
Die Bach-Söhne. - Werke von C.P.E. Bach, W.F. Bach, J.C. Bach und J.C.F. Bach
Auf Gipfelkurs
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die bei Carus erschienene 4-CD-Box mit Instrumentalkonzerten und Orchesterwerken der vier Bach-Söhne gehört zu den reizvollsten Einspielungen in der üppigen Diskographie des Freiburger Barockorchesters.
Das diskographische Erbe des Freiburger Barockorchesters ist ebenso umfangreich wie gewichtig. Von zahlreichen Werken hat das Ensemble, eines der führenden Orchester auf dem Gebiet der historisch informierten Annäherung an Werke des 17. bis frühen 19. Jahrhunderts, erstklassige, zuweilen mustergültige Aufnahmen von Rang und bleibendem Wert hinterlassen. Eine CD-Reihe nimmt unter den diskographischen Gipfelzügen des Freiburger Barockorchesters jedoch eine besondere Stellung ein: die Serie ‚Musik der Bach-Söhne’. Sie wurde zunächst in vier Einzelfolgen bei Carus veröffentlicht. Zwischenzeitlich hat der Verlag die vielfach prämierten Einspielungen in einer 4-CD-Box zusammengefasst – dieses Schatzkästlein funkelt und blitzt, nun zusammengefügt, wie ehedem seine vier tragenden Wände. Boden und Deckel sind ebenfalls hochwertig gearbeitet: Die klangtechnische Präsentation fängt das kammermusikalisch dichte Spiel mit angenehmen Raumanteilen ein, die Ausstattung ist mit einem angemessen umfangreichen Beiheft samt informativen Beiträgen restlos überzeugend.
Musikgeschichtlich und interpretatorisch hochinteressant
Der Reiz vorliegender Zusammenstellung ist (mindestens) ein zweifacher: Erstens ist die Sammlung von Werken der vier Bach-Söhne Carl Philipp Emanuel (1714-1788), Wilhelm Friedemann (1710-1784), Johann Christian (1735-1782) und Johann Christoph Friedrich (1732-1795) musikhistorisch höchst spannend, weil sie vier unterschiedliche kompositorische Wege vom biographisch selben Ausgangspunkt (Johann Sebastian Bach) beleuchtet und zugleich den Facettenreichtum der Musik, die mithin als zwischen Barock und Klassik liegend verortet wird, wunderbar veranschaulicht. Es liegen kompositionsästhetisch Welten zwischen Carl Philipp Emanuel und Johann Christian Bach – und dieses weitläufige Panorama beispielhaft auszuleuchten, ist ein großes Verdienst der glänzenden CD-Serie ‚Die Bach-Söhne’. Zweitens ist die musikalische Umsetzung dieser musikalischen Kleinodien schlichtweg atemberaubend – nicht aber aufgrund vordergründig ausgestellter Effekte, sondern wegen der feinsinnigen, zugleich detailverliebt-sorgsamen wie schlicht-unprätentiösen klanglichen Umsetzung der Werke. Selbst die krachende ‚Sturm-und-Drang‘-Diktion der Werke C. P. E. Bachs verführt das Freiburger Barockorchester nicht dazu, mit Akzenten ruppig dazwischenzugrätschen – wie es im historisch informierten ‚Lager‘ mittlerweile Usus ist –, sondern beredte Phrasierung mit melodischer Eleganz zu verbinden. Und der Eingängigkeit manches Einfalls von Johann Christian Bach helfen die in Tempo, Artikulation und dynamischer Abstufung äußerst feinfühlig agierenden Musiker mit unaufdringlicher Einfühlsamkeit und Gespür für das Idiom auf die Sprünge. Als ebenso stilistisch versiert erweisen sich die herausragenden Solisten Karl Kaiser (Flöte), Anne-Kathrin Brüggemann (Oboe), die Cellistin Kristin von der Goltz, die Violinsolisten Gottfried von der Goltz sowie Anne Katharina Schreiber und die Solisten an den Tasteninstrumenten, Michael Behringer, Robert Hill und Christine Schornsheim.
Überfülle kostbarer Details
Wollte man die ganze Fülle kostbarer Details der musikalischen Umsetzung verdeutlichen, würde dieser Text ausufern. Faszinierend ist vor allem, wie subtil die Musiker des Freiburger Barockorchesters dem Tonfall der vier Bach-Söhne sowie der unterschiedlichen kompositorischen Profile nachspüren und dabei doch stets einen erkennbaren, individuellen Ensembleklang behalten. Er zeigt sich sowohl in dem ruppig-bizarren und kontrastreichen Schleuderkurs, den Carl Philipp Emanuel mitunter einschlägt, als auch in den weitaus ‚gepflegteren‘ und in den Instrumentalkonzerten ebenmäßigeren (dabei allerdings keineswegs uninteressanteren), zuweilen in kontrapunktischer Strenge musikhistorisch ein ganzes Stück weit rückwärts schauenden Werken Wilhelm Friedemanns (z.B. in der Sinfonia in d) oder den quirligen, windschnittigen musikalischen Geschossen Johann Christians, in denen die schlichte Kantabilität mit angemessener Behutsamkeit und klangfarblicher Finesse entfaltet wird. Bei aller Agilität und Rasanz gerät dem Freiburger Barockorchester nie aus dem Blick, dass diese Musik nicht nur aus Rhythmus und Akzentabstufungen besteht, sondern aus Klang und Linie; im Gegensatz zu manch anderen ‚Branchenvertretern‘ historisch informierter Aufführungspraxis, gerade wenn es um Musik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geht, ist das Spiel des Freiburger Barockorchester auf angenehme und (mittlerweile schon wieder) erfrischende Weise wenig perkussiv. Eine Wohltat!
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Die Bach-Söhne.: Werke von C.P.E. Bach, W.F. Bach, J.C. Bach und J.C.F. Bach |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
Carus 4 05.09.2014 285:18 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4009350830233 Carus 83.023 |
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Bach, Carl Philipp Emanuel |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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