
Castello, Dario - Sonate Concertate in Stile Moderno 1629
Abwechslungsreich und farbenfroh
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Ensemble Musica Fiata überzeugt mit einer außerordentlich lebendigen Auswahl von 13 Sonaten aus Dario Castellos 'Sonate concertate in Stile Moderno'.
In einer Zeit großer musikalischer Umwälzungen nimmt der venezianische Komponist Dario Castello (vor 1600–1644) eine bedeutende Rolle als Schöpfer von Instrumentalmusik ein. Paradigmatisch hierfür sind die ‚Sonate concertate in Stile Moderno‘, die Castello 1621 und 1629 in zwei Büchern veröffentlichte und die bis 1658 nicht nur in der Lagunenstadt, sondern auch in Antwerpen mehrmals nachgedruckt wurden. Die neuartigen Merkmale dieser Sonatensammlung – die ausgiebigen und virtuosen Soli, die in der Mitte der meisten Sonaten vorkommen – stellen zum Teil hohe Anforderungen an das technische Vermögen der Ausführenden, was insbesondere dort überrascht, wo dezidiert tiefe Blasinstrumente wie Fagott und Posaune gefordert sind. Die hohen Instrumente spezifiziert Castello meist nicht näher und bezeichnet sie als ‚Soprani‘, was seinerzeit in Venedig gleichbedeutend mit Violine oder Zink (Cornetto) gewesen ist; für den Basso continuo wiederum schreibt er auf dem Titelblatt mit der Anweisung ‚per sonar nel Organo overo Clavicembalo‘ die Instrumente Orgel und Cembalo vor.
Das Ensemble Musica Fiata hält sich unter Leitung von Roland Wilson im Rahmen der vorliegenden cpo-Produktion sehr genau an diese Angaben, ergänzt das Continuo-Instrumentarium jedoch noch um Chitarrone und Harfe, wodurch sich einerseits mehr Möglichkeiten zur Artikulation unterschiedlicher Formteile durch wechselnde Instrumentation ergeben, andererseits aber auch die einzelnen Sonaten viel stärker in ihrer individuellen Farbigkeit gegenüber anderen Werken abgegrenzt werden können. Genau das scheint auch das Ziel dieser Auswahl von insgesamt 13 Stücken zu sein: Die Musikerinnen und Musiker liefern für jede einzelne Sonata eine einzigartige, klanglich auf die von Castello verfolgte kompositorische Aufgabenstellung abgestimmte Umsetzung, bei welcher das instrumentale Arsenals wie eine Farbpalette benutzt wird. Dies macht, zusammen mit einer an Besetzungskontrasten orientierten Anordnung der ausgewählten Stücke, die ganze Einspielung außerordentlich abwechslungsreich und farbenfroh.
Zum Teil liegt dies schon in den Kompositionen selbst begründet, versucht Castello doch selbst dort, wo er identische Besetzungen vorschreibt, unterschiedliche kompositorische Modelle zu realisieren. Am deutlichsten ist dies in den beiden Sonaten, die ausschließlich mit Streichinstrumenten besetzt sind: Während 'Sonata XV à 4' aus einer Abfolge homophoner und kontrapunktischer Abschnitte besteht, die vom hohen Verschmelzungsgrad von Streicherklangfarben und verwendeter Continuo-Orgel bestimmt ist, arbeitet Castello in 'Sonata XVI à 4' mit paarweise gegeneinander gesetzten Streicherduetten, die er mit Passagen in dem seit Claudio Monteverdis späten Werke typischen, rhythmisch geprägten ‚stile concitato‘ konfrontiert. 'Sonata XIII à 4' und 'Sonata XIV à 4' (jeweils für die Besetzung ‚2 soprani e 2 tromboni‘) warten wiederum mit wechselchörigen Anlagen auf und leben dabei aus dem Musizierens im Miteinander von Violin- (XIV) bzw. Cornetto- (XIII) und einem Posaunenduetts ergibt.
Demgegenüber orientiert sich der Zugang zur 'Sonata III à 2 soprani' an rhetorischen Prinzipien: Dem deutlich am Sprachduktus geschulten Zwiegespräch zweier mit Violine und Zink besetzter Melodiestimmen mit seiner freien Tempogestaltung schmiegen sich hier die begleitenden Continuo-Instrumente an , wie es ganz ähnlich auch in 'Sonata X à 3' (‚2 soprani e fagotto‘) – hier allerdings unter Beteiligung zweier Violinen – der Fall ist. Jenseits des rundum überzeugenden Umgangs mit der Instrumentation erstaunt auch die instrumentale Virtuosität der Aufnahme. So wird beispielsweise der schwierige Fagottpart von 'Sonata IX à 3' (‚2 soprani e fagotto‘) von Adrian Rovatkay am Dulzian ganz hervorragend umgesetzt, und die komplexen Posaunensoli in 'Sonata V à 2' (‚soprano e trombone‘) und 'Sonata XII à 3' (‚2 soprani e trombone') finden bei Detlef Reimers und Peter Stelzl eine klanglich einnehmende und in der Tongebung weiche Umsetzung. Auch wenn sämtliche Ensemblemitglieder durch hervorragende Leistungen überzeugen, ragen doch die beiden Cornettospieler Roland Wilson und Arno Padusch besonders hervor, zumal sie in den duettierenden Passagen einiger Werke den Klang ihrer Instrumente nahtlos miteinander verschmelzen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Castello, Dario: Sonate Concertate in Stile Moderno 1629 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
cpo 1 26.01.2016 81:36 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
761203501120 555 011-2 |
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Castello, Dario |
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