> > > Glass, Louis: Sinfonie Nr. 3 / Sommerliv
Montag, 25. September 2023

Glass, Louis - Sinfonie Nr. 3 / Sommerliv

Im Naturton


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die erste Folge der von CPO angestoßenen Gesamteinspielung der Sinfonien des dänischen Komponisten Louis Glass schürt große Erwartungen für den weiteren Fortlauf des Aufnahmeprojekts.

Louis Glass (1864-1936) gehört zu jenen dänischen Komponisten, die im Schatten Carl Nielsens geblieben sind. Nun hat die Nielsen-Renaissance bis heute immer noch nicht ganz zu jenen Resultaten geführt, die man sich wünschen könnte (regelmäßige Hörmöglichkeit im Konzertsaal nämlich); so darf man von Glass, der insgesamt etwas konservativer in der Klangsprache ist, keine Wunder erwarten. Glass war u.a. Schüler Gades und Józef Wieniawskis – leider erfährt man im Booklet (das sich ausführlich den Werken widmet, aber ein sorgsameres Lektorat vertragen hätte) über ihn selbst nichts – schuf insgesamt sechs Sinfonien; die hier vorliegende CD ist Auftakt einer Gesamteinspielung.

Glass‘ Klangsprache ist in der Folge Dvoráks, Raffs, Francks und Bruckners anzusiedeln, mit einer gehörigen Portion ‚Naturton’, nicht nur im Sujet, sondern auch in der musikalischen Gestaltung. Im Kopfsatz der sogenannten Waldsinfonie (Sinfonie Nr. 3 op. 30 in D-Dur, 1900-1) etwa ist von Beginn an ein Hornmotiv von großer Bedeutung; zahlreiche harmonische und instrumentatorische Details evozieren Bruckner (auch das zweite Thema des Kopfsatzes). Den ‚typisch dänischen’ Touch (eine gewisse Nähe zu Nielsen) erleben wir stärker in der Durchführung. Im zweiten Satz tritt auch der Einfluss César Francks deutlich zu Tage, nicht zuletzt auch durch das Oboensolo, das die Ruhe und Idyllik der Waldeseinsamkeit evoziert, ehe im Mittelteil die Verzweiflung über die Einsamkeit sich sturmumtost Bahn bricht. Das Scherzo ist energiegeladen, aber nicht unangemessen überdreht – auch hier werden spannende harmonische Wendungen geboten, dazu interessante instrumentatorische Effekte, die der Musik einigen Reiz verleihen. Das Finale kehrt u.a. zu dem thematischen Material und der musikalischen Textur des Kopfsatzes zurück und führt die Sinfonie zu einem formal konventionellen, musikalisch aber durchaus überzeugenden Abschluss.

Die zweite Komposition auf der CD ist die fünfsätzige Orchestersuite 'Sommerliv' (Sommerleben) op. 27 (1899). Das lichtdurchflutete Werk, das reiche Möglichkeiten für verschiedenerlei Soli bietet, zeigt einen Meister der zeitgemäßen (und zeitgenössischen) kultivierten musikalischen Unterhaltung (was keineswegs despektierlich gemeint ist). Gerade wo das Finale der Suite allzu konventionell geraten könnte, findet Glass – ein Meister der Instrumentierung – immer wieder überraschende Wendungen, die einander nur so hinterherjagen – so wird das Ganze ein insgesamt äußerst kurzweiliges Vergnügen.

Das Staatsorchester Rheinische Philharmonie ist berühmt für seine unorthodoxe Programmauswahl, die es regelmäßig auf das Beste mit musikalischem Leben füllt. Auch hier haben wir wunderbar gerundeten, sorgsam abgestuften und aufeinander abgestimmten Orchesterklang, beeindruckende Steigerungen und den Versuch, die kompositorischen Eigenheiten herauszuarbeiten. Besonders auffallend ist die Eigenheit des Orchesters, in traditioneller europäischer Sitzordnung zu spielen, d.h. die ersten Violinen links vom Dirigenten, die zweiten Violinen rechts – dies bekommt der Musik besonders im Finale der Sinfonie sehr gut. In der Suite kommt der intime Charakter der Komposition auf das Vortrefflichste zur Geltung. Daniel Raiskin, seit 2005 Chefdirigent des Orchesters, bietet mit seinem Orchester Referenzeinspielungen, an denen auch aufnahmetechnisch kaum zu mäkeln ist (außer vielleicht dass die Aufnahmeräumlichkeit, die Rhein-Mosel-Halle Koblenz, etwas zu viel Nachhall bietet, der aber das gesamte Klangbild nicht übermäßig beeinträchtigt). Insgesamt ein vielversprechender Auftakt einer Gesamteinspielung der Glass-Sinfonien, denen weitere schöne Folgen nachkommen mögen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Glass, Louis: Sinfonie Nr. 3 / Sommerliv

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
cpo
1
20.08.2014
Medium:
EAN:

CD
761203752522


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Glass, Louis
 - Sinfonie Nr. 3 in D-Dur, op. 30 - I. Moderato
 - Sinfonie Nr. 3 in D-Dur, op. 30 - II. Andante con moto, quasi Allegretto
 - Sinfonie Nr. 3 in D-Dur, op. 30 - III. Allegro vivace
 - Sinfonie Nr. 3 in D-Dur, op. 30 - IV. Allegro
 - Summerliv - Der erste Sommertag
 - Summerliv - Waldidyll
 - Summerliv - Auf Feld und Wiese
 - Summerliv - In der Dämmerung
 - Summerliv - Bauernfest


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Orchester/Ensemble:Staatsorchester Rheinische Philharmonie


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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