
Britten, Benjamin - Sämtliche Streichquartette
Maßstäbe
Label/Verlag: Challenge Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Brodsky Quartet interpretiert Britten - mit großem Erfolg. Was allerdings fehlt, ist das frühe Streichquartett D-Dur.
Die Kompositionen für Streichquartett, die Benjamin Britten mit großen Pausen komponierte, sind weniger musikgeschichtliche Meilensteine als vielmehr kompositorische Zeugnisse einer künstlerischen Persönlichkeit, die geistreiche musikalische Einfälle mit einer unbedingten Spielfreude verknüpfte. Was die vorliegende Gesamteinspielung des Brodsky Quartet auszeichnet, ist die kompromisslose Annäherung an diese großartigen Kompositionen, die beweist, dass Musik auch dann innovativ sein kann, wenn sie tonal ist (Divertimenti und Streichquartette op. 25 und 36) oder wenn sie sich in freier Tonalität bewegt, wie Brittens letzter Beitrag zur Gattung, das Streichquartett Nr. 3 op. 94 aus dem Jahre 1975.
Außerordentlich reizvoll gelingt der Beginn des ersten Satzes des zweiten Streichquartetts mit seinen wechselnden Klangflächen sowie den rhythmischen Achtelfiguren mit den oft blitzartigen Kontrasten. Überaus flexibel mit einer pointierten Darstellung der Rhythmik agieren die vier Musiker im schnellen zweiten Satz, um sich umso subtiler mit der hochentwickelten Dramaturgie des letzten Satzes zu beschäftigen. Mit gleicher hochentwickelter Spielkultur wird das letzte Streichquartett aus dem Jahre 1975 realisiert, das Britten auf der Höhe seiner gestalterischen Phantasie zeigt.
Ein interpretatorischer Glanzpunkt ist die Wiedergabe des fünften Satzes, ein Rezitativ mit anschließender Passacaglia - einer der subtilsten Sätze von Britten überhaupt. An diesem durch wild herausfahrende rhythmische Akzente, geschärfte Chromatismen und langen Melodiebögen geschärften Satz treffen sich in der Deutung des Brodsky Quartet technische Sorgfalt und nachschöpferische Empfindungsfähigkeit in höchster Vollendung. Im 'Recitativ' wird auch Material aus der Oper 'Death in Venice' zitiert, und der Satzuntertitel 'La Serenissima' ist ja der bekannte Beiname Venedigs. Der Komponist besuchte die Lagunenstadt im November 1975 ein letztes Mal und arbeitete in dieser Zeit am Finale.
Die Interpretationen der Streichquartette Brittens durch das Brodsky Quartet sind ein überzeugendes Plädoyer dafür, dass man diese Werkgruppe nur vor dem Hintergrund eines "konservativen" Fortschrittsdenkens als epigonal bezeichnen kann. Die drei Divertimenti, die 1936 uraufgeführt wurden, runden diese hervorragende CD-Box ab. Gerade die ersten Streichquartette sowie diese drei Divertimenti könnten auch einen Anstoß dazu geben, sich wieder einmal mit Brittens vernachlässigtem Lehrer Frank Bridge zu beschäftigen. Leider fehlt auf dieser Einspielung allerdings das frühe Streichquartett in D-Dur aus dem Jahr 1931.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Britten, Benjamin: Sämtliche Streichquartette |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Challenge Classics 2 07.08.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
608917265521 |
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