> > > Britten, Benjamin: Sämtliche Streichquartette
Freitag, 9. Juni 2023

Britten, Benjamin - Sämtliche Streichquartette

Maßstäbe


Label/Verlag: Challenge Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Das Brodsky Quartet interpretiert Britten - mit großem Erfolg. Was allerdings fehlt, ist das frühe Streichquartett D-Dur.

Die Kompositionen für Streichquartett, die Benjamin Britten mit großen Pausen komponierte, sind weniger musikgeschichtliche Meilensteine als vielmehr kompositorische Zeugnisse einer künstlerischen Persönlichkeit, die geistreiche musikalische Einfälle mit einer unbedingten Spielfreude verknüpfte. Was die vorliegende Gesamteinspielung des Brodsky Quartet auszeichnet, ist die kompromisslose Annäherung an diese großartigen Kompositionen, die beweist, dass Musik auch dann innovativ sein kann, wenn sie tonal ist (Divertimenti und Streichquartette op. 25 und 36) oder wenn sie sich in freier Tonalität bewegt, wie Brittens letzter Beitrag zur Gattung, das Streichquartett Nr. 3 op. 94  aus dem Jahre 1975.

Außerordentlich reizvoll gelingt der Beginn des ersten Satzes des zweiten Streichquartetts mit seinen wechselnden Klangflächen sowie den rhythmischen Achtelfiguren mit den oft blitzartigen Kontrasten. Überaus flexibel mit einer pointierten Darstellung der Rhythmik agieren die vier Musiker im schnellen zweiten Satz, um sich umso subtiler mit der hochentwickelten Dramaturgie des letzten Satzes zu beschäftigen. Mit gleicher hochentwickelter Spielkultur wird das letzte Streichquartett aus dem Jahre 1975 realisiert, das Britten auf der Höhe seiner gestalterischen Phantasie zeigt.

Ein interpretatorischer Glanzpunkt ist die Wiedergabe des fünften Satzes, ein Rezitativ mit anschließender Passacaglia - einer der subtilsten Sätze von Britten überhaupt. An diesem durch wild herausfahrende rhythmische Akzente, geschärfte Chromatismen und langen Melodiebögen geschärften Satz treffen sich in der Deutung des Brodsky Quartet technische Sorgfalt und nachschöpferische Empfindungsfähigkeit in höchster Vollendung. Im 'Recitativ' wird auch Material aus der Oper 'Death in Venice' zitiert, und der Satzuntertitel 'La Serenissima' ist ja der bekannte Beiname Venedigs. Der Komponist besuchte die Lagunenstadt im November 1975 ein letztes Mal und arbeitete in dieser Zeit am Finale.

Die Interpretationen der Streichquartette Brittens durch das Brodsky Quartet sind ein überzeugendes Plädoyer dafür, dass man diese Werkgruppe nur vor dem Hintergrund eines "konservativen" Fortschrittsdenkens als epigonal bezeichnen kann. Die drei Divertimenti, die 1936 uraufgeführt wurden, runden diese hervorragende CD-Box ab. Gerade die ersten Streichquartette sowie diese drei Divertimenti könnten auch einen Anstoß dazu geben, sich wieder einmal mit Brittens vernachlässigtem Lehrer Frank Bridge zu beschäftigen. Leider fehlt auf dieser Einspielung allerdings das frühe Streichquartett in D-Dur aus dem Jahr 1931.

 

 

 

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Britten, Benjamin: Sämtliche Streichquartette

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Challenge Classics
2
07.08.2015
Medium:
EAN:

CD
608917265521


Cover vergössern

Challenge Classics

CHALLENGE RECORDS ist eine unabhängige Schallplattenfirma, die ihren Sitz in den Niederlanden hat. Sie setzt sich aus einer Gruppe von Musikenthusiasten zusammen, die mit großer Leidenschaft für den Jazz und die Klassische Musik internationale Produktionen kreieren.
Die Zusammenarbeit mit Künstlern wie Ton Koopman, dem Combattimento Amsterdam, dem Altenberg Trio Wien, Musica Antiqua Köln u.v.a., gibt CHALLENGE CLASSICS ein eindeutiges Profil.
Neben den inhaltlichen Schwerpunkten im Bereich der Barockmusik und der Kammermusik, finden sich auch herausragende Aufnahmen im Liedgesang, in frühklassischer Sinfonik sowie Opern und Oratorien auf DVD-Video.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Challenge Classics:

  • Zur Kritik... Russische Cello-Raritäten: Marina Tarasova stellt hier zwei bemerkenswerte russische Cellosonaten des 20. Jahrhunderts vor. Weiter...
    (Dr. Jan Kampmeier, )
  • Zur Kritik... Kontrapunktischer Eigensinn: Fabio Antonio Falcone gelingt eine eindrucksvolle Präsentation mit Werken von Jan Pieterszoon Sweelinck: Interpretatorisch wie im Blick auf das Repertoire. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Bob van der Ent scheitert an Bachs Sonaten und Partiten : Challenge Classics wirft noch einmal eine Doppel-CD mit Bach auf den Markt. Der niederländische Violinist Bob van der Ent kann aber den hohen Ansprüchen an das Werk nicht gerecht werden. Weiter...
    (Manuel Stangorra, )
blättern

Alle Kritiken von Challenge Classics...

Weitere CD-Besprechungen von Michael Pitz-Grewenig:

blättern

Alle Kritiken von Michael Pitz-Grewenig...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Kaiserliche Trauer: Trauermusiken von Leopold I. – Kompositionen, die weit mehr sind als Liebhaberei mit Ambition: Es sind vielmehr ernsthafte, substanzreiche Arbeiten von satisfaktionsfähigem Format. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
  • Zur Kritik... Große Formen: Pierre-Laurent Aimard intensiviert seinen Einsatz für Beethoven. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Das Lied als Sprachrohr erlittener Gewalt: Die Mezzosopranistin Esther Valentin-Fieguth und die Pianistin Anastasia Grishutina haben bekannte Lieder zu einem düsteren Szenario menschlicher Not arrangiert. Weiter...
    (Christiane Franke, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

Class aktuell (1/2023) herunterladen (5900 KByte) NOTE 1 - Mitteilungen (2/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Henri Bertini: Nonetto op.107 in D major - Allegro vivace

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich