
Homilius, Gottfried August - Der Messias
Balsamisch und beschwingt
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Schaffen von Gottfried August Homilius wird in den letzten Jahren verstärkt ins Bewusstsein gerufen. Wenn dies so fabelhaft geschieht wie in dieser Aufnahme seines 'Messias' ist unbedingt zu begrüßen.
Am Karfreitag des Jahres 1776 in der Dresdner Frauenkirche war erstmals im Gottesdienst Gottfried August Homilius‘ 'Messias'-Oratorium zu hören. Der Komponist war seit 1755 Kantor der Kreuzschule; nach der kriegsbedingten Zerstörung der Kreuzkirche wurde die kirchenmusikalische Ausübung an die Frauenkirche verlegt, wo Homilius rund 25 Jahre für die kirchenmusikalische Ausgestaltung zuständig war. Das knapp hundert Minuten lange Werk emanzipierte sich im Lauf der Zeit von der gottesdienstlichen Nutzung – in Ludwigslust wurde es in eigenem Recht gegeben, wobei die ausführenden Musiker vor den Zuhörern verborgen platziert waren, um Ablenkungen vom Höreindruck zu vermeiden.
Homilius‘ Schaffen hat in den vergangenen Jahren eine (nicht nur Tonträger-)Renaissance erfahren, in die sich die vorliegende Produktion unter der Leitung Matthias Jungs äußerst positiv einreiht. Das das protestantische Passionskompositionenprinzip aufgreifende Werk, das mit Chorälen beginnt und schließt, ansonsten aber Homilius‘ Personalstil genügenden Platz lässt. Homilius‘ Stil steht dem Stil der Zeit keineswegs fern, frühe Haydn-Messen zeigen eine enge Verwandtschaft; Homilius‘ besondere Fähigkeit findet sich aber etwa in seinen Rezitativen.
Patrick Grahl ist ein evokativer, stimmlich frischer und (obschon selbst absolvierter Thomaner) in bester Tradition der Kruzianer (Peter Schreier) klingender Tenor, dem zuzuhören eine wahre Freude ist. Der Bariton Tobias Berndt bietet reiches Stimmmaterial auf, das er balsamisch wohltönend einsetzt; seine Phrasierung ist vorbildlich, seine Verzierungskunst bezwingend. Mit Majestät erfüllt der Bassist Sebastian Wortig seinen kurzen Part mit den Worten des Herrn, besonders beeindrucken seine ausgezeichnete Atemtechnik und seine musikdramatische Eloquenz. Mit diesen höchstkarätigen Leistungen kann die Mezzosopranistin Annekathrin Laabs nicht ganz mithalten – ihrer Stimme mangelt es etwas an vokaler Inbrunst. Die Sopranistin Mareike Leluschko überzeugt insgesamt mit teilweise fast knabenhaftem Ton und dadurch etwas zaghaften Koloraturen – klarer und sorgsamer ausgearbeitet, auch koloraturensicherer ist der zweite Sopran Friederike Beykirch.
Das Sächsische Vokalensemble wie auch alle Solisten erfreuen durch natürliche und äußerst klare Textartikulation, dazu (ebenso wie die Batzdorfer Hofkapelle) durch pointiert ausgearbeitete Rhythmik und sorgfältige Phrasierung. Der Eindruck von großer Sorgfalt führt hier zusammen mit dem großer Lebendigkeit zu einem rundum erfreulichen Ergebnis, das dem interessierten Hörer ans Herz gelegt werden kann. Für einen Mitschnitt herausragend ist auch die Klangqualität. Publikumsgeräusche hört man bei dieser Aufführung aus der Dresdner Annenkirche vom 5. Juni 2014 nicht. Überraschend sind allerdings Textumstellungen zwischen Tonaufnahme und CD-Booklet im ersten Teil des Oratoriums – Schnittfehler oder Bookletfehler?
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Homilius, Gottfried August: Der Messias |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203794720 |
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Homilius, Gottfried August |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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