
Wigman, Mary - The Soul Of Dance
Expressionistisch
Label/Verlag: Monarda Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Aus dieser biographische Dokumentation der Tänzerin und Choreographin Mary Wigman hätte Besseres werden können.
Mary Wigman (1886–1973) war eine der einflussreichsten Wegbereiterinnen des rhythmisch-expressiven Ausdruckstanzes, der in den Jahren zwischen 1920 und 1935 nicht nur in Deutschland seine Blütezeit erlebte. In der Nachfolge der legendären Isadora Duncan und anderer wirkte sie mit an der Entwicklung dessen, was in der ‚Wilden Zwanzigern’ einer veritablen Befreiung von der stark reglementierten Tanzkunst des traditionellen Ballettwesens gleichkam und später in den USA unter dem Schlagwort ‚New German Dance’ bekannt wurde. Bis 1967 war sie nahezu ununterbrochen als Lehrerin und Choreografin aktiv, nachdem sie 1953 zum letzten Mal selbst tänzerisch öffentlich aufgetreten war.
Der vorliegende Film von Norbert Busè und Christof Debler bietet ein viele Quellen nutzendes, visuell ansprechendes biografisches Porträt Wigmans, unter Einbeziehung zahlreicher Originaldokumente und Zeitzeugen – auch wenn leider offenbar kaum originales Filmmaterial mit ihr verfügbar war (allerdings ist das Bundesfilmarchiv auch bekannt dafür, ggf. vorhandenes Material nicht ohne weiteres bereitzustellen). Ausgangspunkt ist Wigmans wichtige USA-Tournee 1929/30, durch die der Ausdruckstanz auch dort bekannt wurde (Duncan, obschon in Kalifornien geboren, hatte ihren Erfolg ausschließlich in Europa, vornehmlich in Deutschland). Wigmans Veranstaltungen waren ausverkauft, schon ehe die Künstlerin Deutschland verlassen hatte, die Presse stürzte sich auf die spektakuläre Neuerin des Tanzes, die mit feinen Bewegungen und ‚großer Seele’ (wenn auch ohne grazilen Körperbau) und tiefer Emotion ihr Innerstes nach außen strömen ließ. Es folgt eine mehr oder minder ausführliche Biografie, mit Berücksichtigung des unmittelbaren Umfeldes; doch während die frühen Jahre in großer Breite vorgestellt werden, wird zum Schluss hin vieles fragmentarischer, auch verkürzter.
Leider ist der Film kaum etwas anderes als eine Apologie der Tänzerin. Journalistische Distanz zum Objekt fehlt völlig, so leider auch eine angemessene Einordnung Wigmans in ihren Kontext. Isadora Duncan wird nicht einmal einer Erwähnung für würdig befunden. Auch die ganze Ästhetik des Expressionismus oder die offenkundigen Anlehnungen an die Chinesische Oper in ihrer berühmtesten Choreografie, dem 'Hexentanz', werden nicht erwähnt. Auch kann man nur als Ärgernis bezeichnen, dass manche historische Dokumente nicht im Geringsten aufgearbeitet wurden und diverse kleiner Patzer im Skript stehen geblieben sind; die Präsenz von Schülerinnen und Enkelschülerinnen gegen Ende des Films verdrängt die eigentliche Bedeutung des Themas (und warum findet Pina Bausch, über Rudolf von Laban zumindest in gewisser Weise auch eine Art Enkelschülerin, keinen Platz?). Selbst eine Sprecherin scheint sich mit den ihr vorgesetzten Texten schwer zu tun; sie buchstabiert mehr denn dass sie sie interpretiert.
Dass bei einer in Deutschland erscheinenden DVD Untertitelungen nur auf Englisch vorhanden sind, die vielen amerikanischen Zitate aber nicht übersetzt werden, vor allem aber dass historisches Bildmaterial aus dem Deutschen Tanzarchiv Köln mit dicken, teilweise das Bild beeinträchtigenden Copyright-Einblendungen stört, sind weitere Ärgernisse, die man natürlich nicht dem Film selbst anlasten kann, wohl aber den Verantwortlichen, die die Veröffentlichung vorbereitet haben. Da hilft auch das Bonusmaterial, zwei Interviews, teilweise auch im Film zu sehende Bewegungsstudien (teilweise wieder mit einkopiertem Copyrightvermerk) sowie ein Kurzfilm über Wigmans Amerika-Tagebuch (im Grunde eine Powerpoint-Präsentation, mit eingeblendetem Copyrightvermerk), nicht über die teilweise eklatanten Mängel der DVD hinweg. Schade um die vertane Chance.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Wigman, Mary: The Soul Of Dance |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Monarda Music 1 20.10.2014 |
Medium:
EAN: |
DVD
807280220490 |
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Monarda Music Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels. Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011. Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter. Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von LArche Editeur, Preisträger des Prix de lAcadémie de Berlin 2010. Mehr Info... |
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