
Schubert, Franz - Lieder (Orchesterarrangements von Reger und Webern)
Einer stört
Label/Verlag: Pentatone Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
In den Orchestrierungen von Schubert-Liedern erweist sich Christian Elsner als expressiver Singdarsteller, doch sind die stimmlichen Einschränkungen auch wegen der exzellenten Klangqualität nicht zu überhören.
Max Reger erstellte seine Liedorchestrierungen (von eigenen wie fremden Werken) mit dem Ziel, im Sinfoniekonzert Liedblöcke nicht auf dem Flügel begleiten zu müssen. Er meinte, die ‚spindeldürre‘ Klavierbegleitung beeinträchtige die einzelnen Beiträge des Konzerts. Das bedeutete, dass Reger in seinen Orchestrierungen bewusst zurückhaltend vorging – ähnlich übrigens dem jungen Anton Webern, dessen Schubert-Orchestrierungen schon 1903 entstanden, gute zehn Jahre vor Regers Orchestrierungen, die dieser aufgrund seiner Erfahrungen als Meininger Hofkapellmeister schuf. Dass sich das neue Orchestergewand hiermit geradezu als natürliche Gestalt erweist, zeugt von der meisterlichen Handwerkerschaft beider Komponisten, die sich gänzlich dem Idiom des Originals unterordnen und auf ‚modernistische‘ äußerliche Hinzufügungen verzichten (Webern weniger als Reger). 'Du bist die Ruh‘', 'Tränenregen', 'Der Wegweiser' und 'Ihr Bild'. So erweist sich das Orchestergewand als stilistisch einfühlsam gestaltet, das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Marek Janowski bietet Exemplarisches.
Von Regers Hand sind fünfzehn Schubert-Orchestrierungen überliefert, von Webern fünf – dass auf der vorliegenden SACD (trotz genügenden Platzes) vier Lieder fehlen, liegt in der Beschränkung auf einen Sänger begründet, dem nicht zugemutet werden sollte, die drei Gretchen-Gesänge (Reger) und die Romanze aus 'Rosamunde' (Webern) einzuspielen. Dass dennoch die Hinzuziehung einer Sängerin sinnvoll gewesen wäre, erweist sich gleichwohl schnell, ist doch Christian Elsners Stimme leider in bedenklichem Zustand. Sie ist in der Höhe fahl; matt gewordene gepresste Spitzentöne, verquollene Passagen, intonatorische Unsicherheiten in der Tiefe und unkontrolliertes Vibrato sind einige der bedauerlichen Abnutzungserscheinungen. Lachmelismen und andere Manierismen zeigen, dass Elsner sich der Kontrolle eines Stimmbildners versichern sollte; so könnten sicher diverse der genannten Aspekte abgemildert und die Stimme in einigermaßen unbeschadetem Zustand weiter genutzt werden.
Am gelungensten erscheinen 'An den Mond' (in lyrischer Hinsicht) und 'Prometheus' als nicht mehr kleines musikalisches Drama – in letzterem Fall wird die Nähe von Elsners Stimme in Richtung René Kollo regelrecht offenbar (was Wunder, hat der Sänger doch längst Parsifal im Repertoire). Elsners Artikulation und Phrasierung sind vorbildlich, sein musikalisches Verständnis ist ungebrochen, und wenn die Stimme nicht immer ganz den kompositorischen Anforderungen entsprechen kann, so bleibt er doch ein expressiver Singdarsteller. Hiermit überfrachtet er aber die bewusst bescheiden angelegten Orchestrierungen.
Aufnahmetechnisch ist die Produktion – man erwartet es nicht anders von Pentatone – rundum überzeugend. Neben der SACD bietet das Label auch die Downloadmöglichkeit in hoher Qualität. Wie bedauerlich, dass so auch die vokalen Mängel des Sängers in bestmöglicher Klangqualität verewigt werden. Das Booklet ist sorgsam, wenn auch nicht übermäßig inspiriert von der Textgestaltung her; es fehlt aber nichts, auch die Gesangstexte sind abgedruckt. Insgesamt eine uneinheitliche Produktion von den einzelnen Leistungen her. Schade um die verpasste Gelegenheit.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Schubert, Franz: Lieder (Orchesterarrangements von Reger und Webern) |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Pentatone Classics 1 09.10.2015 |
Medium:
EAN: |
SACD
827949039461 |
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