
Divine Karina - The Best Of Karina Gauvin - Werke von Purcell, Händel, Vivaldi, u.a.
Anmut und Beweglichkeit
Label/Verlag: Atma classique
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die kanadische Sopranistin versucht nicht nur ihre divine Seite zu zeigen, sondern verdeutlicht gleichzeitig auch, dass ihr musikalische Vielfalt ein wichtiges Anliegen ist.
Mit der vorliegenden Einspielung wird dem Hörer ein sogenanntes Best of von Karina Gauvin präsentiert, das einerseits ihre Barock-Affinität zum Ausdruck bringt und andererseits auch neue Facetten der Sängerin eröffnet. Gleich zu Beginn lässt sich unschwer erkennen, dass sich Karina Gauvin im barocken Repertoire heimisch fühlt und vor allem durch detaillierten stimmlichen Fokus und vollen Klang überzeugt. Zwei ausgewählte Stücke von Henry Purcell ('Strike the Viol' und 'Fairest Isle') demonstrieren die feinfühlige, klare und gleichzeitig intensive Sopranstimme der Künstlerin und fesseln den Zuhörer mit sauberen und leicht anmutenden Koloraturen. Bei insgesamt vier Stücken aus dem Werk Georg Friedrich Händels ('Oh sleep', 'Rejoice Greatly', 'Will the sun forget to streak' and 'Ombre pallide') festigt sich dieser positive Eindruck und zusätzlich zur Ausbreitung der barocken Melodielinien punktet Gauvin durch klare Textverständlichkeit und lyrische Präzision.
Da Einspielungen des Komponisten Joseph Bodin de Boismortier (noch) verhältnismäßig selten sind, muss man die Auswahl seiner Cantate 'L’Hyver' begrüßen und darf die Beschäftigung mit Boismortier der kanadischen Sopranistin zugute halten. Der synkopische Charakter dieses Stückes wirkt, gepaart mit Karinas Feinfühligkeit, schon fast mystisch und lässt die Herzen von Barockfans höher schlagen. Vivaldis Aria 'Addio Caro' geht sie sehr verspielt an; die Intervallsprünge in höhere Lagen wirken hierbei allerdings manchmal etwas zu direkt.
Die musikalischen Ausflüge zu Johann Sebastian Bach ('Ich habe genug' und 'Tilge, Höchster, meine Sünden') meistert Karina Gauvin mit gewohnter Leichtigkeit und klanglicher Exaktheit, aber interessant ist vor allem das Duett mit dem (Counter-)Tenor Daniel Taylor: Beide Vokalstimmen setzen alles daran, homogen miteinander zu verschmelzen und die Kontrapunktik etwas aufzuweichen. Eine stärkeres Bewusstsein der zweiten Vokalstimme (Daniel Taylor) und etwas mehr Mut zur Herausarbeitung der Dissonanzen wäre durchaus wünschenswert.
Mit den letzten drei Liedern der CD springt die Sopranistin repertoiremäßig ins neue Jahrhundert zu Gustav Mahler, Benjamin Britten und Tyler Williams. Mahlers vierten Satz seiner Vierten Symphonie versucht Gauvin ebenfalls sehr lyrisch anzugehen und schafft es, eine weitgehende Homogenität mit dem Orchester zu erreichen. Den Übergang der etwas expressiveren Orchesterstellen ins Lyrische vollzieht sie durch ihre klangliche Klarheit sehr ausgewogen und schafft es durch ihre stimmliche Wendigkeit, im instrumentalen Fluss zu bleiben. Benjamin Brittens 'Now sleeps the Crimson Petal' interpretiert sie klar und angenehm, schafft es jedoch nicht unbedingt, den Hörer tief in Bann zu ziehen. Das Schlussstück 'You, my sister' von Tyler Williams ist stilistisch ganz anders gelagert als der Rest der Einspielung, aber zeigt auch, dass Karina Gauvin keine Berührungsängste zu unterschiedlichen Genres hat. Gemeinsam mit ihrer Schwester Nathalie Gauvin wird hier ein swingendes Werk präsentiert, das auf die beiden Schwestern zugeschnitten wurde und die CD sehr abwechslungsreich ausklingen lässt.
Etwas schade ist der Umstand, dass man die instrumentalen Interpreten zu sehr in den Hintergrund drängt. Nur aus dem Booklet wird ersichtlich, mit wem Karina Gauvin zusammengearbeitet hat: Les Boréades unter Francis Colpron, Tempo Rubato und Arion Orchestre unter Alexander Weimann, Il Complesso Barocco unter Alan Curtis, Les Violons du Roy unter Bernard Labadie und das Orchestre Métropolitain unter Yannick Nézet-Séguin zeichnen sich in der Zusammenarbeit mit der Sopranistin allesamt durch eine solide Begleitung aus. Ihre namentliche Erwähnung hätte durchaus auch auf der Rückseite der CD Platz gefunden. Schlussendlich bleibt jedoch darauf hinzuweisen, dass Karina Gauvin mit der vorliegenden Einspielung ein beachtenswertes Best-of-Album vorlegt, das die unterschiedlichen Facetten ihrer klaren und intensiven Sopranstimme präsentiert und die Zuhörer damit durchaus zu bezaubern vermag.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Divine Karina - The Best Of Karina Gauvin: Werke von Purcell, Händel, Vivaldi, u.a. |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Atma classique 1 12.02.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
722056301725 |
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Bach, Johann Sebastian |
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Atma classique Das Label ATMA - Seele oder Lebensgeist auf Sanskrit - wurde 1995 gegründet und bietet inzwischen mehr als 200 Aufnahmen von mittelalterlicher bis zu zeitgenössischer Musik mit einem besonderen Schwerpunkt im Barock. Für ihre Aufnahmen umgibt sich Johanne Goyette, Direktorin und zugleich Toningenieurin der Firma, gerne mit wagemutigen Künstlern, um in ihrem Studio Unerhörtes (und Ungehörtes) zu schaffen.
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