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Donnerstag, 28. September 2023

Bax - Orchestermusik

Weichgespült


Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Sir Andrew Davis präsentiert eine abgeschmirgelte und auf Hochglanz polierte Bax-Einspielung.

Immer wieder denkt man: Jetzt müsste die Bax-Edition von Chandos doch eigentlich fertig sein – und dann erscheint doch wieder eine neue Folge. Seit über dreißig Jahren ist das englische Label nun in Sachen Bax-Orchestermusik aktiv, hat eine umfassende Edition vorgelegt, vieles mittlerweile in Wiederveröffentlichung, manches in mehrfacher Einspielung. Und dennoch gibt es immer noch Werke, die fehlen. Der Krönungsmarsch etwa, die 'Fanfare for a Cheerful Occasion', die 'Two Royal Wedding Fanfares', die restliche Filmmusik zu ‚Malta GC’, die Filmmusik ‚Journey into History’, die Ouvertüre 'Work in Progress', die 'Overture to Adventure' und die 'Three Pieces for Chamber Orchestra' (die meisten dieser Werke sind bei anderen Labels erhältlich, fehlten aber immer noch bei Chandos). Letzterem wird in der vorliegenden Folge abgeholfen – in einer Fassung für Sinfonieorchester, von der, um einen Satz vermehrt, bislang nur dieser ergänzende Satz bei Chandos verfügbar war. 'Four Orchestral Pieces' lautet der unprätentiöse Titel der vier durchaus typischen Stücke.

Im ersten Moment mag der Hörer beeindruckt sein von der orchestralen Brillanz der Interpretation, doch hört man genauer hin, muss man feststellen, dass Sir Andrew Davis nicht der beste Anwalt für die Musik Arnold Bax‘ ist. Der Tod Vernon Handleys hat eine empfindliche Lücke hinterlassen, die Davis nicht zu füllen vermag. Es ist zu bedauern, dass Martyn Brabbins, der für Chandos bereits Bax eingespielt hatte, nicht die vorliegende CD übernommen hat. So handelt es sich fast um eine Totgeburt; die Musik klingt eher wie Delius oder Elgar denn wie genuiner Bax. Die von Bax geschaffenen Stimmungen werden gesoftet, ihrer Ecken und Kanten beraubt. 'The Dance of the Wild Irravel' hat nicht im Mindesten jene Hitzigkeit, die etwa Jeffrey Tate in der Kammerorchesterfassung (für EMI) und Bryden Thomson (in der Orchesterfassung, für Chandos) an den Tag gelegt haben. Und was kann ärger sein, als die Musik eines Komponisten ihres eigentlichen Charakters zu berauben. Das BBC Philharmonic hat schon seit mehreren Jahrzehnten unter Dirigenten wie Sir Edward Downes (von dem leider viel zu wenig Bax auf CD lieferbar ist) und Vernon Handley hingewiesen, dass sie diesen Bax-Ton bestens treffen – und so ist leider eindeutig, wer für diesen Irrweg verantwortlich zu machen ist.

Ergänzt werden die Stücke durch zwei substanzielle Kompositionen, von denen Vernon Handley eines maßstabbildend eingespielt hatte, die 'Phantasy' für Viola und Orchester (mit Rivka Golani für Conifer: eine weitere Einspielung für Dutton ist vornehmlich des Solisten Roger Chase wegen erwähnenswert). Trotz der exzeptionelleren Aufnahmequalität wird die ältere Einspielung in ihrer Tiefe und Intensität nicht im Geringsten erreicht. Das Orchester wie auch der Solist Philip Duke werden zu Schönklang angehalten, der der Musik keineswegs vollständig gerecht wird.

Auf die bisherige Einspielung des zweiten substanziellen Werks, das die CD komplettiert ('Overture, Elegy and Rondo' für Orchester), wurde bislang gerne abschätzig herabgesehen. Die Slowakische Philharmonie unter Barry Wordsworth galt immer als eher minderwertige Ware, und die Einspielung der Sinfonietta unter Vernon Handley (für Chandos), die Wordsworth ersetzte, ersetzte diesen in vollwertigem Maße. Doch so problematisch das Orchesterspiel der Slowaken sein mag, an interpretatorischer Dichte überflügelt Wordsworth Sir Andrew Davis um ein Vielfaches.

So brillant das BBC Philharmonic spielen und so brillant die Aufnahmetechnik sein mag – die äußere ‚Reizüberflutung’ ist leider auch eine äußerliche Reizüberflutung –, der Kern der Bax‘schen Musik wird nicht getroffen. Da hilft auch Lewis Foremans mustergültiger Booklettext nicht. Schade um die vertane Chance.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Bax: Orchestermusik

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Chandos
1
05.09.2014
Medium:
EAN:

CD
095115182925


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Chandos

Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
The company has championed rare and neglected repertoire, filling in many gaps in the record catalogues. Initially focussing on British composers (Alwyn, Bax, Bliss, Dyso, Moeran, Rubbra, Walton etc), it subsequently embraced a much wider field. Chandos' diverse catalogue contains over 2000 titles, from early music to contemporary, with composers from around the world. The company's aim is to present an exciting and varied selection of superbly recorded music to as many people as possible.
The following artists are strongly associated with, or exclusive to, the label: Richard Hickox, Matthias Bamert, I Fagiolini, Neeme Järvi, Louis Lortie, Jean-Efflam Bavouzet, Rumon Gamba, James Ehnes, Sir Charles Mackerras, David Parry, Valeri Polyansky, The Purcell Quartet, Gennady Rozhdestvensky, Howard Shelley, Simon Standage, Yan Pascal Tortelier, Vernon Handley, the BBC Philharmonic, BBC National Orchestra of Wales, the City of London Sinfonia and Collegium Muscium 90.
Chandos is universally acclaimed for the excellence of its sound quality and has always been at the forefront of technical innovation. In 1978, Chandos was one of the first to record in 16bit/44.1kHz PCM digital, as well as being one of the first to edit a digital recording completely in the digital domain (Holst: the Planet ? SNO/Gibson). In 1983, Chandos was one of the first to produce and release Compact Discs into the marketplace ? a revolution in the recorded music industry.
Today, Chandos has kept up with technology by recording mostly in 24bit/96kHz PCM but now also in DSD for producing ?surround sound? SACDs. Chandos releases at least five new recordings a month, together with imaginative re-issues of back-catlogue material.
The company has received countless awards, including several Gramophone Awards, notably the 2001 ?Record of the Year? for Richard Hickox?s recording of the original version of Vaughan Williams? A London Symphony; ?Best Choral Recording of 2003? for its recording of an undiscovered mass by Hummel and the ?Best Orchestral Recording? of 2004 for its set of Bax Symphonies. Other highlights include the American Grammy for Britten?s opera Peter Grimes, and most recently (2008), two further Grammy Awards, one for Hansel and Gretel and the other for Grechaninov?s Passion Week. Jean-Efflam Bavouzet?s debut on Chandos was also awarded Record of the Year by Monde de la Musique this year.
Chandos remains an independent, family run company which produces and markets its recordings from its office in Colchester, England, and is distributed worldwide.


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