> > > Wolf, Ernst Wilhelm: Streichquartette
Montag, 25. September 2023

Wolf, Ernst Wilhelm - Streichquartette

Eigene Wege


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die Streichquartette von Ernst Wilhelm Wolf sind unbedingt wert, entdeckt und gehört zu werden - zumal in einer so fulminanten Deutung, wie sie hier zu erleben ist.

Rezensenten wiederholen sich ungern. Dass dies bei manchen Interpreten unvermeidbar ist, gehört zu den positiven wie den negativen Erscheinungen des Metiers. Die vorliegende CD mit Kammermusik des mir bis dato unbekannten Ernst Wilhelm Wolf (1735–1792) reiht sich nahtlos in die Kette hochqualitativer Preziosen des Kölner Pleyel Quartetts ein. In Gotha aufgewachsen, ließ sich Wolf, nach Stationen in Leipzig, Naumburg und Italien in Weimar nieder, wo er 1772 zum Hofkapellmeister ernannt wurde. Heute sind zwölf Streichquartette Wolfs aus den rund letzten fünfzehn Lebensjahren des Musikers bekannt – fünf werden hier vorgelegt, drei von bilden das Sammelopus 3, die beiden anderen entstanden vermutlich 1781 bzw. sicher 1789. Musikalisch geht Wolf teilweise deutlich andere Wege als die Meister der Wiener Klassik, was die Musikgeschichte deutlich bereichert. Wolfs Kompositionen waren durchaus auf einen internationalen Markt ausgerichtet (die ersten beiden Quartettserien erschienen bei Johann Julius Hummel in Berlin und Amsterdam), doch schon bald war absehbar, dass Wolfs Ruhm nachlassen würde – die Quartette op. 3 erschienen 1785 im eher unbekannten Verlag von Philipp Baßler in Speyer. Dies hat nicht mit der Qualität der Kompositionen zu tun, eher an der ‚Übermacht‘ des Wiener Stils. Wolfs Streichquartette sind aus der traditionellen Triosonate abgeleitet – d.h. die Oberstimmen stehen einem ‚Grund- bzw. Generalbass‘ (Booklettext) gegenüber. Mit seinen Kompositionen schließt Wolf eine wichtige Lücke zwischen der Musik des Spätbarock und der Musik um 1800.

Das auf historischen Instrumenten musizierende Pleyel Quartett Köln (Ingeborg Scheerer, Milena Schuster, Andreas Gerhardus und Nicholas Selo) findet einen durchaus eigenen Ton für die Werke, denen man mit etwas anderen Eigenschaften gegenübertreten muss als Kompositionen von Haydn, Mozart oder Beethoven. Zum einen betrifft das die musikalische Balance, die etwas anders ausgerichtet werden muss. Doch auch die Stimmung darf angepasst werden – und beide Techniken sind im vorliegenden Fall optimal in den Dienst der Musik gestellt. Das g-Moll-Quartett op. 3 Nr. 3 gerät klanglich ganz anders als das Quartett Es-Dur op. 3 Nr. 1 – so bleiben die musikalischen Charaktere noch weitaus stärker gewahrt als dies durch ‚modernistische‘ Interpretationen möglich wäre. Auch das Changieren zwischen archaisierenden und modernistischen Aspekten in der Musik kommt herrlich zur Geltung. Das ist Musik nicht nur fürs Herz, sondern auch, gerade in der vorliegenden Interpretation, Musik für den Kopf. Nicht nur im Mittelsatz des g-Moll-Quartetts ist der Hörer beeindruckt von der Legatokultur der Musiker. Ganz eigene Klänge bietet das Es-Dur-Quartett op. 3 Nr. 2.

Wenn es vielleicht etwas kritisch zu vermerken gäbe, dann die Platzierung des C-Dur-Quartetts von 1789, das stilistisch den Opus 3-Quartetten bereits durchaus fernsteht, so dass sich hier eine Art hörbarer ‚Stilbruch‘ ergibt. Doch beeinträchtigt das nicht die musikalische Gesamtleistung. Ein erfreulich informatives Booklet komplettiert die auch aufnahmetechnisch vorbildliche Produktion.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Wolf, Ernst Wilhelm: Streichquartette

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
cpo
1
20.06.2015
Medium:
EAN:

CD
761203785629


Cover vergössern

Wolf, Ernst Wilhelm
 - String Quartet in B flat major op. 3,1 - I. Allegro assai
 - String Quartet in B flat major op. 3,1 - II. Adagio
 - String Quartet in B flat major op. 3,1 - III. Allegro con spirito
 - String Quartet in G minor op. 3,3 - I. Allegro assai
 - String Quartet in G minor op. 3,3 - II. Andantino
 - String Quartet in G minor op. 3,3 - III. Allegro piu tosto presto
 - String Quartet 'Quartetto' in C major - I. Allegretto
 - String Quartet 'Quartetto' in C major - II. Largo
 - String Quartet 'Quartetto' in C major - III. Presto
 - String Quartet 'Quatro' in D minor - I. Allegro
 - String Quartet 'Quatro' in D minor - II. Poco lento
 - String Quartet 'Quatro' in D minor - III. Allegro con spirito


Cover vergössern

cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...
Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:

blättern

Alle Kritiken von cpo...

Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:

  • Zur Kritik... Es dreht sich nur um einen: Der Klaviertriokomponist Camille Saint-Saëns als Schöpfer und Nachschöpfer. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Kein überzeugendes Plädoyer: Dem Constanze Quartett mangelt es an rhetorischer Überzeugungskraft, um drei Streichquartette Emilie Mayers zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Pionierleistungen: Bedeutsame Dokumente der Havergal-Brian-Diskografie. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle Kritiken von Dr. Jürgen Schaarwächter...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (4400 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Georges Bizet: Jeux d'enfants op.22

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

"Schumann ist so tiefgreifend, dass er den Herzensgrund erreicht."
Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich