
Schönberg, Arnold - Pelleas und Melisande, Violinkonzert
Sinfonische Dichtung und Konzert
Label/Verlag: OehmsClassics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine neue Produktion mit dem Kölner Gürzenich-Orchester unter Markus Stenz und dem Geiger Kolja Blacher verhilft zwei selten gespielten Werken Arnold Schönbergs zu ihrem Recht.
Die vorliegende Produktion von Oehms Classics vereint zwei Kompositionen Arnold Schönbergs, die – aus unterschiedlichen Gründen – bis heute im Konzertleben kaum die ihnen angemessene Würdigung erfahren haben. Dass die 1902/03 entstandene sinfonische Dichtung 'Pelleas und Melisande' op. 5 relativ selten erklingt, mag einerseits mit ihrer Dauer von beinahe 40 Minuten, andererseits mit der Größe des erforderlichen Orchesterapparats zu tun haben. Inspiriert von Maurice Maeterlincks gleichnamigem Drama, dessen – dem Komponisten nicht bekannte – Opernadaption von Claude Debussy 1902 in Paris uraufgeführt wurde, konzipiert Schönberg das Werk als Abfolge musikalischer Situationen, denen er an den drei Hauptpersonen orientierte thematische Konstellationen zugrunde legt. Dabei schafft er eine Reihe assoziativer, von spätromantischem Timbre geprägte Klangbilder, die den Orchestermusikern großes Können abverlangen, die aber zugleich auf jene vordergründige Effekte verzichten, mit den zeitgleich Richard Strauss seine sinfonischen Dichtungen ausstattete.
Das Kölner Gürzenich-Orchester und sein Leiter Markus Stenz erweisen sich als kenntnisreiche Sachverwalter von Schönbergs abwechslungsreichem Einsätzer. Insbesondere der Zugriff auf die dramaturgische Struktur mitsamt seiner Tempokontraste und -übergänge, seiner agogischen Feinheiten und dynamischen Schwankungen, ist sehr gelungen. Die komplexen orchestralen Geflechte werden sehr abwechslungsreich ausgesponnen und farblich abgetönt, die Musik verhält sich – wie beim zögernd vorwärtsschreitenden, in die Klangfarben tiefer instrumentaler Register gekleideten Beginn – wie ein Organismus, der in ständiger Wandlung begriffen ist. Allerdings mutet das Klangbild hierbei insgesamt ein wenig kompakt und in den Tuttihöhepunkten auch zu wenig strahlend an. Insbesondere dort, wo sich immer wieder solistische Holzbläser aus dem Tutti lösen, könnte man sich zudem noch mehr Klarheit, vielleicht auch eine plastischere, stärker in die Tiefe gehende Strukturierung des aufgezeichneten Klangergebnisses wünschen.
Der großformatigen sinfonischen Dichtung aus Schönbergs frühen Jahren steht das Violinkonzert op. 36 aus den Jahren 1934-36 gegenüber. Hier ist es der bis heute herausfordernde, enorm hohe Schwierigkeitsgrad des Soloparts, der häufigere Aufführungen verhindert, da sich nur wenige Solisten den komplexen, aber lohnenden Aufgaben stellen. Kolja Blacher – mit dem Idiom der Musik zeitgenössischer Werke unterschiedlichster Provenienz bestens vertraut – liefert eine packende Lesart der herausfordernden Komposition: Sein Zugang ist vor allem vom Gedanken der Klangsinnlichkeit geprägt, so dass an vielen Stellen die kantable Gestaltung der Phrasen sowie die immer wieder hervorschimmernde Eleganz, etwa im walzerartigen Abschnitt des Kopfsatzes, in den Mittelpunkt tritt. Dies hindert den Geiger aber nicht daran, seinen Part gelegentlich auch mit fast spielerisch wirkenden Arabesken auszustatten oder im Finale mit stark akzentuiertem und dennoch elastischem Spiel den marschartigen Duktus herauszuarbeiten. Spannend gerät hierbei immer wieder das höchst wandelbar gestaltete Verhältnis zum Orchester, das auch von der klanglichen Abmischung her sehr überzeugend geraten ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Schönberg, Arnold: Pelleas und Melisande, Violinkonzert |
|||
Label: Anzahl Medien: |
OehmsClassics 1 |
Medium:
|
CD
|
![]() Cover vergössern |
OehmsClassics Ein erfülltes Leben ist ohne Musik kaum denkbar. Musik spiegelt unsere Wahrnehmung der Umwelt und die Realität heutiger wie vergangener Zeiten. Gute Musik ist immer neu, immer frisch, immer wieder entdeckenswert. Deshalb bin ich überzeugt: Es gibt nicht -die- eine, definitive, beste Interpretation der großen Werke der Musikgeschichte. Und genau das macht klassische Musik so spannend: Jede Musikergenerationen experimentiert, entdeckt neue Blickwinkel, setzt unterschiedliche Schwerpunkte - derselbe Notentext wird immer wieder von anderen Strömungen belebt. Deshalb ist ein Musikstück, egal aus welchem Jahrhundert, auch immer Neue Musik. OehmsClassics hat es sich zur Aufgabe gemacht, am Entdecken der neuen Seiten der klassischen Musik mitzuwirken. Unser Respekt vor den künstlerischen Leistungen der legendären Interpreten ist gewiss. Unser Ziel als junges CD-Label sehen wir jedoch darin, den interpretatorischen Stil der Gegenwart zu dokumentieren. Junge Künstler am Anfang einer internationalen Karriere und etablierte Künstler, die neue Blickwinkel in die Interpretationsgeschichte einbringen - sie unterstützen wir ganz besonders und geben ihnen ein Forum, um auf dem Tonträgermarkt präsent zu sein. Sie, liebe Musikhörer, bekommen damit die Gelegenheit, heute die Musikaufführung zu Hause nachzuvollziehen, die Sie gestern erst im Konzertsaal oder Opernhaus gehört haben. Wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns die neuen Seiten der klassischen Musik zu erleben!
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag OehmsClassics:
-
Verbindlicher Abschied: Die Essener Philharmoniker interpretieren Mahlers Neunte Sinfonie. Weiter...
(Dr. Dennis Roth, )
-
Zeitgenossen der Vergangenheit: Höchst selten gespieltes Repertoire, im Falle von Paul Arma sogar eine Ersteinspielung – so richtig überzeugen können die drei hier versammelten Violinsonaten jedoch nicht. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
-
Weibliche Perspektiven: Ein veritables künstlerisches Lebenszeichen von Singer Pur, mit etlichen starken weiblichen komponierenden Stimmen, die das Programm üppig mit Qualität aufladen. Eine fein programmierte und gesungene Platte. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Prof. Dr. Stefan Drees:
-
John Bull und andere: Im sechsten Teil seiner Gesamteinspielung des 'Fitzwilliam Virginal Book' kombiniert der Cembalist Pieter-Jan Belder Stücke von John Bull mit einzelnen Kompositionen unbekannterer Tonsetzer. Weiter...
(Prof. Dr. Stefan Drees, )
-
Arbeit an klanglichen Feinheiten: Die zweite DVD der Reihe 'Lachenmann Perspektiven' widmet sich der Komposition 'Air'. Weiter...
(Prof. Dr. Stefan Drees, )
-
Blick in die Interpretationswerkstatt: Eine neue DVD-Reihe vermittelt unschätzbare Einblicke in die musikalischen und technischen Problemstellungen von Helmut Lachenmanns Musik. Weiter...
(Prof. Dr. Stefan Drees, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Virtuos, aber klanglich nicht optimal: Bläser-Kammermusik vom Trio bis zum Sextett: Vier Werke aus der Feder von Jean Françaix in technisch sehr guten, klanglich nicht optimalen Interpretationen. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
-
Ein Schatz: Johann Hermann Schein und seinem Israelsbrünnlein die Ehre zu geben, ist nie vertane Mühe: Opella Musica und Gregor Meyer reihen sich mit dieser exquisiten solistischen Deutung in die Folge künstlerisch hochstehender Gesamtbetrachtungen ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Vokalqualität: Ein konzeptionell bezwingendes, dazu hervorragend qualitätvoll gesungenes Album: The Gesualdo Six machen sich selbst und dem Publikum ein wunderbares Geschenk. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich