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Dienstag, 26. September 2023

quatuor danel - new sounds from manchester

Zweite Schule


Label/Verlag: Metier Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Das Quatuor Danel macht seinem Ruf, exzellente Anwälte für Sperriges zu sein, alle Ehre und lässt die Streichquartett-Beiträge der zeitgenössischen englischen Komponisten vor Intensität vibrieren.

In den 1950er-Jahren war am Royal Northern College of Music in Manchester der Professor Richard Hall Zentrum einer ausgesprochen avantgardistische Gruppe an Musikern, vornehmlich Komponisten, die die britische Musikgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflussen sollten – Harrison Birtwistle etwa, Peter Maxwell Davies, Alexander Goehr oder John Ogdon. Heute kann man vielleicht von einer zweiten solchen Manchester-Schule sprechen – entstammend dem Umkreis von John Casken und Philip Grange, Kompositionsprofessoren an der Universität. Die vorliegende CD ergänzt Streichquartettwerke dieser beiden Komponisten durch Werke von Richard Walley und Camden Reeves, beide Kompositionsdozenten an der Universität.

Nun ist das Quatuor Danel nicht gerade bekannt für akademisches Musikmachen, und nichts könnte bei den vier genannten Komponisten ferner liegen. Von Camden Reeves (*1974) bietet das Quartett die ersten beiden Streichquartette, das einsätzige 'Fireworks Physonect Siphonophore' (2009) und den dreisätzigen 'Dactylozooid Complex' (2011). Beide Werke nehmen auf Quallen bzw. Wehrpolypen Bezug, faszinierende und evasive Wesen, deren Vielgestaltigkeit beide Kompositionen teilweise in nicht ganz unähnlicher Weise erkunden; das zweite Quartett geht aber in seiner Tiefe und spieltechnischen Vielfalt noch deutlich über das erste hinaus. Ersteres Werk wurde für das Quatuor Danel geschrieben, ebenso wie Richard Walleys (*1974) 'Interlocking Melodies' (2007), eine Hommage an Witold Lutoslawski. Viel linearer ist hier die kompositorische Faktur als in Reeves‘ beiden Quartetten und bietet so einen interessanten Kontrast.

John Caskens (*1949) 'Choses en moi' entstand 2003 für das Lindsay String Quartet. Das Stück nimmt seinen Titel von einem Klavierzyklus Serge Prokofjews. Die Intensität der Komposition, seine Energie ebenso wie seine melodiösen Aspekte machen sie zu einem besonderen Schatz der CD. Das umfangreichste Werk der CD (es nimmt fast die Hälfte der Gesamtdauer ein) ist Philip Granges (*1956) viersätziges 'Ghosts of Great Violence' (2012), das seine Inspiration aus Besuchen der Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges an der Somme bezieht. Abermals spielte das Quatuor Danel die Uraufführung des komplexen Werkes, das weit über äußerliche Beschreibung der Geister der Weltkriegstoten hinausgeht, vielmehr auch absolut musikalisch ausgesprochen reichhaltig ist und u.a. auch das BACH-Motiv inkorporiert. Die Bezugnahmen sind aber weniger aufgesetzt als bei manch bekannterem englischen Zeitgenossen und dadurch überzeugender. Natürlich ist die Musik äußerst anspruchsvoll (für das Publikum ebenso wie für die Interpreten), doch haben wir hier eindeutig eine wichtige Repertoirebereicherung, die den allzu engen Kanon der allseits gehörten und gespielten Werke aufbrechen sollte.

Ein Ensemble wie das Quatuor Danel (Marc Danel, Gilles Millet, Vlad Bogdanas und Guy Danel), das auf ‚schwere Kost‘ abonniert ist, hat natürlich keinerlei Schwierigkeiten mit der herben Musik, deren wiederholtes Hören sich aber sehr lohnt. Dem Label Métier ist sehr zu danken, die sicher nicht einem weiten Publikum attraktiven Werke auf CD vorgelegt zu haben. Die Aufnahmetechnik ist tadellos, die Booklettexte autoritativ von den Komponisten selbst beigesteuert (leider nur auf Englisch) – einzig das Kompositionsjahr von Granges Komposition ist nicht verzeichnet. Insgesamt sehr empfehlenswert.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    quatuor danel: new sounds from manchester

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Metier Records
1
10.07.2015
Medium:
EAN:

CD
809730854620


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Metier Records

1992 gegruendet, hat METIER schnell einen Namen fuer eine augezeichnete moderne Repertoire- und Produktionsqualitaet erworben. Metier ist mittlerweile einer der wichtigsten Namen der heutigen klassischen Musik ? durch die Zusammenarbeit mit Tonkünstlern aus Grossbritannien, aber auch international mit grossen Komponisten der Welt wie Roberto Gerhard, Charles Ives, George Crumb, Walter Zimmermann, Georg Rochberg, unter anderen.

Metier stellt eine breite Auswahl von musikalischen Stilen und Ideen der ganzen heutigen Komposition vor und schliesst eine grosse Zahl von wichtigen Weltpremieren, insbesondere der Komponisten, welche von den multinationalen Firmen vernachlaessigt werden, mit ein. Metier legt keinen grossen Wert auf schwaermerisches Werbematerial, Prominenten-Empfehlungen und falsche Versprechungen, die die moderne Reklame charakterisieren, sondern einfach auf kuenstlerische Qualitaet. Metier ist daher ein unentbehrlicher Name fuer serioese Sammler.

Die Firma stellt in ihrer ?Re-appraisal? (Neubewertung) Serie auch Musik der Vergangenheit dar ? zum Beispiel Bach und Beethoven, aber mit neuen Herangehensweisen von hochrangigen Künstlern, deren Erfahrung und Innovationsgeist neue, faszinierende Interpretationen hervorbringen.

METIER hat 12 ?CD of the Year? und ?Critic?s Choice? Preise gewonnen und wurde 2007 ein Teil der Divine Art Gruppe. Eine neue Serie von wichtigen modernen Werken ist im Werden, abermals von sehr positiver Kritik begleitet.


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