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Mittwoch, 29. März 2023

Dvorak, Antonin und Martinu, Bohuslav - Cellokonzerte

Ohne Pathos


Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Mit Frische, Leichtigkeit und Feuer interpretiert Christian Poltéra die Cellokonzerte von Dvorák und Martinu. Auch das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin beeindruckt durch seine bemerkenswerte Leistung in solistischer und begleitender Funktion.

Es mag etwas ketzerisch anmuten, und die Cellisten unter den Lesern mögen es mir verzeihen: Dass Dvořáks Cellokonzert in h-Moll zu den beliebtesten und am häufigsten aufgeführten Werken seiner Gattung zählt, ist nicht allein das Verdienst des Solisten bzw. nicht allein die bewundernde Ehrfurcht des Publikums angesichts der Schwierigkeiten, mit denen der Cellist hier konfrontiert wird. In kaum einem anderen Solokonzert ist die Bedeutung des Orchesters so groß, dass mitunter die Frage im Raum steht, ob es sich tatsächlich um ein Cellokonzert mit Orchesterbegleitung handelt oder nicht viel eher um eine Sinfonie mit solistischem Cello. So sind die Melodien und Themen, die von Dvořáks Konzert beim Hörer hängenbleiben, sicher nicht nur diejenigen, die die charakteristische Klangfarbe des Cellos beinhalten, sondern auch jene zahlreichen Solo- oder Tutti-Stellen, die vom Orchester präsentiert werden und die in besonderer Weise zur Gesamtaussage des Werkes beitragen.

Für eine gelungene Interpretation ergibt sich darum die Herausforderung, dass nicht nur eine hervorragende Solo-Darbietung, sondern eine ebenso hohe Qualität seitens des Orchesters gewährleistet sein muss, was sowohl die solistischen Passagen einzelner Musiker als auch das Ensemblespiel betrifft. Wenn allerdings diese beiden Pole klanglich und spieltechnisch so fein aufeinander abgestimmt sind, dass ein organisches Gesamtbild entsteht, wie es bei den hier beteiligten Musikern der Fall ist, kann sich das Publikum auf ein Hörerlebnis der besonderen Art freuen.

Thomas Dausgaard präsentiert das so bekannte Cellokonzert Dvořáks mit Temperament, Leidenschaft und einem Hang zu lebhaften Tempi, so dass trotz aller Erhabenheit mancher Passagen zu keinem Zeitpunkt ein pathetischer Gestus entsteht. Bemerkenswert ist die Leistung der Orchestermusiker, die solistisch hervortreten, zumal jede einzelne Phrase intonatorisch lupenrein und mit einem wunderschönen weichen Klang präsentiert wird. Christian Poltéra greift diese vom Orchester vorgelegte Grundstimmung auf und überzeugt vom ersten markanten Celloeinsatz an mit einer bewundernswerten spieltechnischen Leichtigkeit und Mühelosigkeit, die auch die schwierigsten und virtuosesten Passagen wie ein Kinderspiel klingen lässt. Neben der Tendenz zu Dramatik und Leidenschaft, die auch für den Orchesterklang charakteristisch sind, verfügt sein Spiel jedoch gleichzeitig über eine hohe emotionale Ausdruckskraft, die sich besonders in den leisen, zarten Tönen manifestiert und ihnen einen sehr gesanglichen, gefühlvollen Charakter verleiht.

Zwischen tschechischer Folklore und Filmmusik

Der charakteristische Einschlag tschechischer Volksmusik, der Dvořáks Musik in so besonderer Weise prägt, ist nicht nur in seinem eigenen Cellokonzert zu spüren, sondern auch in jenem von Martinů. Neben der melodischen Eingängigkeit und der rhythmischen Kraft, die für beide Werke kennzeichnend sind, kommt bei Martinůs Konzert noch ein weiterer Aspekt hinzu, der das Werk unabhängig von der beeindruckenden Leistung aller beteiligten Künstler zu einem besonderen Hörvergnügen macht. Obwohl das Solokonzert sich als klassische Gattung etabliert hat, die fest im Bereich der sogenannten Kunstmusik verankert ist, vermeint sich der Hörer schon bei den ersten Takten in ein völlig anderes musikalisches Ambiente versetzt: in jenes der Filmmusik. Vom ersten unvermittelten Akkordschlag über energische Trompetenfanfaren und harmonisch raubeinige Geigensoli hinweg entsteht der Eindruck eines leidenschaftlichen Dramas, das die Orchestermusiker ankündigen und auf diese Weise dem eigentlichen Hauptakteur eine Plattform bieten, auf der er sich in sämtlichen Facetten austoben kann.

In diesem Sinne bietet die vorliegende Einspielung, die 2015 im Label BIS erschienen ist, einen vielseitigen Hörgenuss, an dem nicht nur Cello-Fans Geschmack finden dürften.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Dvorak, Antonin und Martinu, Bohuslav: Cellokonzerte

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
BIS Records
1
03.02.2016
Medium:
EAN:

SACD
7318599921570


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Dvorák, Antonín
Martinu, Bohuslav


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BIS Records

Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees.


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