
Vasks, Peteris - Streichquartette 2 & 5
Auf den Spuren des Gesangs
Label/Verlag: WERGO
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Spīķeru String Quartet legt eine ebenso atmosphärische wie interpretatorisch makellose Einspielung zweier Streichquartette des Letten Pēteris Vasks vor.
Dass die Musik des lettischen Komponisten Pēteris Vasks (*1946) mittlerweile auch in Deutschland einen festen Platz im öffentlichen Bewusstsein erlangt hat, verdankt sich einigen hervorragenden CD-Produktionen aus den vergangenen Jahren. Einer der wichtigsten Vorreiter bei der Verbreitung des Schaffens von Vasks ist bislang das Label Wergo gewesen, das dem Komponisten eine ganze Reihe von Veröffentlichungen aus den Bereichen Kammer-, Vokal-, Klavier- und konzertanter Musik gewidmet hat und sein Engagement nun mit einer Aufnahme zweier Streichquartette fortsetzt. Die Werke – das Streichquartett Nr. 2 'Sommerweisen' von 1984 und das zwanzig Jahre später, nämlich 2004, entstandene Streichquartett Nr. 5 – weisen zwar unterschiedliche formale Konzeptionen auf, lassen sich aber beide als Beispiele für jenen ‚gewaltigen, nicht enden wollenden Gesang‘ begreifen, den Jānis Petrašlevičs in seinem stark biografielastigen Booklettext als wichtiges Charakteristikum von Vasks’ Musik herausarbeitet.
Interpretiert werden die Kompositionen vom seit 2011 bestehenden lettischen Spīķeru String Quartet (Marta Spārniņa und Antti Kortelainen, Violine; Ineta Abakuka, Viola; Ēriks Kiršfelds, Violoncello). Das Ensemble setzt die Musik mit einer schon fast unheimlich anmutenden Sicherheit sowohl beim Umgang mit den spieltechnischen Erfordernissen als auch beim Zugriff auf die teils sprunghaften Ausdruckswechsel um. Dabei bleibt die Intonation selbst in heiklen Passagen klar und sicher, und der souveräne Umgang mit den vielfältig abgestuften Klangfarben lässt einen manchmal staunen. Diese Eigenheiten treten gleich im ersten Satz ('Gegenwart') des zweisätzigen fünften Streichquartetts hervor, wo das klanglich intensive, gelegentlich durch sorgfältig modellierte Akzentuierungen gesteigerte Legato mit filigranen Flageolettpassagen abwechselt und die von Vasks als Extreme eingesetzten Geräuschaktionen wie selbstverständlich als Verdichtungen in den Ensembleklang eingebettet werden. Ebenso beachtlich ist es, wie die Musiker im zweiten Satz ('so fern … und doch nah') der intimen Seite der Musik nachlauschen, indem sie die harmonischen und klangfarblichen Veränderungen einer differenzierten Lektüre unterziehen.
Im zweiten Streichquartett erscheint dieser Zugriff noch stärker verfeinert und konsequent in einen durch die dreisätzige Werkarchitektur vorgegebenen Prozess eingebettet. Die über mehrere Phasen verlaufenden Steigerungen des Kopfsatzes, korrespondierend mit dem Titel 'Das Aufblühen', werden im zweiten Satz ('Die Vögel') durch ein suggestives Geflecht von 'Naturlauten' abgelöst. Sehr plastisch gerät hier die Wiedergabe der miteinander verwobenen Glissandi und hochgradig stilisierten Vogelstimmen, wodurch der Satz zum schillernden Zentrum der Komposition wird. Von ihm ausgehend, breitet sich in der nachfolgenden 'Elegie' ein Gesang aus, dessen Klänge mitunter vibratolos im Raum stehen bleiben, aber immer wieder auch mit energischen Akzenten hervorgebracht werden, bis sich die Instrumente über der Melodie und dem ihr unterlegten Orgelpunkt in fahle Linien verzweigen und dem Verlöschen zustreben. Auch wenn man bedauern kann, dass die CD nur 50 Minuten Spielzeit hat, ist diese Produktion eine gelungene Erweiterung der Vasks-Diskografie – und eine willkommene Ergänzung zur Einspielung der ersten drei Streichquartette durch das Navarra String Quartet (Challenge Classics, 2010).
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Vasks, Peteris: Streichquartette 2 & 5 |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
WERGO 1 27.11.2015 50:40 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4010228732924 WER 73292 |
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Vasks, Péteris |
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WERGO Als 1962 die erste Veröffentlichung des Labels WERGO erschien - Schönbergs "Pierrot lunaire" mit der Domaine musicale unter Pierre Boulez -, war dies ein Wagnis, dessen Ausgang nicht abzusehen war. Werner Goldschmidt, ein Kunsthistoriker, Sammler und Enthusiast im besten Sinne, war es, der - gemeinsam mit dem Musikwissenschaftler Helmut Kirchmayer - den Grundstein zu dem Label legte, das seit inzwischen 50 Jahren zu den führenden Labels mit Musik unserer Zeit zählt. Mehr Info... |
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