
Wagenaar, Johan - Sinfonietta
Reizvolle Farben
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Auch die zweite Folge der verdienstvollen Wagenaar-Reihe bei CPO zeichnet sich durch eine untadelige musikalische Präsentation aus. Man könnte sich stellenweise etwas mehr Energie wünschen, aber das Plädoyer für Wagenaar ist hörenswert.
Die neue Folge der Wagenaar-Reihe von cpo bietet ein schönes Komplement zur ersten Folge von Orchesterwerken des Niederländers, auf durchaus vergleichbarem Niveau wie die erste Folge. In einem raren Fall von Bemühung um die ganz große Form wird hier Wagenaars (1862–1941) Sinfonietta op. 32 geboten, 1917 während des Ersten Weltkrieges entstanden. Das Werk, das eine klassische viersätzige Form aufweist und von der musikalischen Dichte zwischen etwa Max Regers Sinfonietta und seiner Serenade anzusiedeln ist (wenn auch vom Umfang her nur halb so lang), ist eine äußerst charmante, musikalisch ausgesprochen reizvolle Komposition, die aus heutiger Perspektive wie ein Abgesang auf eine zu Ende gehende Ära gehört werden kann. Moderat chromatisch durchwirkt, mit reizvollen harmonischen Entwicklungen, beweist der Utrechter seine professionell ausgebildeten kompositorischen Fähigkeiten, denen einzig der Schritt zum ‚Neuerertum’ abgeht. Die großen Melodiebögen im langsamen Satz sind voller Wärme, das Scherzo strahlt niederländischen ländlichen Charme aus, die Ecksätze zeigen kunstvolle Formgestaltung und Materialverarbeitung sowie fantasievolle Instrumentierung. Antony Hermus ist ein beherzter Anwalt der Komposition, und wenn es der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford an dem letzten Grad erstklassiger Spielkultur gebricht, so sind insgesamt doch nur marginale Abstriche zu machen; gerade die Einspielung der Sinfonietta ist für sich schon ein wichtiger Repertoiregewinn.
'Frühlingsgewalt' nennt das Booklet die Konzertouvertüre op. 11 und datiert sie auf 1894 (der New Grove Dictionary of Music and Musicians nennt sie 'Blijspel-ouverture' [Komödienouvertüre] und datiert sie auf 1892) – eine schwungvolle Komposition, der aber Hermus viel zu viel von der der Musik innewohnenden Energie und Emotion schuldig bleibt. Umso besser liegt Hermus die symphonische Dichtung 'Elverhöi' op. 48 aus dem Jahre 1939, eine Komposition, die teilweise durch Sibelius beeinflusst scheint, sich dann aber in Richtung einer eleganten musikalischen Tanzdichtung entwickelt.
Bei den beiden letzten Kompositionen auf der CD, der 'Amphitrion'-Ouvertüre op. 45 nach Molière (1938) und der Ouvertüre zur Oper 'Le Cid' op. 27 (1916), können die Musiker durchaus mit den Einspielungen unter Riccardo Chailly mithalten. Doch hätte man sich auch hier noch etwas energiegeladenere Interpretationen vorstellen können – Wagenaars Musik kann dies gut vertragen, braucht dies stellenweise regelrecht. Am besten gelingen Hermus auch hier die eher verhaltenen, lyrischen Aspekte der Kompositionen. Die 'Cid'-Ouvertüre bietet reizvolle Klangfarben, die durch die exzellente Aufnahmetechnik des WDR auf das Beste in Szene gesetzt werden. Leider wurde der englische Lebenslauf des Dirigenten ebenso wie die (ausgezeichnete) deutsche Übersetzung des Booklettextes vor Veröffentlichung offenbar nur ausreichend korrekturgelesen.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Wagenaar, Johan: Sinfonietta |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
cpo 1 26.11.2014 |
Medium:
EAN: |
CD
761203793327 |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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