
Schubert, Franz - Streichquintett
Schubert mit Problemen
Label/Verlag: Challenge Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Kuijken Quartet musiziert gemeinsam mit dem Cellisten Michel Boulanger das C-Dur-Quintett von Franz Schubert, kann aber nicht in allen Belangen überzeugen.
Unüberschaubar sind mittlerweile die Einspielungen von Franz Schuberts Streichquintett C-Dur D 956, auch wenn die wirklich exzellenten Interpretationen eher dünn gesät sind. Die vorliegende, bei Challenge Records erschienene SACD mit dem Kuijken Quartet (Veronica und Sigiswald Kuijken, Violine; Sara Kuijken, Viola; Wieland Kuijken, Violoncello) und dem Cellisten Michel Boulanger als Verstärkung gehört für mich eher ins Mittelfeld, weil sie zwar einige Vorzüge aufweist, aber ansonsten auch gewisse Probleme nicht verbergen kann. Eine gewisse Eleganz ist beispielsweise dem sehr ansprechend und differenziert musizierten Beginn des Kopfsatzes nicht abzusprechen; sobald sich sich jedoch die Stimmen auseinander falten und in unterschiedliche Richtungen entwickeln, tritt das ein, was einem in dieser Aufnahme immer wieder begegnet: Die Musik beginnt steif zu wirken. Zum Teil hat dies sicherlich damit zu tun, dass die Musiker an vielen Stellen darauf bedacht sind, den Schubert’schen Quintettsatz als Klangfläche auszuarbeiten. Das Problem solcher Passagen – sie treten gehäuft im Finalsatz auf – ist dann aber, dass sie sich nicht immer lückenlos in den musikalischen Diskurs einfügen und zum Teil gar leblos erscheinen.
Weitere Auffälligkeiten betreffen das Zusammenspiel, das in der Exposition des Kopfsatzes etwas ungenau wirkt und besonders dort, wo zwei Stimmen gleiche Begleitmuster aufweisen, eine gewisse Zeit benötigt, bis sich die betreffenden Musiker aufeinander eingependelt haben. Zudem zeigt sich, dass Schuberts Musik aufgrund der vielen Oktavparallelen doch in Bezug auf die Intonation doch sehr heikel ist. Der exzellenten Klangqualität zum Trotz sind außerdem gewisse Balanceprobleme zu bemerken: So werden beim Stimmenduett der beiden Violoncelli im ersten Satz die parallel geführten Melodiebögen so stark in den Vordergrund gerückt, dass deren Pizzicato-Begleitung fast untergeht. Überhaupt liegt der Schwerpunkt häufig auf der melodischen Gestaltung, die im Vordergrund teils sehr ausdifferenziert ist, aber dennoch – wie an dieser Stelle – auf Kosten der oftmals wie mechanisch präsentierten Begleitstimmen im Hintergrund geht, was innerhalb des Satzgefüges zu einem Missverhältnis führt.
Gerade aufgrund dieser Vorrangstellung des melodischen Elements weist der langsame Satz einige besonders schöne Stellen auf. Hier sind es andere Dinge, die auffallen: Insgesamt bleibt auch hier die Bewegung zu sehr im Gleichmaß, die Übergänge zu harmonischen oder satztechnischen Veränderungen werden nur in geringem Maße und kaum jemals durch Agogik ausgekostet. Darüber hinaus erschließt sich einem als Hörer auch nicht so recht die Logik des Spiels mit und ohne Vibrato. Am überzeugendsten ist den Musikern vielleicht das Scherzo geglückt: In den Rahmenteilen gibt man sich mit impulsreich geformtem Spiel angenehm energetisch, während der kontrastierende Trio-Abschnitt dynamisch sehr weit ausgelotet wird und gerade dadurch überzeugt, dass – was leider in vielen anderen Aufnahmen der Fall ist – sein 'Andante sostenuto'-Tempo nicht verschleppt wird.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Schubert, Franz: Streichquintett |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Challenge Classics 1 13.03.2015 |
Medium:
EAN: |
SACD
608917264722 |
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Challenge Classics CHALLENGE RECORDS ist eine unabhängige Schallplattenfirma, die ihren Sitz in den Niederlanden hat. Sie setzt sich aus einer Gruppe von Musikenthusiasten zusammen, die mit großer Leidenschaft für den Jazz und die Klassische Musik internationale Produktionen kreieren. Mehr Info... |
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