
Cima, Giovanni Paolo - Vespro della Beata Virgine
Kunstreich
Label/Verlag: Pan Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Giovanni Paolo Cima gehört zu den heute weitgehend vergessenen Komponisten des Frühbarock. Eine Werkauswahl wird hier stilsicher und sehr ansprechend präsentiert.
Neben Claudio Monteverdi, Giulio Caccini, Ludovico Viadana oder Giovanni Gabrieli gab es in Italien zur Zeit des Frühbarock natürlich noch eine ganze Anzahl weniger bekannter Musiker. Giovanni Paolo Cima (um 1570–1630) war einer der führenden Kirchenmusiker in Mailand, ab 1610 als Musikdirektor und Organist an der Kirche S. Celso. Zwei seiner Kirchensonaten sind früheste Beispiele der späteren barocken Triosonate. 1610, im Jahr seiner Ernennung zum Organist an S. Celso und der Komposition von Monteverdis Marienvesper, entstanden auch Cimas 'Concerti ecclesiastici'. Wie auch bei Monteverdi handelt es sich nicht um ein in sich hermetisch geschlossenes Werk, sondern um eine Sammlung von Vokal- und Instrumentalstücken, die für den jeweiligen Anlass ausgewählt oder mit anderen Werken in Verbindung gebracht werden können. Die liturgische Verknüpfung erfolgte zumeist mittels des sogenannten einstimmigen Gregorianischen Chorals (in Mailand korrekterweise des sogenannten Ambrosianischen Chorals).
Leider lässt der Booklettext den Hörer arg im Stich, nicht nur was den Choralanteil angeht (handelt es sich bei den vom 1987 gegründeten Bologneser Ensemble Cantilena Antiqua gesungenen Stücken überhaupt um angemessenen Mailänder Choralgesang?), sondern auch bezüglich der Zuordnung der einzelnen Vokal- und Instrumentalstücke zu der gedruckten Sammlung. Der Begleittext ergeht sich zu offenkundig in grundlegenden Informationen, die für die vorliegende Produktion viel zu unspezifisch sind (genauere Quellenangaben wären schön gewesen). Dass über Cantilena Antiqua keine Informationen bereitgestellt werden, verschiebt die Proportionen unangemessen – wenn auch gesagt werden kann, dass der Choral angemessen feierlich, wenn auch wohl nicht unbedingt hundertprozentig stilsicher dargeboten wird (aber was würde ‚stilsicher‘ anno 1610 bedeuten? hier bewegen wir uns in hohem Maße im Bereich der Spekulation – auch dies hätte im Booklet zumindest angerissen werden können).
Cimas Sonaten erkunden kontrapunktisch reich das damals zur Verfügung stehende harmonische Feld, mit besonderem Schwerpunkt in der Tat auf kunstreichem Ineinandergreifen der einzelnen Stimmen. Und hier zeigen sich sogleich die besonderen Qualitäten von Musica Fiorita, Daniela Dolcis 1991 in Basel mit Absolventen der Schola Cantorum Basiliensis gegründetem Ensemble, das in beglückender Weise die Möglichkeiten der Musik vielfältig in Klang umsetzt; der sakrale Charakter der Musik wird hierbei immer gewahrt und doch nicht überbetont. Vier Sonaten Giovanni Paolo Cimas werden ergänzt durch eine 'Sonate a 4' und ein 'Capriccio a 2' von dessen jüngerem Bruder Giovanni Andrea Cima (um 1580–nach 1627 – auch über ihn erfährt man im Booklet nichts; er war ebenfalls Kirchenmusiker und Komponist in Mailand).
Bedeutendsten Anteil an der CD haben die insgesamt acht ein- und mehrstimmigen Motetten aus den 'Concerti ecclesiastici', von den Sängern Doron Schleifer, Daniel Cabena, Dan Dunkelblum, Dino Lüthi und Raitis Grigalis mit instrumentalen Anteilen von Bork-Frithjof Smith (Kornett), Plamena Nikitassova (Barockvioline), Michael Lang-Alsvik (Gambe), Jonathan Pesek (Barockcello), Giuseppe Lo Sardo (Violone), Rafael Bonavita (Erzlaute) und Juan Sebastián Lima (Theorbe) dargeboten. Die fünf Sänger verfügen erfreulicherweise über differenzierte Kenntnisse der Verzierungskunst um 1600 und wissen diese lebendig, überzeugend und dramaturgisch schlüssig einzusetzen. Auch die Gesamtdramaturgie (von einstimmigen Motetten bis zum doppelchörigen 'Assumpta est Maria') ist stimmig und klug kalkuliert.
Die Aufnahmetechnik (in der Pfarrkirche in Binningen bei Basel) unterstützt das räumlich sorgfältig erarbeitete Konzept der Produktion auf das Vorbildlichste, so dass wir insgesamt (von Informationslücken im Booklet abgesehen) von einer rundum gelungenen, wichtigen Produktion sprechen können, die die bisherigen CD-Veröffentlichungen zu Cima auf das Vorzüglichste ergänzt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Cima, Giovanni Paolo: Vespro della Beata Virgine |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Pan Classics 1 06.03.2015 |
Medium:
EAN: |
CD
7619990103160 |
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Pan Classics Gegründet 1992 vom Musikhaus Pan in Zürich, wurde das Label 1997 von den Tonmeistern Clement Spiess und Koichiro Hattori übernommen. 2011 entschloss man sich zu einem radikalen Neuanfang: Der umfangreiche Katalog wurde gelichtet und die verbliebenen Aufnahmen erhielten ein neues, attraktives Erscheinungsbild. Den CDs wird so ein unverwechselbares Äußeres mit einem hohen Wiedererkennungswert verliehen. Geblieben sind dagegen die Vorliebe für außergewöhnliches Repertoire und der Anspruch, mit renommierten Musikern und Ensembles einen künstlerisch hochwertigen Katalog zu schaffen. Zu diesen Künstlern zählen Namen wie die Hammerklavier-Spezialisten Edoardo Torbianelli und Arthur Schoonderwoerd, der Tenor Jan Kobow u.v.a. Mehr Info... |
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