
Angatschewa, Donka - Klavierkonzerte
Mit Effekt
Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Donka Angatschewa hat auf dieser Einspielung drei konzertante Werke für Klavier versammelt, die mit dem Populären liebäugeln. Die Umsetzung ist aber leider gerade im Orchestralen nicht ganz ausgereift.
Keiner der drei hier vorgestellten Komponisten ist vornehmlich für ‚Standardwerke‘ des klassischen musikalischen Kanons bekannt. Warum auch? Es soll doch ruhig eine weite Spannbreite an Zugängen geben. Und so wie allzu häufig die Sinfonie oder das klassische Instrumentalkonzert als tot bezeichnet worden ist, so häufig haben andere diese Gattungen mit neuem Leben erfüllt. Die hier vorgestellten Werke zeichnen sich besonders durch eine große Publikumsnähe aus, und auch wenn zwei von ihnen schon mehr als fünfzig Jahre alt sind, haben sie von ihrer Frische nichts verloren.
Ein echter Klassiker der ‚gehobenen Unterhaltungsmusik‘ ist das 'Warsaw Concerto', das Richard Addinsell 1941 für den Film ‚Dangerous Moonlight‘ komponierte. Die große Geste ist teilweise bewusst an Rachmaninow und dergleichen angelegt, der Klavierpart liegt dem Solisten bestens in der Hand, der Orchesterpart ist leicht einzustudieren und somit studiooptimiert für die immer unter Zeitdruck stehende Filmindustrie. Liberace hat das knapp neunminütige Stück ebenso eingespielt wie Jean-Yves Thibaudet, Martin Jones, Philip Fowke oder Cristina Ortiz, und auch Louis Kentners Uraufführungseinspielung ist heute noch lieferbar. Der Erfolg der Komposition zog mehrere Nachfolgewerke nach sich, darunter das 'Spellbound“ Concerto' (1944) und das Vorspiel von 'Murder on the Orient Express' (1974).
Die vorliegende Einspielung mit Donka Angatschewa und der Vogtland Philharmonie unter Stefan Fraas nimmt die Musik leider nicht ernst genug. Zwar ist der effektvolle Zugriff unüberhörbar, die Spielfreude insbesondere der Solistin beeindruckend, ihre Fingerfertigkeit frappant, doch hört man (gerade im Vergleich mit anderen Einspielungen) genauer auf das Orchester, so wird schnell eine betrübliche Mittelmäßigkeit offenbar, die auch der vorliegenden Musik nicht angemessen ist. Die Streicher klingen besonders in der Attacke fast grob, die Balance zwischen den einzelnen Orchestergruppen überzeugt am meisten im Mischklang, während die Momente, die Präzision im Miteinander erfordern, leicht etwas schlampig ausgearbeitet sind. Die Tempowahl unterstützt die eher effektvolle Komponente, während andere Einspielungen das echte konzertante Element doch noch etwas stärker symphonisch herausarbeiten.
Für den englischen Film ‚The Glass Mountain‘ schuf Nino Rota ebenfalls ein ‚Kino-Schaustück‘, das mit ganz ähnlicher Geste anhebt wie Addinsells Stück. Rotas 1961-2 entstandenes 'Concerto soirée' ist eine Art viersätzige Konzert-Suite, deren Tanzsätze aber immer wieder stark verfremdet werden; reizvolle ‚verschobene‘ Tonalität macht die Komposition zu einer reizvollen, im Vergleich zu Addinsell deutlich substanzielleren Arbeit, der aber eine konzertante Einheit etwas fehlt – nicht zuletzt vielleicht auch durch die etwas zu rhapsodisch dargebotene Interpretation. Dass Orchestersoli unverhältnismäßig stark hervorgehoben werden, beschädigt gar das Konzept eines natürlichen SACD-Klangs. Auch die etwas zu starke Expression des Cellosolos im dritten Satz, die keine unmittelbare Spiegelung in den anderen Instrumenten erfährt, lässt die Interpretation insgesamt etwas schief wirken. Insgesamt ist es eine überrumpelnde, klanglich brillante Einspielung des Stücks.
Tänzerisch bleibt es auch bei dem dritten Komponisten, dem ‚Tango-Meister‘ Astor Piazzolla, dessen berühmte 'Quatro Estaciones porteñas' von 1964-70 hier in einer Fassung für Klavier und Streichorchester dargeboten werden, ergänzt um das aus einer Schauspielmusik stammende 1962 entstandene, den Bogen zur Filmmusik zurückschlagende 'La muerte del ángel'. Hier kommt – auch durch die sorgsame Orchesteraufstellung – der besondere Effekt der Piazzolla’schen Komposition, auch manch ‚populistischer‘ Kniff bestens zur Geltung; abermals ‚seufzen‘ sich Solocellist Peter Manz und Primgeiger Sergei Synelnikov besonders expressiv durch ihre Passagen, abermals ungespiegelt im Klavierpart oder im Orchestertutti. Auch hier sind erste und zweite Geigen nicht ganz synchron und vor allem auch nicht dynamisch immer gleich präsent. Diese (im Einzelnen zwar kleinen, insgesamt aber doch summierenden) Einschränkungen bewirken leider insgesamt, dass man der gesamten Produktion insgesamt nur ein gutes, kein sehr gutes oder herausragendes Urteil ausstellen kann. Diesen Eindruck kann auch ein sehr persönlicher – die Musik wie das Orchester teilweise etwas in den Hintergrund rückender – Booklettext nicht entscheidend ins Positive wenden.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Angatschewa, Donka: Klavierkonzerte |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ARS Produktion 1 06.02.2015 |
Medium:
EAN: |
SACD
4260052381687 |
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Addinsell, Richard |
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ARS Produktion Das exquisite Klassiklabel ARS Produktion wurde 1987 von Annette Schumacher mit dem Ziel gegründet, jungen, aufstrebenden Künstlern und interessanten Programmen gleichermaßen eine individuelle musikalische Heimat und entsprechende Marktchancen, u.a. durch internationalen Vertrieb und Vermarktung zu geben. Die bei Paul Meisen ausgebildete Konzertflötistin hat sich damit nach langer aktiver Musikerlaufbahn einen geschäftlichen Traum erfüllt.
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