
Playtime! - Werke für Schlagzeug von Bongartz, Reich, Willow u.a.
Exotisches für Neugierige
Label/Verlag: Genuin
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das vielversprechende Debut von Sabrina Ma, der Preisträgerin des Deutschen Musikwettbewerbes von 2013, weist sie als erstklassige Perkussionistin aus und präsentiert gleichzeitig die enorme Vielfalt, die sich hinter der Bezeichnung Schlagwerk verbirgt.
Dass die allseits geläufige Bezeichnung ‚Schlagzeug’ etwas völlig anderes bzw. nur einen Bruchteil dessen definiert, was die zu Perkussion bzw. Schlagwerk gehörigen Instrumente zu bieten haben, dürfte zwar nicht allen potentiellen Hörern, doch zumindest den meisten regelmäßigen Konzertbesuchern bekannt sein. So steht es außer Frage, dass die Bezeichnung ‚Perkussion’ eine weitaus größere Vielfalt an Instrumenten, Spielweisen und Klangfarben vereint. Dennoch genießt das Schlagwerk sicherlich nicht die gleiche Position im Orchester, die andere Instrumentengruppen für sich beanspruchen, wie vor allem Streicher, Holz- und Blechbläser. Der Grund dafür scheint auf der Hand zu liegen: So vielseitig die perkussiven Instrumente sein mögen und so eindrucksvoll sie in vielen Orchesterwerken eingesetzt werden - als Soloinstrument sind sie, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen zu hören. Auf diese Weise rückt der gesamte Apparat an Schlaginstrumenten automatisch in die Ecke der Begleitung, der rhythmischen und klanglichen Unterstützung, die zwar mit Respekt und nicht unbeträchtlichem Hörvergnügen wahrgenommen wird, jedoch nie ganz aus dem Schatten jener Instrumente heraustritt, deren Spieler im Konzert als virtuose Solisten hervorstechen.
Sabrina Mas Debüt-CD, die im 2014 im Label Genuin Classics erschienen ist, schafft es, die perkusssiven Instrumente aus genau jenem Schattendasein herauszuholen und sie mit den bekannteren Soloinstrumenten auf eine Ebene zu stellen. Mit beeindruckender Virtuosität, einem Feuerwerk verschiedener Klangfarben und Ausdrucksmittel zeichnet sie ein Porträt des Schlagwerks, mithilfe dessen viele Hörer ihre bisherige Einstellung dieser Instrumentengruppe gegenüber von Grund auf revidieren bzw. neu überdenken könnten.
Durchdachte Dramaturgie
Den Zuhörer dieser Debüt-CD erwarten sowohl spannende und ausgefallene Klangkombinationen als auch eine sorgfältig ausgeklügelte Dramaturgie. Bereits das erste Stück von Markus Bongartz vereint mit Perkussion und Cembalo zwei ebenso unterschiedliche wie charakteristische Instrumente und schlägt so eine Brücke zwischen Alter und Neuer Musik. Unmittelbar nach diesen ersten Schritten ins musikalische Neuland versetzt Sabrina Ma den Hörer mit Steve Reichs 'Nagoya Marimbas' in eine minimalistische Klangwelt, die den Charakter einer Meditation heraufbeschwört und die Gedanken kreisen lässt, ohne ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Ein drittes hier hervorzuhebendes Werk ist der kompositorische Beitrag der Sängerin Rilli Willow, der schon dadurch hervorsticht, dass er zweimal ertönt, wenn auch das erste Mal nur in einem kleinen Ausschnitt. Auch klanglich weicht 'Havana' deutlich von den anderen Stücken ab, zumal es sich um ein israelisches Lied handelt, das speziell für diese Aufnahme für Stimme, Gitarre, Schlagzeug und Vibraphon arrangiert wurde. Dieses Lied nimmt eine Sonderstellung in der Gesamtdramaturgie ein, zumal es der bisherigen Präsentation einerseits eine neue klangliche Komponente hinzufügt, gleichzeitig aber eine vertraute Atmosphäre heraufbeschwört und es dem Zuhörer dadurch leichter macht, Beziehungen herzustellen zwischen bekanntem und unbekanntem musikalischen Terrain.
Herausforderung für Spieler und Zuhörer
Die enorme Vielfalt der hier präsentierten Werke und die Zielsetzung, die Aufmerksamkeit des Zuhörers permanent zu fesseln, setzen sowohl in die Solisten als auch in die Rezipienten große Erwartungen. Sabrina Ma erweist sich als hochtalentierte Perkussionistin, die sämtliche Facetten der von ihr gespielten Instrumente bis ins kleinste Detail auszuloten versteht und sich besonders im Ensemblespiel ebenso gut solistisch wie kammermusikalisch in Szene zu setzen weiß. Besonders beeindruckend ist die Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten und die oft ungeahnte Zartheit des Klangs, die es ihr erlaubt, dem Zuhörer auch feinste Nuancen zu präsentieren.
Auch für den Zuhörer ist die vorliegende Aufnahme eine Herausforderung. Wer auf der Suche nach einer Musik ist, die er nebenbei hören und sich einfach von ihr berieseln lassen kann, wird von dieser CD vermutlich überfordert sein. Um die Musik wirklich genießen zu können und all ihren spielerischen Feinheiten gerecht zu werden, erfordert es sowohl ein hohes Maß an Konzentration als auch die Bereitschaft, sie sich mehrmals anzuhören. Wer sich aber auf diese avanciertere Art des Hörens einlässt, wird nicht nur seinen musikalischen Horizont beträchtlich erweitern können, sondern letztlich auch hinsichtlich des klanglichen Genießens voll auf seine Kosten kommen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Playtime!: Werke für Schlagzeug von Bongartz, Reich, Willow u.a. |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Genuin 1 06.11.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
4260036253610 |
![]() Cover vergössern |
Genuin Im Jahr 2002 standen die jungen Tonmeister von GENUIN vor einer wichtigen Entscheidung: Sollte man sich weiterhin lediglich auf das Aufnehmen und Produzieren konzentrieren, oder auf die zahlreichen Nachfragen und positiven Rückmeldungen von Musikern und Fachzeitschriften eingehen und ein eigenes Label ins Leben rufen? In einer Zeit, in der praktisch alle großen Klassik-Label ihre Produktion eingestellt oder zumindest stark gedrosselt hatten, fiel die Entscheidung nicht leicht aber sie fiel einstimmig aus: zugunsten einer offiziellen Vertriebsplattform für die GENUIN-Aufnahmen. Und der Erfolg hat nicht lange auf sich warten lassen. Das Label GENUIN hat sich in seinem zwölfjährigen Bestehen zu einem Geheimtipp unter Musikern und Musikliebhabern entwickelt. Schon vor dem Leipzig-Debüt im Oktober 2004, einem Antrittskonzert im Robert-Schumann-Haus mit Paul Badura-Skoda, wurden die CDs in den deutschlandweiten Vertrieb gebracht und von Fachpresse und Musikerwelt hochgelobt. Inzwischen werden GENUIN-CDs in den meisten Ländern Europas sowie in Japan, Süd-Korea, Hongkong und den USA vertrieben. Das Erfolgsrezept von GENUIN: Die gesamte Produktion, also die Beratung der Künstler bei Aufnahmeraum und Repertoire, die Vorbereitung und Durchführung der Aufnahme selbst, der Schnitt mit allen notwendigen Korrekturen, generelle Entscheidungen beim Cover- und Bookletentwurf bis hin zur fertigen Veröffentlichung liegen in der Hand der Tonmeister. Nur so haben die Musiker den größtmöglichen Entfaltungsspielraum bei der Einspielung und Gestaltung ihrer CDs. Und gleichzeitig kann bis zuletzt eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert werden. GENUIN bietet auch abseits ausgetretener Pfade etablierten Künstlern genauso wie der Nachwuchsgeneration die Möglichkeit, Musik nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Das macht sich positiv bemerkbar für die Hörer der mittlerweile mehr als 300 GENUIN-CDs mit Interpreten wie Paul Badura-Skoda, Nicolas Altstaedt oder der Dresdner Philharmonie. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Genuin:
-
Hommage an einen unbekannten Musiker: Zwischen Barock und Sturm und Drang komponierten viele Musiker hörenswerte Musik, die nicht zum Kanon der Großmeister gehört. Georg Zeike und Bernadett Mészáros, entreißen den Magdeburger Komponisten Johann Friedrich Ruhe der Vergessenheit. Weiter...
(Diederich Lüken, )
-
Blockflötenvielfalt: Diese Platte ist mehr als eine simple Talentprobe: Max Volbers und sein Ensemble überzeugen mit einem eigenwilligen, am Ende stimmigen Programm. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Ars moriendi: Ein feines Album – niemand sollte sich von Titel und eher düsterer Aufmachung schrecken lassen. Franz Vitzthum ist in lyrischer Hochform zu erleben. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Uta Swora:
-
Einblick in die kompositorische Seele: Mit seiner bis ins kleinste Detail ausgefeilten und sowohl pianistisch als auch inhaltlich überzeugenden Interpretation gewährt Yunus Kaya dem Zuhörer auf meisterhafte Weise einen Einblick in das anspruchsvolle Herzstück von Brahms' Klavierwerk. Weiter...
(Dr. Uta Swora, )
-
Beethoven mit eigener Note: Josep Coloms ungewöhnliche und in ihrer künstlerischen Freiheit inspirierende Interpretation der drei letzten Klaviersonaten und Bagatellen Beethovens zeigt, dass es nie zu spät ist, auch scheinbar bis ins letzte Detail vertraute Werke neu kennenzulernen. Weiter...
(Dr. Uta Swora, )
-
Vom Staub befreit: Egal wie oft man die Große C-Dur-Sinfonie von Schubert schon gehört haben mag – die Aufnahme des Residentie Orkest The Hague unter Jan Willem de Vriend bietet auch dem geübten Ohr eine faszinierende Neuinterpretation des Meisterwerks. Weiter...
(Dr. Uta Swora, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Russische Cello-Raritäten: Marina Tarasova stellt hier zwei bemerkenswerte russische Cellosonaten des 20. Jahrhunderts vor. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Nicht verwandt und nicht verschwägert: Klaviermusik vom Mozart-Freund. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Federleicht wie Träume: Aufbruch in die Klangwelten Salvatore Sciarrinos. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich