
Debussy, Claude - Preludes
Klänge und Düfte schwirren in der Abendluft
Label/Verlag: Neos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Nunmehr 100 Jahre sind vergangen, seit auch das zweite Buch der eminenten Préludes von Claude Debussy erstmals zur Aufführung gebracht wurde. Gilead Mishory zelebriert dieses Jubiläum mit einer Einspielung, die einer würdevollen Hommage gleichkommt.
Wer sich den Préludes von Debussy widmet, um sie auf Tonträger zu veröffentlichen, sollte angesichts des reichhaltigen Angebots und etlicher jährlicher Neuerscheinungen schon gute Gründe dafür haben. Der in Deutschland lebende Pianist und Komponist israelischer Herkunft Gilead Mishory erklärt den Vorzug seiner Einspielung unter anderem mit dem eigenen Verständnis für Struktur und Aufbau einer Komposition. Bei Debussy vor lauter Farbrausch die Disziplin zu verlieren, so Mishory, sei eine große Gefahr. Und tatsächlich: Im Ergebnis wirken die Stücke durchdacht und gut gegliedert. Einzelne Sinnabschnitte werden mit Lautstärke- und Tempowechseln oder einfach durch ‚improvisierte’ Fermaten klar voneinander abgegrenzt. Die Musik behält dabei trotzdem ihren offenen Charakter und lässt dem Hörer viele Möglichkeiten der programmatischen Deutung.
Ein lebendiges Geschehen
Debussy komponierte mit seinen Préludes zwar 24 Stück an der Zahl, jedoch nicht in der damaligen Tradition durch alle Dur- und Moll-Tonarten (wie, unter anderen, bei Bach und Chopin). Stattdessen folgt jedes Stück für sich einem Programm, welches von Debussy erst am Ende des Notentextes angemerkt wurde, um die freien Gedanken des Spielers bzw. Hörers nicht zu beeinflussen. Das erste Stück etwa, 'Danseuses de Delphes' (Tänzerinnen aus Delphi), bezieht sich auf eine griechische Skulptur aus dem Louvre. Das zweite Stück 'Voiles' lässt sich als Segel oder als Schleier übersetzen und bietet besonders viel Interpretationsspielraum, da sich aus der Verwendung von Ganztonleiter und Pentatonik ein atmosphärisches, spannungsarmes Klangbild ergibt.
Die Préludes behandeln unterschiedlichste Themen und variieren auch in Bezug auf den spieltechnischen Anspruch stark. Vor allem im zweiten Buch wird die Tonalität ausgereizt und Dissonanzen treten vermehrt hervor. Repetitionen und Sequenzierungen ziehen sich durch den gesamten Zyklus; dadurch taugt das ein oder andere Stück wohl auch als fordernde Fingerübung.
Angenehme Gelassenheit
Gilead Mishory jedenfalls meistert diese Übungen hervorragend und mit einer Leichtigkeit, bei der man die technische Schwierigkeit schnell vergisst. Der Musik kommt das allemal zugute und auch klanglich tritt Mishorys meist sanftes Spiel auf dem Instrument durchweg angenehm auf. Das Prélude 'Hommage à S. Pickwick Esq. P.P.M.P.C. ' mit dem wuchtigen Zitat aus ‚God Save the Queen’ wirkt ebenso ausgewogen wie das liebliche 'Bruyères'. Sehr schnelle Läufe, wie man sie z.B. in 'Le vent dans la plaine', 'Les fées sont d’exquises danseuses' oder 'Feux d’artifice' vorfindet, werden gerne Legato gespielt. Auch durch den Einsatz des Pedals, wird so ein packender Spielfluss aufrecht erhalten, wohl aber auf Kosten der Differenziertheit einzelner Noten. Derart andachtsvolle Momente, wie man sie von Mishory etwa in 'La cathédrale engloutie' erlebt, sind jedoch bemerkenswert und rechtfertigen die Existenz dieser Neueinspielung, aller Alternativen zum Trotz. Im Gesamtbild überzeugt die Aufnahme vor allem durch ihren träumerischen Wohlklang und ihre Strukturiertheit, wodurch ein tiefer Einblick in die Musik und deren Klangwelt möglich wird.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Debussy, Claude: Preludes |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Neos 2 15.08.2014 |
Medium:
EAN: |
CD
4260063213038 |
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