
Ries, Ferdinand - Cellosonaten
Italienische Nonchalance
Label/Verlag: Brilliant classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Für sich genommen ist das Spiel des Cellisten und Pianisten kultiviert und nicht ohne Reize. Doch im Zusammenspiel sind immer wieder deutliche Eintrübungen zu bemerken.
Auf Ferdinand Ries (1784-1838) wird immer wieder ein wenig verächtlich herabgeschaut, weil sein Schaffen stetig unmittelbar mit dem seines Lehrers Ludwig van Beethoven verglichen wird. Dass dies unangemessen ist und man sich der Musik unvoreingenommen nähern sollte, wird durch die vorliegende CD leider nicht nachhaltig bestätigt. Gaetano Nasillo und Alessandro Commellato spielen die beiden Sonaten C-Dur und A-Dur für Fortepiano und Violoncello opp. 20 und 21 aus den Jahren 1807/8 sowie die Grande Sonate g-Moll op. 125 in nicht ganz untypisch italienischer Manier, mit Spielfreude, aber technisch nicht wirklich ausgereift. Besonders der Cellist Gaetano Nasillo auf seinem Ungarini-Cello von 1750 intoniert nicht immer ganz sauber, weiß nicht recht Vibrato und Nonvibrato als Stilmittel einzusetzen. Die Stimmung zwischen Cello und dem Joseph-Boehm-Hammerflügel von 1825 ist nicht immer wirklich aufeinander abgestimmt, so dass häufig der Eindruck entsteht, die Musiker spielten nicht sauber.
Dabei gehen eigentlich beide Musiker von guten Voraussetzungen aus. Versucht man den Cellisten und den Pianisten quasi getrennt zu hören, so fällt das insgesamt kultivierte Spiel Nasillos auf, der vielleicht in der C-Dur-Sonate am wenigsten erfolgreich glänzen kann; doch auch sonst geraten die langsamen Phrasen immer wieder etwas etüdenhaft – ein grundsätzliches Problem der historisch informierten Interpretation früher Cellokammermusik. Das angenehm klare Böhm-Instrument bietet eine Vielzahl an Klangfarben und feine Zwischenschwingungen auf. Alessandro Commellato weiß die unterschiedlichen Besonderheiten seines Instruments (von wem gestimmt?) schön zur Geltung zu bringen, besonders den eher kristallin-hellen Klang als deutlichen Kontrast zu etwa Broadwood- oder anderen Instrumenten zu profilieren.
Die beiden frühen Sonaten bieten einen denkbar starken Kontrast zu der 1823 in London entstandenen mehr als halbstündigen Sonate g-Moll – letztere von einer Tiefe, die mit mancher späten Schubert-Sonate vergleichbar ist. Der umfangreiche Kopfsatz, der mehr als die Hälfte der ganzen Sonate ausmacht, fordert vom Pianisten einige Virtuosität – und ein Instrument von gewisser Kraft. Hier rächt sich die Wahl nur eines Hammerflügels, ein kräftigeres Instrument wäre dem Charakter der Musik insgesamt angemessener. Schade, dass so der durchaus wertvollen Musik nicht in optimaler Weise gedient ist.
Die Aufnahmetechnik bildet das Musizierte sauber, klar und räumlich überzeugend ab, nur ist die musikalische Darbietung eben leider nicht als Referenzinterpretation zu bezeichnen. Viel ärger als die Interpretation jedoch ist das oberflächliche Booklet, das weder zu den Werken noch den Instrumenten genügende Informationen bereithält.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Ries, Ferdinand: Cellosonaten |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Brilliant classics 1 11.03.2016 |
Medium:
EAN: |
CD
5028421952062 |
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Ries, Ferdinand |
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