibt, fühlt sich der Zuhörer von Anfang an in unterschiedlichste Welten entführt, manche bekannt und vertraut, manche exotisch und fremd. Dramaturgisch geschickt ist die Abfolge der Titel angeordnet. Die Eröffnungsrhapsodie 'España' von Emanuel Chabrier weckt allein schon durch die lautmalerischen Aspekte wie typisch spanische Rhythmen und Kastagnetten-Klänge ein Gefühl von Vertrautheit. Die eingängige, leicht verständliche Melodik sorgt darüber hinaus für die charakteristisch mitreißende Wirkung dieser Musik.

In ihrem Vorwort zu der vorliegenden Aufnahme wählt Renate Ulm die Metapher des Flickenteppichs, um der Bedeutung einer Rhapsodie auf die Spur zu kommen. So treffend diese Beschreibung auch zunächst ist, zumal sie auf den hier präsentierten musikalischen Farbreichtum anspielt, so lässt sie die kunstvolle Verwobenheit der einzelnen Bruchstücke jedoch außer Acht. Die hier versammelten Kompositionen sind mehr als lose zusammengefügte Versatzstücke. Vielmehr gleicht jedes von ihnen einem aufs Feinste komponierten musikalischen Mosaik, das den Hörer nicht nur durch seinen farblichen Reichtum in Erstaunen versetzt, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass der angeblich charakteristische Aspekt der Formlosigkeit in den Hintergrund gerät und das ebenso typische erzählende Moment zur Geltung kommt. Wie es der Rhapsode im Optimalfall erzielte, Gefühle verschiedenster Art durch seine gesungenen oder gesprochenen Worte auszulösen, so gelingt es den Musikern der vorliegenden Aufnahme, auch die instrumentalen Rhapsodien in ähnlicher Weise zu interpretieren – und dies mit einer Energie, Frische und Feurigkeit, die den am Schluss jedes Stückes aufbrandenden frenetischen Applaus nur zu nachvollziehbar machen.

Denis Matsuev als moderner Rhapsode

Die von Denis Matsuev brillant gespielte 'Rhapsody in blue' von Gershwin ist eines der besonderen Highlights der vorliegenden Aufnahme. Mit beneidenswerter Leichtigkeit und einem exzellenten Gespür für den Witz und Charme dieser Musik gelingt es ihm, die unterschiedlichsten Nuancen pianistischer Raffinesse herauszuarbeiten, ohne dass es jemals angestrengt oder bemüht wirken würde. Im Gegenteil: Wer Matsuev zuhört, vermeint weniger eine vollendete und im Notentext fixierte Komposition zu hören, sondern eine Improvisation, die aus dem Augenblick heraus entstanden ist und in ihrer Spontaneität umso mehr die Vorstellung eines umherziehenden Rhapsoden heraufbeschwört.

Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 2 als fulminanter Ausklang

In der dramaturgischen Abfolge eines Konzerts erweist es sich oft als kluger Schachzug, das Programm mit vertrauten Klängen zu umrahmen. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich die vorliegende Aufnahme als überaus gelungen, zumal sie ihren Reigen der Rhapsodien mit Liszts 'Ungarischer Rhapsodie' Nr. 2 beschließt – einem Werk, das nicht nur eine der bekanntesten Rhapsodien sein dürfte, sondern auch noch zu den beliebtesten Werken der klassischen Literatur gehört. Dennoch birgt auch dieses scheinbar so vertraute Stück die Gelegenheit, es noch einmal aus anderer Perspektive zu hören, zumal es sich hier nicht um die Originalfassung für Klavier, sondern um eine Bearbeitung für Orchester von Karl Müller-Berghaus handelt. Schon die pompösen Eröffnungstakte, hier von den tiefen Streichern vorgetragen, wirken in ihrer Bedrohlichkeit respekteinflößend, wecken aber gleichzeitig auch die Neugierde auf das Feuerwerk an verschiedensten Stimmungen, die dem Zuhörer im Laufe des Stückes präsentiert werden.

Festzuhalten bleibt, dass es sich hier um eine außergewöhnlich hörenswerte Einspielung handelt, die gerade durch ihre ungewöhnliche, themengebundene Zusammenstellung der Titel eine Bereicherung für jedes gut sortierte CD-Regal darstellt.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Rhapsodien: Werke von Chabrier, Ravel, Liszt u.a.

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
BR-Klassik
1
29.07.2016
063:57
2015
Medium:
EAN:
BestellNr.:
Booklet
CD
4035719001464
900146


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Chabrier, Alexis Emanuel
 - España (Rhapsodie für Orchester) -
Enescu, George
 - Rumänische Rhapsodie Nr. 1 A-Dur op. 11 Nr. 1 -
Gershwin, George
 - Rhapsody in Blue (bearb. für Klavier und Orchester von Ferde Grofé) -
Liszt, Franz
 - Ungarische Rhapsodie für Orchester Nr. 2 (bearb. für großés Orchester von Karl Müller-Berghaus) -
Ravel, Maurice
 - 1. Prélude à la nuit: Très modéré -
 - 2. Malagueña: Assez vif -
 - 3. Habanera: Assez lent et d'un rythme las -
 - 4. Feria: Assez animé -


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"Fünf berühmte Rhapsodien finden sich auf der jüngsten CD von BR Klassik, die ganz unterschiedliche Komponisten aus verschiedensten Regionen mit viel Phantasie und Lokalkolorit erdacht und erarbeitet haben. Der Franzose Emmanuel Chabrier wendete sich mit seiner Rhapsodie „España“ ebenso der damals so beliebten iberischen Musik und Volksmusik zu, wie sein berühmterer Landsmann Maurice Ravel in seiner „Rhapsodie espagnole“, deren Viersätzigkeit noch auf die eigentlich längst überholten sinfonischen Formstrukturen zurückverweist. Von dem gebürtigen Ungarn Franz Liszt erklingt die berühmte „Ungarische Rhapsodie“ Nr. 2 und von dem Rumänen George Enescu die kaum weniger bekannte und beliebte „Rumänische Rhapsodie“. Der Amerikaner George Gershwin schuf mit seiner „Rhapsody in Blue“ für Klavier und Orchester schließlich das wohl bekannteste Beispiel der rhapsodischen Gattung im 20. Jahrhundert… Die freie musikalische Form der Rhapsodie, die sich im späten 18. Jahrhundert entwickelt hatte, war vor allem im späten 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert ungemein beliebt geworden. Im Gegensatz zu jener starren, festgefügten Sonatensatzform, wie man sie aus Sonate, Quartett, Konzert und Symphonie kannte, wurde die rhapsodische Form von Komponisten, Musikern wie auch vom Publikum als abwechslungsreiche Gattung verstanden und in höchstem Maße geschätzt. Die mannigfaltigen phantasievollen Gestalten, die eine solche Rhapsodie anzunehmen und abzubilden vermochte, dürfte den romantischen Vorstellungen der Menschen jener Zeit darüber hinaus sehr viel näher gestanden haben, als alles formalistisch Vorausbestimmte der Klassik, einer mittlerweile lange überkommenen Epoche. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung seines Chefdirigenten Mariss Jansons steht als Garant für ausgezeichnete interpretatorische Qualität der großen rhapsodischen Musikwerke; der russische Pianist Denis Matusev – weltbekannt seit seinem Sieg beim Tschaikowsky-Klavierwettbewerb 1998 in Moskau –beweist sich als souveräner und stilsicherer Interpret von George Gershwins mit Jazzelementen durchsetztem konzertantem Meisterwerk. Die Live-Aufnahme dieses Konzerts wurde im Oktober 2015 im Herkulessaal der Münchener Residenz aufgezeichnet. "


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BR-Klassik

BR-KLASSIK, das Label des Bayerischen Rundfunks (BR), veröffentlicht herausragende Live-Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), des Chors des Bayerischen Rundfunks, des Münchner Rundfunkorchesters sowie der Konzertreihe musica viva. Dabei ist es ein wesentliches Ziel des Senders, über seine Radio- und TV-Programme hinaus auch digital sowie via CD und DVD allen Musikfreunden weltweit Zugang zu besonderen Aufnahmen zu bieten und auf diese Weise auch jenes Publikum zu erreichen, welches keine Möglichkeit hat, die Konzerte der internationalen Tourneen selbst vor Ort live zu erleben.

Neben den jeweiligen Chefdirigenten wie beispielsweise Mariss Jansons oder Sir Simon Rattle finden sich großartige Künstlerpersönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Bernard Haitink und viele andere mehr.

Die Reihe BR-KLASSIK WISSEN liefert unterhaltsame und kurzweilige Hörbiografien von Jörg Handstein mit vielen Hintergrundinformationen und Musikbeispielen auf jeweils 4 CDs, erzählt von Udo Wachtveitl sowie spannende Werkeinführungen in bedeutende Kompositionen der Musikgeschichte.

Durch die Reihe BR-KLASSIK ARCHIVE werden historische Aufnahmen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wieder verfügbar. Beispielsweise die legendäre Aufführung des Verdi-Requiems unter der Leitung Ricardo Mutis mit Jessye Norman, Agnes Baltsa, José Carreras und Jewgenij Nesterenko und dem Chor des BR im Jahr 1981 oder etwa denkwürdige Konzertabende mit der Pianistin Martha Argerich: 1973 unter Leitung von Eugen Jochum mit Mozarts Klavierkonzert KV 456 sowie zehn Jahre später mit Beethovens Klavierkonzert Nr.1 unter Seiji Ozawa.

Mittlerweile umfasst der gesamte Katalog über 200 Aufnahmen und hat bereits mehr als 50 renommierte und internationale Auszeichnungen erhalten, darunter den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, den Diapason d’or, den BBC Music Magazine Award und den ICMA.

BR-KLASSIK wird weltweit durch NAXOS vertrieben. Selbstverständlich gehören hierzu auch digitale Portale wie Spotify, Apple, amazon u.v.a.. Die Naxos Music Library präsentiert zudem für Universitäten und öffentliche Bibliotheken via Internet einen ständig wachsenden Katalog mit tausenden von Titeln weltweit führender Labels. Studenten, Lehrpersonal und andere Benutzer können sich jederzeit einloggen und in der Bibliothek, im Hörsaal, im Studentenwohnheim, im Büro oder zu Hause das komplette Repertoire abrufen - auch die Aufnahmen von BR-KLASSIK. 


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