> > > Matthias Rácz spielt: Fagottkonzerte von Francaix, Tomasi, Jovilet, Villa-Lobos
Montag, 25. September 2023

Matthias Rácz spielt - Fagottkonzerte von Francaix, Tomasi, Jovilet, Villa-Lobos

Hanswurst


Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Das Fagott kann mehr, als den Faxenmacher zu spielen. Matthias Rácz zeigt das mit feinen Nuancen, zu denen das Stuttgarter Kammerorchester nicht in gleichem Maße herausgefordert wird.

Ach, das Fagott hat es nicht leicht. War es über Jahrhunderte hin nur Stützinstrument der Basslinie ohne eigenen Charakter, wurde es zum Hanswurst des Orchesters. Als ab dem 20. Jahrhundert das Instrument verstärkt mit hochanspruchsvollen Aufgaben betraut wurde, gerieten diese Werke schnell in das berühmte Regal mit der Beschriftung ‚Ach, gibt‘s das? Hab ich vergessen‘. Nicht zuletzt lag dies daran, dass sich viele Musiker in ihr unvermeidliches Schicksal ergeben haben und allenthalben in Kammermusik eine gewisse Selbstverwirklichung erleben können, weit weniger als Orchestermusiker und erst recht kaum in der Musik vor 1850.

Die hier vorliegenden Werke gehören natürlich dieser Kategorie ebenso wenig an wie ihr Interpret, der 1980 geborene Matthias Rácz, Solofagottist am Tonhalle-Orchester Zürich und im Lucerne Festival Orchestra. In Jean Françaix‘ ironischem Fagottkonzert (1979) wie auch in dessen Divertimento für Fagott und Streicher (1942/196) darf Rácz so auch wieder den Faxenmacher geben, wenn auch nicht ohne innige oder sentimentalische Anklänge. Ganz anders in Heitor Villa-Lobos‘ 'Ciranda das sete notas' (1933), in der das Fagott essenziell als lyrisches Instrument eingesetzt wird und seinen eigenen melancholischen Charakter mitbringt, ohne dass Villa-Lobos gänzlich auf Virtuosität verzichten würde. Emotional noch stärker überzeugt das zweisätzige Fagottkonzert von André Jolivet aus dem Jahr 1954 durch seine zahlreichen innerlichen Passagen; doch auch die virtuosen Momente haben Tiefgang. Leider gerät im Fagottkonzert von Henri Tomasi (1961) das Finale abermals etwas zu ‚wurstig‘. Wen‘s nicht stört, ist mit gut gemachter, aber eben nicht nachhaltig tiefgründiger Musik bedient.

Das Stuttgarter Kammerorchester erweist sich als engagierter Partner Ráczs, und wenn im Booklet der Werbetext für den Dirigenten Johannes Klumpp einen dem Intendierten gegenteiligen Effekt erzielt und den Hörer eher skeptisch denn überzeugt zurücklässt, ist dies mehr dem Booklet als dem Dirigenten anzulasten. Im direkten Vergleich mag Klumpp nicht ganz in einer Liga mit Alun Francis oder anderen wirken (besonders wären auch seine Einlassungen im Booklet dringend redaktionsbedürftig gewesen), auch wenn das vibratoarme Spiel des Orchesters der Musik gut tut. Allerdings hätte man sich noch mehr Klangfarbennuancen und dynamische Schattierungen vorstellen können, die der Solist in der Tat zuhauf bietet. So bleibt das Orchester (wohl weniger durch eigenes Verschulden als durch die Perspektive des Dirigenten) gelegentlich im Effekt etwas zu farblos, zu neutral im Ausdruck. Die Aufnahmetechnik gibt die Darbietung auf bestmögliche Weise wieder, und gerade in den ruhigeren Momenten gibt es richtiggehend faszinierende Klangmomente, die dann aber wieder durch veräußerlichte Virtuosität zunichte gemacht werden. Wofür die Kompositionen selbst nicht ganz unschuldig sind.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Matthias Rácz spielt: Fagottkonzerte von Francaix, Tomasi, Jovilet, Villa-Lobos

Label:
Anzahl Medien:
ARS Produktion
1
Medium:

SACD


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Francaix, Jean
 - Konzert für Fagott und 11 Streicher - Allegro Moderato
 - Konzert für Fagott und 11 Streicher - Scherzando
 - Konzert für Fagott und 11 Streicher - Grave
 - Konzert für Fagott und 11 Streicher - Risoluto
 - Divertissement für Fagott und Streichorchester - Vivace
 - Divertissement für Fagott und Streichorchester - Lento
Jovilet, André
 - Konzert für Fagtt, Streicher, Harfe und Klavier - Recitativo - Allegro giovale
 - Konzert für Fagtt, Streicher, Harfe und Klavier - Largo cantabile - Fugato
Tomasi, Henri
 - Konzert für Fagott mit Harfe - Andante & Allegro
 - Konzert für Fagott mit Harfe - Serenade Nocturne: Andantino
 - Konzert für Fagott mit Harfe - Finale Saltarelle: Giocoso
Villa-Lobos, Heitor
 - Ciranda das sete notas für Fagott und Streicher -


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Orchester/Ensemble:Stuttgarter Kammerorchester
Interpret(en):Rácz, Matthias
Klumpp, Johannes


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ARS Produktion

Das exquisite Klassiklabel ARS Produktion wurde 1987 von Annette Schumacher mit dem Ziel gegründet, jungen, aufstrebenden Künstlern und interessanten Programmen gleichermaßen eine individuelle musikalische Heimat und entsprechende Marktchancen, u.a. durch internationalen Vertrieb und Vermarktung zu geben. Die bei Paul Meisen ausgebildete Konzertflötistin hat sich damit nach langer aktiver Musikerlaufbahn einen geschäftlichen Traum erfüllt.
Für die hervorragende Aufnahmequalität der zahlreichen ARS Produktionen ist Manfred Schumacher, Tonmeister und Aufnahmeleiter, verantwortlich.
Spezifisch für das Label und die Haltung seiner Macher/in: stets wird u.a. den klanglichen Erfordernissen der jeweiligen Werke, Musikepochen und Instrumente in größtmöglicher Weise Rechnung getragen sowie im Übrigen die neueste, beste Technik eingesetzt.
Annette und Manfred Schumacher sind ?Überzeugungstäter?. Zwei Individualisten, die Kunst, Kommerz und Können geschickt vereinbaren.
?Die SACD - Super Audio CD kombiniert die Präzision der digitalen Reproduktion mit der Wärme des analogen Klanges. Das hat uns überzeugt.?


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