
Bax - Orchestermusik
Weichgespült
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Sir Andrew Davis präsentiert eine abgeschmirgelte und auf Hochglanz polierte Bax-Einspielung.
Immer wieder denkt man: Jetzt müsste die Bax-Edition von Chandos doch eigentlich fertig sein – und dann erscheint doch wieder eine neue Folge. Seit über dreißig Jahren ist das englische Label nun in Sachen Bax-Orchestermusik aktiv, hat eine umfassende Edition vorgelegt, vieles mittlerweile in Wiederveröffentlichung, manches in mehrfacher Einspielung. Und dennoch gibt es immer noch Werke, die fehlen. Der Krönungsmarsch etwa, die 'Fanfare for a Cheerful Occasion', die 'Two Royal Wedding Fanfares', die restliche Filmmusik zu ‚Malta GC’, die Filmmusik ‚Journey into History’, die Ouvertüre 'Work in Progress', die 'Overture to Adventure' und die 'Three Pieces for Chamber Orchestra' (die meisten dieser Werke sind bei anderen Labels erhältlich, fehlten aber immer noch bei Chandos). Letzterem wird in der vorliegenden Folge abgeholfen – in einer Fassung für Sinfonieorchester, von der, um einen Satz vermehrt, bislang nur dieser ergänzende Satz bei Chandos verfügbar war. 'Four Orchestral Pieces' lautet der unprätentiöse Titel der vier durchaus typischen Stücke.
Im ersten Moment mag der Hörer beeindruckt sein von der orchestralen Brillanz der Interpretation, doch hört man genauer hin, muss man feststellen, dass Sir Andrew Davis nicht der beste Anwalt für die Musik Arnold Bax‘ ist. Der Tod Vernon Handleys hat eine empfindliche Lücke hinterlassen, die Davis nicht zu füllen vermag. Es ist zu bedauern, dass Martyn Brabbins, der für Chandos bereits Bax eingespielt hatte, nicht die vorliegende CD übernommen hat. So handelt es sich fast um eine Totgeburt; die Musik klingt eher wie Delius oder Elgar denn wie genuiner Bax. Die von Bax geschaffenen Stimmungen werden gesoftet, ihrer Ecken und Kanten beraubt. 'The Dance of the Wild Irravel' hat nicht im Mindesten jene Hitzigkeit, die etwa Jeffrey Tate in der Kammerorchesterfassung (für EMI) und Bryden Thomson (in der Orchesterfassung, für Chandos) an den Tag gelegt haben. Und was kann ärger sein, als die Musik eines Komponisten ihres eigentlichen Charakters zu berauben. Das BBC Philharmonic hat schon seit mehreren Jahrzehnten unter Dirigenten wie Sir Edward Downes (von dem leider viel zu wenig Bax auf CD lieferbar ist) und Vernon Handley hingewiesen, dass sie diesen Bax-Ton bestens treffen – und so ist leider eindeutig, wer für diesen Irrweg verantwortlich zu machen ist.
Ergänzt werden die Stücke durch zwei substanzielle Kompositionen, von denen Vernon Handley eines maßstabbildend eingespielt hatte, die 'Phantasy' für Viola und Orchester (mit Rivka Golani für Conifer: eine weitere Einspielung für Dutton ist vornehmlich des Solisten Roger Chase wegen erwähnenswert). Trotz der exzeptionelleren Aufnahmequalität wird die ältere Einspielung in ihrer Tiefe und Intensität nicht im Geringsten erreicht. Das Orchester wie auch der Solist Philip Duke werden zu Schönklang angehalten, der der Musik keineswegs vollständig gerecht wird.
Auf die bisherige Einspielung des zweiten substanziellen Werks, das die CD komplettiert ('Overture, Elegy and Rondo' für Orchester), wurde bislang gerne abschätzig herabgesehen. Die Slowakische Philharmonie unter Barry Wordsworth galt immer als eher minderwertige Ware, und die Einspielung der Sinfonietta unter Vernon Handley (für Chandos), die Wordsworth ersetzte, ersetzte diesen in vollwertigem Maße. Doch so problematisch das Orchesterspiel der Slowaken sein mag, an interpretatorischer Dichte überflügelt Wordsworth Sir Andrew Davis um ein Vielfaches.
So brillant das BBC Philharmonic spielen und so brillant die Aufnahmetechnik sein mag – die äußere ‚Reizüberflutung’ ist leider auch eine äußerliche Reizüberflutung –, der Kern der Bax‘schen Musik wird nicht getroffen. Da hilft auch Lewis Foremans mustergültiger Booklettext nicht. Schade um die vertane Chance.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bax: Orchestermusik |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Chandos 1 05.09.2014 |
Medium:
EAN: |
CD
095115182925 |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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