> > > Adams, John: Absolute Jest für Streichquartett & Orchester
Freitag, 31. März 2023

Adams, John - Absolute Jest für Streichquartett & Orchester

Klanggewebe und Farben


Label/Verlag: San Francisco Symphony
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Michael Tilson Thomas legt gemeinsam mit der San Francisco Symphony eine weitere Platte mit Werken des amerikanischen Komponisten John Adams vor, die in klanglich exzellenten Live-Aufnahmen erklingen.

Der Dirigent Michael Tilson Thomas liebt die Musik von John Adams. Davon kündet nicht nur seine 2012 erschienene Annäherung an die groß dimensionierte Orchesterkomposition 'Harmonielehre', sondern auch diese neue Produktion des hauseigenen Labels der San Francisco Symphony. Im Mittelpunkt stehen die Mitschnitte zweier im Abstand von drei Jahrzehnten entstandenen Werke des 1947 geborenen Amerikaners: Das eröffnende 'Absolute Jest' für Streichquartett und Orchester (2012) widmet sich einer relativ seltenen anzutreffenden konzertanten Besetzung und ist zugleich – eingedenk der Tatsache, dass es sich beim Streichquartett um eine für Musikgeschichte außerordentlich wichtige Besetzung handelt, die der Musik Beethovens eine Menge verdankt – eine großangelegte Hommage, in die Adams neben Bruchstücken aus Beethovens Streichquartetten op. 131, op. 135 und der 'Großen Fuge' auch Zitate aus der Siebten und Neunten Sinfonie sowie der ‚Waldstein‘-Sonate eingeflochten hat. Allerdings sind diese manchmal so eng mit dem Ausdruck seiner eigenen Musik verknüpft, dass sie oft gar nicht sofort auffallen.

Der Titel verweist auf den scherzhaften Hintergrund dieser musikalischen Anverwandlung, mit der Adams die in einigen jüngeren Werken erkennbare Tendenz zum Anspielungsreichtum fortsetzt. Die vier Solisten setzt er dabei so ein, dass sie, in gewissem Sinne in alter Concerto-grosso-Manier, immer wieder als Teil des Orchesters erscheinen, um sich dann auf unterschiedliche Weise aus dessen Klang herauszulösen. Solistische Virtuosität steht dabei nicht im Vordergrundgrund, vielmehr kommt es Adams darauf an das klangliche Verhältnis zwischen Soloquartett und einzelnen Gruppen innerhalb des Orchesters oder dessen Gesamtheit immer wieder anders zu gestalten. Dem St Lawrence String Quartet (Geoff Nuttall und Scott St. John, Violine; Lesley Robertson, Viola; Christopher Costanza, Violoncello) gelingt eine außerordentlich geschlossene Wiedergabe dieser Passagen, zumal es im Zusammenspiel mit der San Francisco Symphony nicht nur zu einigen intime Momente kommt, sondern auch immer wieder Abschnitte voller rhythmischer Energie erklingen. Dies ist besonders spannend, wenn sich – wie im 'Prestissimo'-Schlussabschnitt – unterschiedliche rhythmische Schichten überlagern.

'Absolut Jest' mag zwar nicht das stärkste Werk des Komponisten sein, doch steckt die Musik voller überraschender und humorvoller Wendungen, die ein genaueres Anhören lohnen. Interessant ist auch der Vergleich mit der älteren 'Grand Pianola Music' für zwei Klaviere, Stimmen und Orchester (1982), die über weite Strecken hinweg klanglich viel feiner gearbeitet ist, da es hier viel stärker auf die Wahrnehmung der Konfrontation differierender rhythmischer Abläufe und Pulsationen ankommt und die vokale Komponente – hier den Synergy Vocals anvertraut – im resultierenden Gewebe eine wichtige Funktion übernehmen. Orli Shaham und Marc-André Hamelin setzen den oft zart getupften Orchesterparts und den flächigen Vokalharmonien ein eng miteinander verzahntes Klaviergewebe entgegen, woraus sich für das Werk eine vielschichtige Klangräumlichkeit ergibt, die durch die brillante und tiefenscharfe Aufnahmetechnik der SACD noch unterstrichen wird. Wie immer man zu John Adams und seiner gelegentlich den Kitsch streifenden Ausdruckswelt stehen mag: Diese neue Produktion unterstreicht, dass es sich bei ihm um einen der kompetentesten Vertreter orchestralen Komponierens vor und nach der Jahrtausendwende handelt.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Adams, John: Absolute Jest für Streichquartett & Orchester

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
San Francisco Symphony
1
04.09.2015
Medium:
EAN:

SACD
821936006320


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San Francisco Symphony

Das SAN FRANCISCO SYMPHONY Orchestra gab seine ersten Konzerte im Jahre 1911 und hat seitdem bei wachsender Publikumsbegeisterung unter einer Reihe von Dirigenten konzertiert: Henry Hadley, Alfred Hertz, Basil Cameron, Issay Dobrowen, Pierre Monteux, Enrique Jordá, Josef Krips, Seiji Ozawa, Edo de Waart, Herbert Blomstedt (nun zum Ehren-Dirigenten ernannt) und seit 1995 unter Michael Tilson Thomas. In den vergangenen Jahren konnte das San Francisco Symphony Orchestra einige der weltweit bedeutendsten Schallplatten-Preise gewinnen, wie den französichen Grand Prix du Disque, den britischen Gramophone Award und eine Reihe von Grammys für die Aufnahmen von Werken Brahms', Orffs, Prokofievs und Strawinskys. Die erste Aufnahme des Mahler-Zyklus', die 6. Sinfonie, erhielt 2002 den Grammy für die beste Orchesterproduktion des Jahres, die Aufnahme der 3. Sinfonie wurde 2003 mit dem Grammy der Kategorie "bestes klassisches Album" ausgezeichnet. 2006 wurden dem San Francisco Symphony Orchestra anlässlich der Aufnahme der 7. Sinfonie die beiden Grammys für die beste Orchesterproduktion und für das beste klassische Album des Jahres zuerkannt; die Aufnahme von Mahlers Achter wurde 2009 mit drei Grammys für das beste klassische Album, die beste Chorproduktion und das bestausgeführte klassische Album geehrt. 2004 wurde das multimediale Pädagogikprojekt Keeping Score im TV, auf DVD, über den Rundfunkt und die Website keepingscore.org lanciert.

Für das Label RCA Red Seal hat das SFS unter Michael Tilson Thomas auch Berlioz' Symphonie fantastique, zwei Copland-Alben, eine musikalische Auswahl von Charles Ives und eine Gershwin-Sammlung aufgenommen, die das Programm der Eröffnungsgala der Saison 1998 in der Carnegie Hall New York enthält. Die Celebration of Leonard Bernstein, eine Live-Aufnahme der Carnegie Hall-Eröffnungsgala von 2008, wurde bundesweit im Fernsehen ausgestrahlt und ist auf DVD erhältlich.

Das San Francisco Symphony Orchestra ist regelmäßig in den USA, Europa und Asien zu hören und debütierte 1990 mit großem Erfolg bei den Salzburger Festspielen und beim Lucerne Festival. 1980 übersiedelte das Orchester in die neu erbaute Louise M. Davies Symphony Hall. Im selben Jahr wurde zusätzlich das San Francisco Jugendsymphonie-Orchester gegründet. Der San Francisco Symphony Chorus ist auf dem Soundtrack der drei weltbekannten Filme "Amadeus", "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" und "Der Pate III" zu hören. Das San Francisco Symphony Orchestra hat nicht nur im Jahre 1926 als erstes amerikanisches Orchester überhaupt im Radio symphonische Musik aufgeführt, sondern wird auch noch heute überall in den USA gern gehört und leistet durch seine künstlerische Vielfalt einen wesentlichen Beitrag zum amerikanischen Musikleben.


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