> > > Little, Tasmin spielt: Violinwerke von Coleridge-Taylor, Delius und Wood
Montag, 25. September 2023

Little, Tasmin spielt - Violinwerke von Coleridge-Taylor, Delius und Wood

Gefühlig


Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Tasmin Little erweist sich als beredte Anwältin für Raritäten ihrer englischen Heimat. Allerdings hat man diese Stücke von Geigern der Vergangenheit auch schon noch tiefer empfunden und klarer erfasst gehört.

Die aus London gebürtige Tasmin Little hat sich in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren den Platz der bedeutendsten britischen Geigerin ihrer Zeit erarbeitet; besonders ihr Einsatz für die Musik ihres Heimatlandes hat ihre viele Freunde gemacht, die Violinkonzerte von Frederick Delius und William Walton hat sie bereits zweimal auf CD vorgelegt. Ihre zweite CD mit dem BBC Philharmonic unter Sir Andrew Davis für das Label Chandos hat sie Kompositionen von Frederick Delius, Samuel Coleridge-Taylor und Haydn Wood gewidmet.

Samuel Coleridge-Taylor (1875-1912) vollendete sein Violinkonzert g-Moll op. 80 1912, doch blieb das Werk bis 2005 nahezu völlig vergessen, als Anthony Marwood es fast zeitgleich mit Lorraine McAslan auf CD vorlegte. Coleridge-Taylor ist noch stark der Vor-Elgar-Ära verhaftet, doch auch nicht ganz mit der Tiefe etwa eines Charles Villiers Stanford. Das BBC Philharmonic bietet leichten, charmanten Touch (vielleicht etwas zu leicht, etwas zu charmant), die Solistin hingegen gerät leider etwas zu vibratolastig. Die Emotion, mit der Little die Komposition aufzuwerten versucht, widerspricht ihrer eher klassizistischen Faktur. So sehr sie sich für das Werk einsetzt – es bleibt eine eher retrospektive Komposition à la Grieg.

Delius‘ (1862-1934) Suite für Violine und Orchester (ca. 1888-91) erlebt hier erst ihre dritte Einspielung, nachdem das substanzreiche Werke erst 1984 durch die BBC ihre Uraufführung erlebt hatte und kurz darauf durch Ralph Holmes und Vernon Handley für den Tonträgermarkt wiederentdeckt wurde. Little ist heute eine der herausragendesten Exponenten der Musik Delius‘ – dennoch wird die Überzeugung, die Holmes in der Tonträgerpremiere beisteuert, nicht von ihr erreicht. Immer wieder fällt auch auf, dass auch das BBC Philharmonic, das durchaus mit Delius‘ Stil etwas anzufangen weiß, unter Andrew Davis‘ Leitung mal zu zurückhaltend, mal zu nonchalant seinen Beitrag leistet. Im Intermezzo vermeint man bei Little überdies gewisse Zögerlichkeiten zu spüren, das Spiel ist nicht ganz flüssig und selbstüberzeugt.

Haydn Wood (1882-1959) ist vornehmlich als Komponist von Werken eher der leichteren Muse bekannt. Sein Violinkonzert a-Moll aus dem Jahr 1928 erlebte seine CD-Premiere 2010. Auch in diesem Werk nähert sich die vorliegende Einspielung eher der Larmoyanz den der echten Expression, die Konkurrenzeinspielung mit Lorraine McAslan ist insgesamt rundum überzeugender (obschon als Begleitkörper ‚nur‘ das BBC Concert Orchestra aufgeboten wird).

Die CD ist dem Gründer des CD-Label Chandos, Brian Couzens gewidmet, der nur wenige Tage vor Beginn der Aufnahmen im April 2015 verstarb. Sein Sohn Ralph hat das Label längst ins 21. Jahrhundert geführt – leider in einer gewissen Wegbewegung von dem früheren besonderen Schwerpunkt, der Pflege vergessener britischer Musik. Auch hier spürt man, dass der unmittelbare Zugang zu eher abseitiger britischer Musik nicht mehr zur Verfügung steht, Manieriertheiten an die Stelle echter Expression treten und der äußerliche Klang wichtiger wird als der innere Ausdruck. Der gleichen Ästhetik sind die Fotos im Booklet untergeordnet, während der Begleittext vielleicht nicht mehr ganz so viel Autorität ausstrahlt wie früher bei Chandos anzutreffen war, aber zumindest keinen Ausreißer nach unten darstellt. Aufnahmetechnisch brillant, wäre mehr Arbeit an der Tiefe der Interpretation für einen nachhaltigen Einsatz für die Kompositionen wünschenswert gewesen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Little, Tasmin spielt: Violinwerke von Coleridge-Taylor, Delius und Wood

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Chandos
1
06.11.2015
Medium:
EAN:

CD
095115187920


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Chandos

Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
The company has championed rare and neglected repertoire, filling in many gaps in the record catalogues. Initially focussing on British composers (Alwyn, Bax, Bliss, Dyso, Moeran, Rubbra, Walton etc), it subsequently embraced a much wider field. Chandos' diverse catalogue contains over 2000 titles, from early music to contemporary, with composers from around the world. The company's aim is to present an exciting and varied selection of superbly recorded music to as many people as possible.
The following artists are strongly associated with, or exclusive to, the label: Richard Hickox, Matthias Bamert, I Fagiolini, Neeme Järvi, Louis Lortie, Jean-Efflam Bavouzet, Rumon Gamba, James Ehnes, Sir Charles Mackerras, David Parry, Valeri Polyansky, The Purcell Quartet, Gennady Rozhdestvensky, Howard Shelley, Simon Standage, Yan Pascal Tortelier, Vernon Handley, the BBC Philharmonic, BBC National Orchestra of Wales, the City of London Sinfonia and Collegium Muscium 90.
Chandos is universally acclaimed for the excellence of its sound quality and has always been at the forefront of technical innovation. In 1978, Chandos was one of the first to record in 16bit/44.1kHz PCM digital, as well as being one of the first to edit a digital recording completely in the digital domain (Holst: the Planet ? SNO/Gibson). In 1983, Chandos was one of the first to produce and release Compact Discs into the marketplace ? a revolution in the recorded music industry.
Today, Chandos has kept up with technology by recording mostly in 24bit/96kHz PCM but now also in DSD for producing ?surround sound? SACDs. Chandos releases at least five new recordings a month, together with imaginative re-issues of back-catlogue material.
The company has received countless awards, including several Gramophone Awards, notably the 2001 ?Record of the Year? for Richard Hickox?s recording of the original version of Vaughan Williams? A London Symphony; ?Best Choral Recording of 2003? for its recording of an undiscovered mass by Hummel and the ?Best Orchestral Recording? of 2004 for its set of Bax Symphonies. Other highlights include the American Grammy for Britten?s opera Peter Grimes, and most recently (2008), two further Grammy Awards, one for Hansel and Gretel and the other for Grechaninov?s Passion Week. Jean-Efflam Bavouzet?s debut on Chandos was also awarded Record of the Year by Monde de la Musique this year.
Chandos remains an independent, family run company which produces and markets its recordings from its office in Colchester, England, and is distributed worldwide.


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