
Bach, Carl Philipp Emanuel - A Revival
Sohnes Kopf
Label/Verlag: ACCENTUS Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Programm eines historischen Konzerts, das C. P. E. Bach 1786 veranstaltete, wird von Hans-Christoph Rademann, der Akademie für Alte Musik Berlin und dem RIAS-Kammerchor lichtdurchflutet und fein ausgearbeitet reanimiert.
Am 15. Juni 2014 belebten der RIAS Kammerchor und die Akademie für Alte Musik Berlin im Berliner Konzerthaus anlässlich des C. P. E. Bach-Jubiläums jenes Konzert, das der Bach-Sohn am Palmsonntag des Jahres 1786 zugunsten des Medizinischen Armeninstituts veranstaltete. In diesem Konzert, so der Booklettext, präsentierte ‚der Hamburger Musikdirektor anhand exemplarischer Einzelwerke die großen musikalischen Errungenschaften seines Jahrhunderts.’ Im ersten der zwei Konzertteile standen Werke der Vergangenheit auf dem Programm, neben zwei Sätzen aus Händels 'Messias' auch und vor allem eine Reverenz an den 'Allvater Bach' (Max Reger) in Form des 'Credo' aus der h-Moll-Messe, ergänzt um eine Einleitung von der Hand des Sohnes. Die zweite Hälfte des Programms war vollständig der Musik des Konzertveranstalters gewidmet.
Hans-Christoph Rademanns Zugang zu den Kompositionen ist ein ausgesprochen lebendiger, die Klangtexturen von Chor und Orchester mischen sich auf das Glücklichste (auch wenn die Altistinnen gelegentlich etwas zu stark im Hintergrund verbleiben – offenkundig eine Frage der Mikrofonierung). Wiebke Lehmkuhl und Thomas E. Bauer sind sich seinem Konzept bestens einpassende Solisten, nur der Sopranistin Christina Landshamer mangelt es etwas an Leichtigkeit, die rundum Rademanns Interpretation durchflutet; Bauer könnte man vielleicht vorwerfen, dass er das eine oder andere Melisma durch ‚Lachkoloraturen’ entstellt, wie dies bis in die 1960er-Jahre üblich war, und sich mit seinen tiefsten Tönen schwer tut. Die wunderbaren agogischen Feinheiten in 'Et in unum Dominum', mit denen Rademann Bachs Komposition erhellt, die große Vielfalt von Klangfarben, mit denen er die Musik erleuchtet, machen dennoch das Hören der Musik zu einer einzigen großen Freude. Die Akustik des Konzerthauses Berlin und die zumeist äußerst glückliche Aufnahmetechnik mit größter Transparenz lassen jede Stimme mit Leichtigkeit verfolgen und jedes Wort in jedem Moment verstehen, selbst in komplexen kontrapunktischen Passagen. Die Virtuosität des Chores etwa in 'Et resurrexit' macht die Heilsbotschaft fast haptisch erlebbar.
Hauptperson in den beiden Händel-Sätzen ('Ich weiß, dass mein Erlöser lebet' und dem 'Halleluja'-Chor) sind ein weiteres Mal Chor und Orchester, mit ungeheuer lebhafter, lebenswarmer Ausführung; Landshamer enttäuscht auch hier durch etwas gaumigen Klang und unkontrollierte Bildung der Haltetöne.
Der umfangreichere zweite Teil des Konzerts ist Musik Carl Philipp Emanuels gewidmet. Die Akademie für Alte Musik bietet eine ungemein lebhafte, virtuose, farbenreiche Wiedergabe der dreisätzigen Sinfonie D-Dur Wq 183 Nr. 3, gefolgt von dem umfangreichen 'Magnificat' des Bach-Sohnes (Wq 215), einem nicht zuletzt für den Chor an diversen Stellen ungemein heiklen Werkes, die aber weit mehr als nur achtbar gemeistert werden; hier darf nun auch Tenor Lothar Odinius seinen kraftvollen Beitrag leisten (allerdings ist seine Stimme bereits etwas grobkörnig, in den Koloraturen nicht mehr ganz blitzsauber – die Folgen des berechtigten Ruhms). Es ist leicht vorzustellen, wie ‚uplifting’ das Werk bei der Aufführung anno 1786 gewirkt haben mag – auch heute hat es nicht im Geringsten von seinem mitreißenden Impuls verloren. Die vorklassische Kantate 'Heilig ist Gott' Wq 217 für Alt und Doppelchor bietet einen festlichen, durch den im Solopart nicht ganz ausgewogenen dargebotenen Anteilen leider etwas beeinträchtigten Abschluss dieses 1786 wie 2014 memorablen Konzertes.
Leider bietet die DVD außer unterschiedlichen Tonformaten keinerlei Extras, weder hier noch im Booklet erfährt man etwa, wo jenes denkwürdige Konzert stattfand, wie die Besetzung war und nicht zuletzt auch wie stark der Chor besetzt war. Vielleicht all dies mit gutem Grund, weil sonst klar würde, dass Rademann gar kein rechter ‚Sohn im Geiste’ C. P. E. Bachs ist. Auch ein ‚Making of’ wäre interessant gewesen (die Bookletfotos legen ein solches Extra mehr als nahe).
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Carl Philipp Emanuel: A Revival |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ACCENTUS Music 1 17.10.2014 |
Medium:
EAN: |
DVD
4260234830798 |
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ACCENTUS Music ACCENTUS Music wurde 2010 als Produktionsfirma mit einem sehr erfahrenen Team aus Produzenten, Regisseuren, Kameraleuten, Tonmeistern und Cuttern und als gleichnamiges DVD Label auf dem Klassikmarkt gegründet. Die Firma mit Sitz in der Musikstadt Leipzig, unweit der Thomaskirche, produziert weltweit erstklassige Konzertereignisse, Opern sowie Künstlerportraits und Dokumentarfilme. Auf den DVD- und Blu-ray Veröffentlichungen finden sich herausragende Künstler wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Evgeny Kissin, Martha Argerich, Riccardo Chailly, Pierre Boulez, Joshua Bell, Lucerne Festival Orchestra, New York Philharmonic und das Simón Bolívar Jugendorchester. ACCENTUS Music erfüllt sowohl künstlerisch wie auch technisch höchste Ansprüche von Klassik-Liebhabern rund um den Globus. Mehr Info... |
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