
Carter, Elliott - Symphonia: Sum Fluxae Pretium Spei für Orchester
Vom wahren Wert der Rundfunkbeiträge
Label/Verlag: Neos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Elliott Carters Symphonia 'Sum fluxae pretium spei' erfährt durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eine tiefenscharfe, großartige Wiedergabe.
Die verdienstvolle Münchner Musica Viva-Reihe bietet immer wieder wichtige Aufführungen von unverdient vergessenen Werken, immer wieder auch Uraufführungen. Elliott Carters (1908–2012) Symphonia 'Sum fluxae pretium spei' (Ich bin der Preis der stetigen Hoffnung) auf ein Motto des englischen Barockdichters Richard Crashaw begann ihre Existenz ab 1992 als drei separate Kompositionen für unterschiedliche Orchester; erst im weiteren Verlauf bis 1996 erhielt das Werk seine jetzige Form, die Uraufführung erfolgte 1998. Carter präsentiert hier seine volle kompositorische Meisterschaft, und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung des Argentiniers Emilio Pomàrico bietet im Konzert am 14. Januar 2012 (rund zehn Monate vor dem Tod des Komponisten) eine hochvirtuose Leistung, die beweist, wo Rundfunkgebühren wirklich sinnvoll investiert sind – in das, was man wohl nachhaltige Kulturförderung nennen darf (die Konzertreihe wird seit 1948 vom Bayerischen Rundfunk veranstaltet). Carters komplexe Strukturen in den drei 'Partita', 'Adagio tenebroso' und 'Allegro scorrevole' überschriebenen Sätzen werden in größtmöglicher Klarheit erkundet, unterstützt von im besten Sinne dienender Aufnahmetechnik. Ob feine kontrapunktische Linien oder komplizierte Klangballungen und -steigerungen – Carters Symphonia ist eine Welt für sich, deren intensive Erkundung sich allenthalben lohnt. Die Neuveröffentlichung reiht sich qualitativ (nahezu) in eine Reihe mit Oliver Knussens Einspielung mit dem BBC Symphony Orchestra in Folge der Uraufführung (Deutsche Grammophon), die jedoch wegen ihres autoritativen Charakters nicht ganz erreicht werden kann.
Charles Ives‘ (1874–1954) 'Robert Browning Overture' entstand 1908-1912, feierte 2012 also ihr hundertjähriges Jubiläum. Es muss kaum erwähnt werden, dass das Werk nicht im Geringsten Alterspatina angesetzt hat, auch nicht in der Einspielung unter Stefan Asbury. Interessanterweise ist die Anzahl der kommerziellen Tonträgeraufnahmen der ‚Konzertouvertüre‘ bis heute sehr überschaubar (u.a. haben sich Kenneth Schermerhorn, Ingo Metzmacher und Leopold Stokowski um das Werk verdient gemacht, letzterer auch als Uraufführungsdirigent 1956). Asbury interpretiert Ives sozusagen auch aus der Sicht Carters, als einen Komponist der Klangfarben. Wo Stokowski stets auch einen dramatischen Impuls unterlegte, haben wir hier fein strukturierte changierende Klangflächen, aus denen heraus sich thematisches Material erhebt und sozusagen jene Antwort liefert, die Carter bewusst nicht bereitstellt. Dennoch bleibt Ives für seine Zeit rätselhaft – ein Komponist, der ganz seinen eigenen Weg geht und dessen Einfluss auf die amerikanische Musik auch noch hundert Jahre später nicht zu gering zu schätzen ist. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, in den normalen Sinfoniekonzerten heute allzu häufig viel zu wenig entdeckerfreudig, erweist sich als etwa dem BBC Symphony Orchestra durchaus ebenbürtig.
Das Programmheft komplettiert sehr zufriedenstellend das Gesamtprodukt, dem eine möglichst große Verbreitung zu wünschen wäre. Auch sonst ist die Musica-Viva-Reihe sehr empfehlenswert, wenn auch leider selbst von der Seite der Veranstalter her viel zu wenig beworben und so schlussendlich nicht ganz so nachhaltig, wie es möglich und wünschenswert wäre.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Carter, Elliott: Symphonia: Sum Fluxae Pretium Spei für Orchester |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Neos 1 14.08.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
4260063114205 |
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