
Dowland, John - Awake, Sweet Love
John Dowlands Winterreise
Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Überzeugende Kompilation von Liedern Dowlands in einer dichten, natürlichen und ausdrucksstarken Interpretation.
Lieder von John Dowland sind in Konzertsälen selten zu hören. Umso erfreulicher, dass sie in den letzten Jahren zunehmend besser diskografisch erschlossen worden sind. Auch die hier zu besprechende Einspielung macht wieder einmal deutlich, von welch herausragender musikalischer Qualität die Lieder sind. Die Klarheit, Einfachheit und Schönheit der Strophenlieder Dowlands spricht, ähnlich wie die Lieder Schuberts, ganz unmittelbar zu Herzen – mit dem Unterschied freilich, dass die Gedichte, denen Dowlands Vertonungen zugrunde liegen, meist deutlich qualitäts- und gehaltvoller sind: englische Lyrik at its best. Aber die Themen, von denen die Lieder sprechen, nehmen die Romantik vorweg: Auch bei Dowland findet sich die innere Verbindung von Liebe und Tod, von Sehnsucht und versagter Erfüllung.
Die Lieder Dowlands sind uns vor allem in vier Büchern überliefert. Grob gesagt lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Liebeslieder, höfische Lieder und Lieder tiefer Melancholie, für die Dowland natürlich besonders berühmt ist. Die Idee des Tenors David Munderloh und des Lautisten Julian Behr ist es nun gewesen, aus der Liedersammlung eine Art Dowlandischer Winterreise zu machen, einen Liederzyklus also, der, ähnlich wie bei Schubert, eher eine innere denn eine äußere Geschichte erzählt. Der Zyklus beginnt mit dem Erwachen einer neuen Liebe, mit der Hoffnung auf Erfüllung. Aber schon schnell wachsen die Zweifel und, anders als in den Liedern Schuberts, auch überraschend klare Kritik am Charakter der Angebeteten. In der Mitte des Zyklus bricht die Stimmung. Es wird deutlich, dass die Liebe keine Zukunft hat. Mit dem Schlusslied 'Come, Heavy Sleep' wird der Tod ebenso als großer Trost beschworen wie in Schuberts 'Leiermann' am Ende seines Liederzyklus.
Auch wenn Dowland natürlich keinen Liederzyklus geschrieben hat, ist die Idee der thematischen Anordnung der Lieder vollauf überzeugend. Vor allem auch, weil die beiden Künstler die Idee hervorragend umsetzen können. Munderloh verfügt über eine offene, klare, aber auch im positiven Sinn reife und schwere Tenorstimme. Er vertraut ganz auf die Expressivität des Textes (der übrigens im Booklet auch hervorragend ins Deutsche übersetzt worden ist) und stellt sich in den Dienst der Musik. Er versucht erst gar nicht, der Ausdruckskraft der Musik durch übertriebene künstlerische Gestaltung etwas hinzuzufügen und setzt stattdessen auf eine kluge, zurückhaltende und ausgesprochen intelligente Gestaltung mit großer Achtsamkeit für Details. Julian Behr ist ihm dabei ein idealer Begleiter. Gerade durch die Schlichtheit und Kunstfertigkeit der Begleitung lotet er, auch in den fünf Solostücken, die den Zyklus gliedern, die Tiefe der Stücke aus. Weil auch die Aufnahmequalität keine Wünsche offen lässt, kann man zu dieser Produktion nur gratulieren. Gut, das Essay von Anthony Rooley im Booklet ist eher gewollt und gezwungen als informativ, und ein paar orthografische Fehler hätten in der Endredaktion auch herausgenommen werden sollen. Aber das ist dann wirklich schon alles, was es zu bekritteln gibt.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Dowland, John: Awake, Sweet Love |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
ARS Produktion 1 07.11.2014 |
Medium:
EAN: |
SACD
4260052381694 |
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Dowland, John |
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ARS Produktion Das exquisite Klassiklabel ARS Produktion wurde 1987 von Annette Schumacher mit dem Ziel gegründet, jungen, aufstrebenden Künstlern und interessanten Programmen gleichermaßen eine individuelle musikalische Heimat und entsprechende Marktchancen, u.a. durch internationalen Vertrieb und Vermarktung zu geben. Die bei Paul Meisen ausgebildete Konzertflötistin hat sich damit nach langer aktiver Musikerlaufbahn einen geschäftlichen Traum erfüllt.
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